Akute mesenteriale Ischämie (engl.: acute mesenteric ischemia, AMI) bedeutet plötzlich auftretende Unterbrechung der Durchblutung im Bereich des Gekröses (Mesenterium) und des Darms. Sie hat eine hohe Sterberate (Letalität) und stellt eine absolute Notfallsituation dar.
Das Wichtigste verständlich
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Die akute mesenteriale Ischämie ist eine Notfallsituation, die durch stärkste Bauchschmerzen bei weichen Bauchdecken gekennzeichnet ist und eine extrem hohe Letalität (bis 90 %) aufweist. Bedingt ist sie durch eine Unterbrechung der Blutzirkulation im Mesenterium (Aufhängung des Darms). Eine solche „Darmischämie“ führt zu einem akuten Zusammenbruch der Funktionen der Darmwand: Sie stirbt ab; es entsteht ein „Mesenterialinfarkt“. Die Barriere der Darmschleimhaut gegen die Darmbakterien bricht zusammen, und es kommt rasch zu einer bakteriellen Vergiftung, einem septischen Schock. Eine sofortige Diagnostik, z. B. durch eine Computertomographie, und eine unverzügliche Operation können lebensrettend sein. → Zur Mangeldurchblutung des Darms siehe hier. |
Formen
Folgende Formen der akuten mesenterialen Ischämie lassen sich unterscheiden:
- Ischämie durch Verschluss einer mesenterialen Arterie (acute arterial mesenteric ischemia (AAMI)). Der zugehörige Darmabschnitt erscheint dem Operateur blutleer. Es entwickelt sich ein ischämischer Darminfarkt. Er kann bedingt sein durch eine
– Embolie (beispielsweise ausgehend von einem Thrombus aus dem linken Vorhofohr bei absoluter Arrhythmie) oder eine
– lokale arterielle Thrombose (beispielsweise ausgehend von einer lokalen Entzündung).
- Ischämie durch Thrombose einer mesenterialen Vene (acute venous mesenteric ischemia (AVMI)). Der zugehörige Darmabschnitt erscheint bei der Operation stark blutgestaut. Es entwickelt sich ein hämorrhagischer Darminfarkt.
- Ischämie ohne nachweisbaren Verschluss (non-occlusive mesenteric ischemia (NOMI)). Sie gehört zu den Komplikationen kritisch kranker Patienten und tritt daher gehäuft auf Intensivstationen auf.
→ Zu Ursachen und Risikofaktoren siehe hier.
Klinisches Bild
Eine akute mesenteriale Ischämie bedeutet akute Darmischämie. Sie führt zu plötzlich auftretenden extremen Bauchschmerzen bei weichen und eindrückbaren Bauchdecken. Die Darmtätigkeit ist gestört; Darmgeräusche sind kaum nachweisbar, Plätschern ist möglich. 2.
Der Zusammenbruch der Schleimhautbarriere und die Nekrose (Zugrundegehen) der gesamten Darmwand ermöglicht ein Eindringen der Darmbakterien ins Gewebe und in die Blutbahn. Es kommt zu einer bakteriellen Blutvergiftung (Sepsis), die alle inneren Organe schädigt und das Gerinnungssystem außer Funktion setzt. Wenn sich eine Entzündung des Bauchfells (Peritonitis) entwickelt, ändert sich der Schmerzcharakter, und es kommt zu heftigsten Bauchschmerzen bei jeder Atembewegung. Wenn der Bauch durch Betasten eingedrückt wird, reagiert die Muskulatur mit einer starken Abwehrspannung. Solch ein Druckschmerz ist ein schlechtes prognostisches Zeichen.
Diagnostik
Stärkste Bauchschmerzen bedeuten Dringlichkeit. Die Sonographie kann wegen Meteorismus nur eingeschränkt verwertbar sein. Deshalb wird vielfach sofort die CT-Angiographie (Kontrastmittel-verstärkte Computertomographie zur Darstellung der Blutgefäße und der Organdurchblutungen) als erste Untersuchung gewählt. Sie hat bei Verdacht auf eine mesenteriale Ischämie die Katheterangiographie als Goldstandard abgelöst 3.
Eine Herzauskultation und ein EKG geben Auskunft über eine mögliche absolute Arrhythmie, die als Quelle einer Embolie in eine mesenteriale Arterie und damit als Ursache einer infrage kommenden Darmischämie gesucht wird. Bezüglich einer NOMI allerdings ist die Aussagekraft einer CT-Untersuchung (s. o.) beschränkt 4.
→ Zur Diagnostik von Prädispositionen und Risikofaktoren siehe auch hier.

Bei der NOMI ist die Diagnostik deutlich schwieriger als bei den anderen AMI-Formen. Man findet die großen Mesenterialgefäße offen und dazu im optimalen Fall schon früh eine Verdickung der Darmwand 5. Bei unzureichender diagnostischer Aussage wird jetzt bereits eine explorative Laparotomie (Nachschauoperation) favorisiert.
Therapie
Die Letalität der akuten mesenterialen Ischämie beträgt 90% 6. Sie muss daher so rasch wie möglich therapiert werden. Je länger die Unterbrechung der Durchblutung dauert, desto geringer ist die Chance einer Erholung der Darmfunktion. Laut Beobachtungen und experimentellen Untersuchungen ist die Schädigung des Darms nach 6-stündiger Ischämiezeit irreversibel 7.
Erste Priorität unter den therapeutischen Methoden hat demnach die raschest mögliche Operation. Sie ermöglicht es zu entscheiden, ob eine Revaskularisation zur Wiederherstellung der Darmdurchblutung Erfolg versprechend ist. Zudem kann direkt beurteilt werden, ob der Darm nach einer Revaskularisation wieder lebensfähig wird. Ein Darmabschnitt, dessen Durchblutung unzureichend bleibt, wird reseziert 8. Zur Behandlung eines resektionsbedingten Kurzdarmsyndroms siehe hier.
In besonders günstigen Fällen kann eine Katheterintervention in Betracht gezogen werden, bei der ein Embolus oder ein Thrombus mithilfe der Kathetertechnik aus dem verschlossenen Gefäß entfernt wird.
In besonderen Fällen kommt ein endovaskulärer Eingriff durch Katheterintervention in Betracht 9. Eine lokale Thrombolyse kann u. U. erfolgreich sein 10 11.
→ Zur Embolieprophylaxe und Behandlung einer zugrunde liegenden Gerinnungsstörung siehe hier.
→ Zur Behandlung einer zugrunde liegenden absoluten Arrhythmie siehe hier.
Verweise
- Nicht verschließende mesenteriale Ischämie
- Mesenterialinfarkt
- Bauchschmerzen
- Diagnostik bei Bauchschmerzen
- Schock
- Darmischämie
- Absolute Arrhythmie
- Thrombus
- Embolus
- Der Darm – zur Anatomie und Funktion
Weiteres
Akute mesenteriale Ischämie (engl.: acute mesenteric ischemia, AMI) bedeutet plötzlich auftretende Unterbrechung der Durchblutung im Bereich des Gekröses (Mesenterium) und des Darms. Sie hat eine hohe Sterberate (Letalität) und stellt eine absolute Notfallsituation dar.
Das Wichtigste verständlich
Die akute mesenteriale Ischämie ist eine Notfallsituation, die durch stärkste Bauchschmerzen bei weichen Bauchdecken gekennzeichnet ist und eine extrem hohe Letalität (bis 90 %) aufweist.
Bedingt ist sie durch eine Unterbrechung der Blutzirkulation im Mesenterium (Aufhängung des Darms). Eine solche „Darmischämie“ führt zu einem akuten Zusammenbruch der Funktionen der Darmwand: Sie stirbt ab; es entsteht ein „Mesenterialinfarkt“. Die Barriere der Darmschleimhaut gegen die Darmbakterien bricht zusammen, und es kommt rasch zu einer bakteriellen Vergiftung, einem septischen Schock.
Eine sofortige Diagnostik, z. B. durch eine Computertomographie, und eine unverzügliche Operation können lebensrettend sein.
→ Zur Mangeldurchblutung des Darms siehe hier.
→ Zur Sonderform einer NOMI siehe hier.Formen
Folgende Formen der akuten mesenterialen Ischämie lassen sich unterscheiden:
- Ischämie durch Verschluss einer mesenterialen Arterie (acute arterial mesenteric ischemia (AAMI[↩]
- N Engl J Med. 2016 Mar 10;374(10):959-68[↩]
- BMC Surg. 2013;13 Suppl 2:S51. doi: 10.1186/1471-2482-13-S2-S51.[↩]
- Ann Intensive Care. 2016; 6: 112. doi: 10.1186/s13613-016-0213-x[↩]
- BMC Surg. 2013;13 Suppl 2:S51. doi: 10.1186/1471-2482-13-S2-S51[↩]
- Cleve Clin J Med. 2009 Jul; 76(7):401-9[↩]
- Arch Surg. 1970 Oct; 101(4):478-83[↩]
- BMC Surg. 2013;13 Suppl 2:S51. doi: 10.1186/1471-2482-13-S2-S51 [↩]
- Tech Vasc Interv Radiol. 2015 Mar;18(1):24-30[↩]
- J Vasc Interv Radiol. 2005;16:317–329 [↩]
- Turk J Emerg Med. 2016 May 9;16(2):86-88[↩]