Beruhigungsspritze bei einer Spiegelung

Schlafspritze Sedierung
Venöse Injektion

Allgemeines


Die Beruhigungsspritze bei einer Spiegelung (Endoskopie) ist eine Erleichterung für Patienten, die eine Spiegelung vor sich haben, aber auch für den Untersucher, der gelegentlich Manipulationen zu tätigen hat, bei denen der Patient sehr ruhig liegen muss. Vor allem für länger dauernde Untersuchungen werden häufig Kombinationen von einem Sedativum (Beruhigungsmittel / Schlafmittel) und einem Analgetikum (Schmerzmittel) verwendet. Während bei einer Narkose eine Beatmung erforderlich wird, bleiben bei einer einfachen Schlafspritze (Sedierung) die Atemreflexe erhalten; wird die Sedierung mit einer Schmerzspritze kombiniert, so wird von Analgosedierung gesprochen.

Eine Sedierung wird bei belastenden medizinischen Eingriffen verwendet, bei denen eine Narkose nicht erforderlich ist. Bei einer Endoskopie (Spiegelung eines Hohlraums im Körper) hat eine Sedierung den Zweck, den Patienten soweit ruhig zu stellen, dass

  • die Untersuchung ohne Störung durch Unruhe und damit auch sicherer durchgeführt werden kann,
  • der Patient nicht durch einen psychogenen oder schmerzbedingten Erregungszustand in eine kritische Kreislauf- oder Stoffwechselsituation hineingerät,
  • der Patient in seinem Empfinden so wenig wie möglich beeinträchtigt wird. Um gegebenenfalls Schmerzen zu dämpfen, wird die Sedierung oft mit einer Schmerzmittelapplikation kombiniert (Analgosedierung).

Der Patient sollte wissen, dass die Untersuchung bei einem geübten und rücksichtsvollen Untersucher weitaus weniger belastend ist, als vielfach angenommen wird. Eine Gastroskopie dauert oft nur 3 bis 6 Minuten und eine Koloskopie nur 7 bis 15 Minuten. Eine Sedierung oder Analgosedierung wird von manchen erfahrenen Endoskopikern daher nicht routinemäßig gegeben, aber immer angeboten. Der Wunsch des Patienten wird berücksichtigt. Manche Patienten möchten nach einer Endoskopie rasch wieder arbeitsfähig sein und verzichten bei einfachen diagnostischen Untersuchungen auf eine vorbereitende Schlafspritze. 1 2

Zu berücksichtigen sind Schwangerschaft, bekannte Medikamentenunverträglichkeiten, vorliegende Krankheiten, aktuelle Medikationen und besondere pathophysiologische Reaktionsweisen (z. B. vegetative Dystonie, Thromboseneigung, sowie psychische, psychiatrische und neuromuskuläre Krankheiten und Fehlfunktionen). 3

Durchführung der Sedierung bei einer Endoskopie
Narkotika

Wer sollte sediert werden?

Eine Sedierung oder Analgosedierung (Schmerzmittel plus Sedierungmittel) kann in jedem Fall sinnvoll sein, wenn

  • der Patient empfindlich oder ängstlich ist,
  • langwierige endoskopisch-interventionelle Eingriffe (z. B. eine Polypabtragung oder eine Gallengangsdarstellung) geplant sind,
  • bei einer Koloskopie mit Darmfixierungen durch Verwachsungen gerechnet werden muss,
  • bereits unangenehme Erfahrungen mit der Untersuchung gemacht worden waren.

Wenn auf Wunsch des Patienten zunächst ohne Sedierung begonnen wird und sich eine Schwierigkeit erst während der Untersuchung herausstellt, dann kann die Untersuchung jederzeit unterbrochen werden, um dann eine Analgosedierung einzuleiten.

Grad der Sedierung

Der Grad der Sedierung wird ständig anhand des Bewusstseins, der Atmung und der Herz-Kreislauf-Funktion inkl. der Sauerstoffversorgung (mit einem Fingerclip: Pulsoximetrie) geprüft. Eine tiefe Sedierung wird in der Regel vermieden, denn sie führt zum Verlust des Bewusstseins und der Schutzreflexe. Zu den invasiven medizinischen Eingriffen, die eine tiefe Sedierung erfordern, gehören die Herzablation, die endoskopische Submukosadissektion, endoskopische Manipulationen am Gallenwegssystem und die interne Strahlentherapie 4.

Aufwachen – Aufwecken

Nach einer Sedierung muss der Patient zum „Ausschlafen“ zunächst unter Überwachung bleiben. Entlassen werden kann er erst nach Überprüfung seiner Wachheit, am besten unter Begleitung einer anderen Person (z. B. Verwandter, Freund).

Wenn ein Antidot (Gegenmittel, z. B. Anexate) gegeben wird, muss bedacht werden, dass es kürzer wirkt als das Sedativum (z. B. Midazolam), sodass nach kurzer Zeit eine Nachschlafphase eintreten kann. Die Überwachung sollte daher nicht zu früh beendet werden. Speziell nach Gabe von Anexate sollte der erzielte hellwache Aspekt nicht zu einer verfrühten Entlassung verleiten.

Schlafspritze bei welchen Untersuchungen?

Magenspiegelung (Gastroskopie)

Hierbei ist gelegentlich eine Schlafspritze (Sedierung) erforderlich. Oft wird Midazolam verwendet, meistens in einer nur geringen Dosis. Dieses Medikament beruhigt und lässt je nach Dosierung auch einschlafen. Oft erinnert sich der Patient anschließend nicht mehr an die Untersuchung (retrograde Amnesie). Auch Propofol in niedriger Dosierung kann infrage kommen. Dieses Medikament führt nicht zu einer retrograden Amnesie.

Dickdarmspiegelung (Koloskopie)

Hierbei wird bei Bedarf ebenfalls Midazolam und als Schmerzmittel zusätzlich z. B. Pethidin verwendet. Eine geringe Dosis von Midazolam bringt eine innerliche Ruhe und einen Schutz vor vegetativer Übererregung, eine höhere bringt Schlaf. Die Kombination aus Beruhigungs- oder Schlafmittel und Schmerzmittel (Analgosedierung) wird von Patienten häufig als Narkose bezeichnet. Wenn es darauf ankommt, einen kontrollierten Tiefschlaf zu verwenden, aus dem man rasch wieder aufwacht, benutzt man meist Propofol. Inzwischen wird Propofol auch häufig schon für eine flache Sedierung verwendet.

Untersuchung der Gallenwege mit Kontrastmittel (ERCP)

Eine Sedierung ist bei diesen Untersuchungen zur Ruhigstellung des Patienten erforderlich. Verwendet werden häufig Midazolam und Pethidin oder Fentanyl, manchmal auch Kombinationen mit Propofol oder andere Substanzen wie Ketamin.

Angst vor einer Spiegelung?

Angst vor einer endoskopischen Untersuchung kann durch eine gute Aufklärung und das Angebot einer Sedierung genommen werden.

Einerseits ist zu berücksichtigen,

  • dass jeder Mensch etwas anders reagiert; der eine ist empfindlicher, der andere weniger,
  • dass die Untersuchung bei unruhigen Patienten schwieriger verlaufen kann als bei ausgeglichenen und weniger ängstlichen,
  • dass innere Anomalien oder Verwachsungen zu Schwierigkeiten bei der Untersuchung führen können (aber nicht müssen).

Andererseits ist auch zu berücksichtigen,

  • dass eine Spiegelung ohne Sedierung (d. h. ohne eine Beruhigungs- und Schmerzspritze) oft problemlos und ohne unzumutbare Belastung durchgeführt werden kann,
  • dass eine gute Aufklärung vor der Untersuchung und eine ruhige Atmosphäre bei der Untersuchung die Untersuchung erheblich erleichtert,
  • dass die Verträglichkeit der Untersuchung von der Routine und vom Können der Untersucher abhängt, wobei auch die mituntersuchende Endoskopieassistenz (Schwester, Pfleger) Erfahrung mitbringen.

Information und Beratung

Die Ärzte informieren ihre Patienten über eine Sedierung. Ihre Empfehlung für oder gegen eine Spritze ist abhängig von verschiedenen Umständen:

  • von der vermutlichen Dauer des Eingriffs,
  • von der vom Arzt erwarteten Patientenbelastung,
  • von der Erfahrung des Patienten aus vorangegangenen Untersuchungen,
  • von gleichzeitig vorhandenen anderen Erkrankungen,
  • vom ersten Eindruck: Ängstlichkeit teilt sich nicht nur verbal, sondern auch nonverbal oft ganz schnell mit; und darauf wird die Beratung und meist auch die Entscheidung für eine Schlafspritze ausgerichtet.

Oft empfiehlt man den Unerschrockenen, die Untersuchung ohne Spritze zu beginnen, eine Sedierung aber dann zu verabreichen, wenn die Belastung dies erfordert. Man richtet sich nach der Situation.

Manche Patienten möchten ohne Spritze beginnen, da sie den Tag nach der Untersuchung nicht verlieren oder noch arbeiten wollen. In über 70 % kann ein geübter Untersucher ohne medikamentöse Hilfe eine vollständige Darmspiegelung durchführen, eine Magenspiegelung in über 90 %. Aber die Wahl aber sollte der Patient haben.

Eine Sedierung ist für den Patienten sehr komfortabel: Er spürt von der Untersuchung nichts und ist, besonders bei der Wahl von Propofol als Sedativum, bei Beendigung der Untersuchung gleich wieder ansprechbar. Wer aus diesen Gründen in jedem Fall eine Sedierung möchte, kann sie von vorneherein vereinbaren.

Entlassung nach einer Analgosedierung

In der Regel kann eine Patientin oder ein Patient etwa 2 Stunden nach einer Sedierung aus der Überwachung entlassen werden. Von der Entlassfähigkeit muss sich ein Arzt überzeugen. Dazu gehört eine Untersuchung auf die vitalen Funktionen des Körpers und die Wachheit. Das Gespräch wird von ihm häufig auch dazu genutzt, um über das Untersuchungsergebnis aufzuklären.

Wenn nach einer Midazolam-Sedierung zur Beschleunigung des Aufwachvorgangs ein Gegenmittel (Anexate) gespritzt wurde, wird der Arzt dies in besonderer Weise berücksichtigen: Anexate wirkt kürzer als Midazolam, sodass nach Abklingen seiner Wirkung erneut Midazolam die Oberhand gewinnen und eine Müdigkeit und damit eine Gefährdung im Straßenverkehr auftreten kann. Daher wird der Arzt bereits im vorbereitenden Gespräch vor einer Dickdarmspiegelung in aller Regel darauf bestehen, dass eine Begleitperson bei der Entlassung zum Abholen kommen soll. Bei Propofol ist in aller Regel mit solch einem Nachhang nicht zu rechnen.

→ Zu den verwendeten Medikamenten siehe hier.


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Themen dazu

Weiteres

  1. Gut. 2024 Jan 5;73(2):219-245. doi: 10.1136/gutjnl-2023-330396. Erratum in: Gut. 2024 Feb 23;73(3):e6. doi: 10.1136/gutjnl-2023-330396corr1.[]
  2. World J Gastrointest Endosc. 2024 Dec 16;16(12):686-690. doi: 10.4253/wjge.v16.i12.686[]
  3. Am J Gastroenterol. 2022 Oct 1;117(10S):33-38. DOI: 10.14309/ajg.0000000000001965[]
  4. J Anesth. 2023 Jun;37(3):340-356. doi: 10.1007/s00540-023-03177-5.[]