Alkoholpankreatitis

Pankreatitis Aspekt Wärmflaschenreaktion Melanosis
Melanose der Bauchhaut bei chronischer Pankreatitis durch Wärmflasche

Allgemeines

Die Alkoholpankreatitis ist eine durch Alkoholgenuss hervorgerufene Entzündung der Bauchspeicheldrüse. Sie ist die häufigste Form einer akuten Pankreatitis. Nach anfänglich rasch aufflammendem Beginn verläuft sie meistens langwierig. Typisch ist ein chronisch rezidivierender oder chronisch schwelender Verlauf. Die chronische alkoholtoxische Pankreatitis (CAP) geht meistens mit heftigen Bauchschmerzen, besonders nach Mahlzeiten, und einem deutlich erhöhten Risiko für Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom) einher.

Entstehung und Verlauf

Alkohol ist zusammen mit Gallensteinen die häufigste Ursache für eine akute Pankreatitis. Im Gegensatz zur Gallensteinpankreatitis, die praktisch immer akut beginnt und meist ausheilt, geht die Alkoholpankreatitis in der Regel in einen chronisch schleichenden Verlauf mit hohem Risiko neuerlicher akuter Schübe (Exacerbation) über. Mit jedem Schub vermindert sich die Funktionsreserve des Organs. Damit besteht das Risiko einer am Ende der Entwicklung stehenden chronischen Pankreasinsuffizienz, einer durch die Pankreaszerstörung entstehenden Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) und eines Pankreaskarzinoms.

Besonders „binge drinking“ (Alkoholkonsum im Rahmen von „Saufereien“) führt zu einem erhöhten Karzinomrisiko 1.

Wegen des chronischen Verlaufs der Entzündung kommt es zu einer Verkleinerung des Organs mit Verkalkungen. Es treten wiederholt Bauchschmerzen auf, die teilweise vom Organ und einer Mitbeteiligung des Solarplexus herrühren, teilweise aber auch von Blähungen bei zunehmender Verdauungsinsuffizienz. Die Bauchschmerzen können so anhaltend und stark sein, dass ständig nach Linderung gesucht wird, beispielsweise auch durch Wärmflaschen. Eine Nahrungsaufnahme wird möglichst reduziert. Es kommt zu einem ausgeprägten Gewichtsverlust, der auch gleich an ein Pankreaskarzinom denken lässt. 2

Akute Pankreatitis
Cholelithiasis (Gallensteinleiden)
Alkoholabusus

Genetische Prädisposition

Nur etwa 3% der Menschen mit chronischem Alkoholabusus entwickeln eine Alkoholpankreatitis 3. Unter den Menschen mit chronischer Pankreatitis ist jedoch Alkohol der Hauptrisikofaktor. Daher wurde schon lange eine genetische Prädisposition angenommen, die für Alkohol als Auslöser empfänglich macht.

Bei annähernd der Hälfte der Fälle einer Alkoholpankreatitis findet man eine genetische Grundlage im Nachweis einer pathologischen Variante der Gens CLDN2. Es kodiert für ein Protein (Claudin), welches an den Tight-junctions der Ductuluszellen der Ausführgänge der Bauchspeicheldrüse für Dichtigkeit sorgt 4. Ist die Dichtigkeit vermindert, kommt es zu einer Eindickung des Pankreassekrets und zu Proteinpfröpfen, sodass die Drainage des Verdauungssekrets in den Zwölffingerdarm behindert ist. Damit kommt es zu einer Aktivierung der Verdauungsenzyme, speziell des Trypsins, bereits im Pankreas. Da das CLDN2-Gen auf dem X-Chromosom liegt, braucht es für seine Wirksamkeit beim Mann (XY) nur 1x vorhanden zu sein, bei der Frau (XX) zweimal. Dies soll erklären, dass Männer sehr viel häufiger eine Alkoholpankreatitis bekommen als Frauen.

Diagnostik

Pankreatitis Aspekt Wärmflaschenreaktion Melanosis
Melanose der Bauchhaut bei chronischer Pankreatitis durch Wärmflasche

Wenn bei Alkoholabusus wiederkehrende Bauchschmerzen auftreten, liegt der Verdacht auf eine alkoholisch bedingte chronische Pankreatitis nahe. Zur Diagnostik gehört die Suche nach Komplikationen, speziell nach einem Pankreaskarzinom.

→ Zur Diagnostik siehe hier.

Behandlung

Die Prinzipien der Behandlung einer Alkoholpankreatitis entsprechen denen einer chronischen Pankreatitis mit akuten Schüben (siehe hier).

Vorbeugung

Nikotin- und Alkoholverzicht: Bei allen Patienten mit einer Pankreatitis sollte generell eine Alkoholabstinenz und gegebenenfalls eine Raucherentwöhnung empfohlen werden 5. Wenn in der nahen Blutverwandtschaft eine Alkoholpankreatitis zu eruieren ist, die bereits bei relativ geringen Alkoholmengen zu neuen Schüben (Exacerbation) führt, oder wenn in der Familie eine Pankreatitis mit genetischer Grundlage vorkommt, so ist diese Empfehlung besonders dringlich zu beachten.

Vorbeugung eines Pankreaskarzinoms

Eine chronische, durch Alkohol entstandene Pankreatitis bedeutet ein deutlich erhöhtes Risiko für ein Pankreaskarzinom. Daher sollte eine regelmäßige Überprüfung durch Sonographie der Bauchspeicheldrüse und der Tumormarker Ca19-9 und CEA erfolgen.

Im Einzelfall ist zu prüfen, ob nicht nur in Fällen mit starken Schmerzen, sondern auch bei langem Verlauf mit deutlicher Gewichtsabnahme eine prophylaktische Pankreatektomie (operative Entfernung der Bauchspeicheldrüse) durchgeführt werden sollte. 6

Nach einer Pankreasentfernung muss Insulin zugeführt werden (siehe hier). Eine Inselzell-Autotransplantation kann ebenfalls eine Therapieoption sein; sie hat jedoch wegen hoher postoperativer Betazell-Apoptose eine nur beschränkte Wirksamkeit. 7 Eine Roboter-gestützte minimal invasive Pankreatektomie mit Inselzell-Autotransplantation scheint Fortschritte zu bringen 8.


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Verweise

Weiteres

  1. Cancer Causes Control. 2010 Jul;21(7):1047-59[]
  2. JOP. 2009 Jul 6;10(4):387-92[]
  3. Pancreas. 2007 May; 34(4):390-8[]
  4. Nat Genet. 2012 Dec;44(12):1349-54[]
  5. Curr Opin Gastroenterol. 2018 Sep;34(5):355-361. doi: 10.1097/MOG.0000000000000466[]
  6. J Am Coll Surg. 2017 Dec 28. pii: S1072-7515(17)32181-6. doi: 10.1016/j.jamcollsurg.2017.12.018[]
  7. Am J Transplant. 2017 Feb;17(2):443-450. doi: 10.1111/ajt.13979[]
  8. Surg Endosc. 2024 Jul;38(7):3948-3956. doi: 10.1007/s00464-024-10904-w[]