Therapie eines Klatskin-Tumors

Die Therapie eines Klatskin-Tumors (Tumor des Gallengangs in der Leberpforte) ist in nur wenigen Fällen kurativ (heilend). Dies liegt an der frühzeitigen invasiven Ausbreitung entlang von Gallenwegen, Lymphgefäßen und Nervenscheiden, sowie an der relativ späten Symptomatik, die zur Diagnose führt. Damit steht meist nicht eine Heilung, sondern nur eine Behandlung mit dem Ziel einer Wiederherstellung bzw. Aufrechterhaltung des Galleabflusses im Vordergrund der Behandlung. Neuere Methoden beinhalten eine photodynamische Therapie oder eine lokale Strahlentherapie, die zur Tumorverkleinerung führt und erfolgreich neoadjuvant vor einer Operation angewendet werden kann. (1)Ann Hepatol. 2022 Sep-Oct;27(5):100737. DOI: 10.1016/j.aohep.2022.100737

Gallengangskrebs
Klatskin-Tumor
Klatskin-Tumor – einfach erklärt


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Chirurgische Therapie

Eine chirurgische Therapie ist nur bei etwa 20 % der diagnostizierten zentralen Gallengangskarzinome möglich. Die Indikation zu einer Operation wird selten durch eine – erst spät einsetzende – Fernmetastasierung eingeschränkt.

Chirurgische Verfahren

Operative Resektion: Therapieziel ist es, wenn es das Tumorstadium zulässt,  Tumorfreiheit herzustellen. Bei Diagnosestellung sind jedoch nur 47% der Tumore resektabel. Die Resektion wird in der Regel als ausgedehnte en-bloc-Resektion mit Gefäßrekonstruktion durchgeführt. Die Überlebensraten sind dabei höher als nach einer nur auf den Tumor beschränkten Resektion (2)Tumori. 2014 Nov-Dec;100(6):e250-6. Etwa 30-40% der Tumore sind bei Diagnosestellung nicht mehr operabel; sie haben eine 5-Jahresüberlebenszeit von 0%. Nach einer R0-Resektion beträgt die mittlere 5-Jahres-Überlebenszeit etwa 40-50% (3)World J Gastroenterol. 2013 Dec 28;19(48):9209-15.

Folgende Operationsverfahren stehen zur Verfügung:

  • Hilusresektion bei Bismuth Typ I-II; Letalität unter 1%, aber hohe Rezidivhäufigkeit von 76% (wegen bereits longitudinaler und lateraler Infiltrationen). (4)Ann Surg. 1999 Dec;230(6):808-18; discussion 819. DOI: 10.1097/00000658-199912000-00010
  • Hemihepatektomie bei Infiltration eines Hepaticushauptastes (Bismuth Typ IIIa oder b), 61% kurative Resektion (deutlich höher als bei einfacher Hilusresektion).
  • Gallengangsresektion mit totaler Hepatektomie und Lebertransplantation bei Bismuth Typ III bis IV: schlechte Ergebnisse (85 % Tumorrezidive, 90-Tage-Letalität 25 %, 5Jahres-Überlebensrate 0 – 5 %). (Unter Immunsuppression verkürzt sich die Tumorverdoppelungszeit von Rezidiven beim HCC; dies könnte auch für des Gallengangskarzinom zutreffen).
  • Leberteilresektion: Sie wird meist als Trisegmentektomie (Segmente 1 und 4 – 8) durchgeführt, da sie zu einem möglichst weiten tumorfreien Resektatrand führt. Zuvor wird eine unilaterale Embolisation der Pfortader durchgeführt mit dem Ziel einer Atrophie einer Hälfte und der Hypertrophie der anderen (siehe Cholangiokarzinom, multimodale Therapie). Gewünscht wird eine linksseitige Gallenwegsdrainage, damit der rechte Leberlappen atrophieren kann! (5-Jahres-Überleben > 55 %) Cave: keine präoperative transhepatische Biopsie zur histologischen Klärung wegen Gefahr einer Tumorverschleppung! Intraoperativ “no touch”-Technik zur Vermeidung intraoperativer Tumoraussaat. (5)Ann Surg 1999; 230: 808-818 5-Jahres-Überlebensrate in einem anderen Zentrum 27%. (6)Capussotti L et al. J Am Coll Surg 2002; 195: 641-647
  • Leberteilresektion mit adjuvanter lokoregionaler Immunochemoterapie (über einen Ast der A. hepatica): 5-Jahres-Überlebensrate 20 % vs. 0 % bei einfacher Tumorresektion. (7)Hepatogastroenterology 2004; 51: 689-696 Bei Resezierbarkeit erreicht eine andere Studie ein 5-Jahresüberleben von 40 %. (8)Transplant Proc. 2007 Sep;39(7):2293-4
  • Lebertransplantation (OLT): rel. schlechte Ergebnisse (Überleben nach 1 und 3 Jahren 35 und 32%) (9)Shimoda M et al. Liver Transplant 2001; 7: 1023-1033 wegen präoperativ unzuverlässiger Ausbreitungsdiagnostik. Bei Nichtresezierbarkeit und guter Auswahl durch adäquate Vordiagnostik kann durch OLT ein 5-Jahresüberleben von 37% erreicht werden. (10)Transplant Proc. 2007 Sep;39(7):2293-4

Präoperative lokale Strahlentherapie

Nicht resezierbare zentrale Cholangiokarzinome profitieren von einer lokalen Strahlentherapie; sie ist der “best supportive care” überlegen. (11)J Hepatobiliary Pancreat Surg. 2008;15(1):63-8 Oft wird die Strahlentherapie zusammen mit der Stentbehandlung (s.o.) durchgeführt. Durch die Behandlung kann eine günstige Voraussetzung für eine operative Therapie herbeigeführt werden. Das Konzept einer Operation mit neoadjuvanter Strahlentherapie hat bei den für diese Therapie in Frage kommenden Patienten zu einer erheblichen Verbesserung der 5-Jahres-Überlebensraten (um 80 %) geführt. (12)Can J Gastroenterol. 2010 Jan;24(1):52-7

Präoperative multimodale Vorbereitung

Bei primär nicht operablem Klatskin-Tumor Grad III und IV kommt ein multimodales therapeutisches Verfahren in Frage. Im Fall einer geplanten Leberteilresektion kann ein grenzwertig kleiner Restlappen präoperativ zum Wachstum angeregt werden, so dass er für die postoperative Phase ausreichend funktionell wirksam wird (13)World J Hepatol. 2014 Aug 27;6(8):559-69:

  • endoskopische Drainage eines nicht tumortragenden Lappens (s. u.) als erster Schritt,
  • vaskuläre Embolisation der A. hepatica dexter oder sinister als zweiter Schritt. Sie führt zur Hypoplasie des nicht drainierten Leberlappens und zur Hyperplasie des anderen.
  • Leberteilresektion des tumortragenden hypoplastischen Lappens als dritter Schritt.

Neoadjuvante Chemotherapie

Auch wenn gelegentlich von scheinbar günstigen Erfahrungen berichtet wird (14)Am J Clin Oncol. 2015 Aug;38(4):382-7, so ist die allgemeine Feststellung jedoch die, dass von einer Chemotherapie vor oder nach einer operativen Resektion keine wesentlichen Effekte auf das Überleben zu erwarten ist: “Neither neoadjuvant nor adjuvant therapy increases survival after biliary tract cancer resection” (15)J Gastrointest Surg. 2012 Sep;16(9):1666-71.

Endoskopische und multimodale Therapie

Wenn die Tumorausbreitung eine primäre kurative Resektion nicht zulässt, kommen symptomatische Strategien in den Vordergrund. Einer Reduzierung des Gallerückstaus (Cholestase) kommt dabei eine vorrangige Bedeutung zu. Eine Entlastung der Gallenwege reduziert einerseits die cholestasebedingten Symptome (wie den Juckreiz und die Verdauungsstörungen), und sie ermöglicht andererseits eine eventuell geplante Chemotherapie, da Chemotherapeutika großenteils über die Galle entgiftet werden (16)Abdom Radiol (NY). 2016 Feb;41(2):317-23.

Eine Galleableitung kann erzielt werden durch

  • eine endoskopische Gallenwegsdrainage (durch ERC: Überbrückung der Tumorstenose durch einen Stent) und auch
  • eine perkutane transhepatische Drainage (PTD, Galleableitung durch die Haut nach außen).

Die letzte Maßnahme hat eine relativ hohe Komplikationsrate von 7,5 – 19 % inkl. einer Letalität von 2,5 – 5 %. Die Komplikationen beinhalten Infektionen, Blutungen, biliäre Peritonitis, metabolische Azidose, Sepsis und Elektrolytverlust, Gallensäureverlustsyndrom mit chologener Diarrhö.

Eine Reduktion der in der Regel stark erköhten Cholestasewerte durch eine Drainage bedarf geraumer Zeit: In einer Studie, in der Drainagen zur Reduktion des Bilirubins eingelegt wurden, wurden innerhalb von 1 – 2 Monaten in der Regel Werte unter 2 mg/dl erreicht (17)Abdom Radiol (NY). 2016 Feb;41(2):317-23.

Kriterien zur Wahl eines Stents

Plastikstents werden oft nach 2-3 Monaten gewechselt, können aber auch über 6 Monate halten. Metallstents halten meist über 6 Monate. Metallstents sind erheblich teurer als Plastikstents. Bei Patienten mit einer Lebenserwartung von mehr als 2-3 Monaten wird in manchen Zentren ein Metallstent favorisiert. (18)Adler A. et al. Onkologe 1999; 5: 490-498 Die mittlere Offenheit von Wall-Stents wird mit 169 Tagen berichtet; während der kurzen Lebenszeit des ausgewerteten Patientenkollektivs waren in 69% der Fälle keine Reinterventionen erforderlich gewesen. (19)Gastrointest Endosc 2002; 56: 33-39 Inzwischen werden auch in Gallengänge gecoverte beschichtete selbstexpandierende Nitinol-Gallengangsstents implantiert, die länger halten und ggf. auch gewechselt werden können. Auch können selbstexpandierbare Stents (Nitinolstent Jostent SelfX, Fa. Abbott) bilateral platziert und mit einer photodynamischen Therapie kombiniert werden. (20)Z Gastroenterol. 2010 Jan;48(1):28-32 Eine bilaterale Drainage ist effektiver als eine unilaterale. (21)J Gastroenterol Hepatol. 2009 Apr;24(4):552-7

Photodynamische Therapie (PDT)

Eine Vorbehandlung eines cholangiolären Tumors vor einer geplanten Operation durch eine photodynamische Therapie mit einem „Photosensitizer“ kann zum „Down-sizing“ des Tumors führen. (22)Photochem Photobiol Sci. 2009 Jan;8(1):23-30 (23)Photochem Photobiol Sci. 2009 Jan;8(1):23-30 Die PDT erfolgt mit Hilfe von Porfimer (Photofrin). Der Photosentitizer Temoporfin (Foscan) scheint eine bessere Gewebegängigkeit aufzuweisen als Porfimer und könnte Vorteile besitzen. Nach Injektion erfolgt eine direkte Bestrahlung durch perkutane oder endoskopische Einbringung einer Strahlenquelle. Die PDT gilt als sehr erfolgversprechend: Erhöhung des Karnovsky-Index und Lebensverlängerung. (24)Ortner MA et al. Gastroenterology 1998; 114: 536-542 In einer randomisierten kontrollierten Studie stieg die Überlebenszeit von durchschnittlich 7 Monaten (Kontrollgruppe, nur mit Stents zur Drainage behandelt) auf 21 Monate. (25)Zoepf T et al. Am J Gastroenterol 2005; 100: 2426-2430 Komplikationen bestanden hauptsächlich in Gallenwegsinfektionen.

Eine Studie prüfte den Effekt der Kombination einer photodynamischen Therapie mit verschiedenen Chemotherapieregimen. Während Patienten mit hilärem Cholangiokarzinom Bismuth III und IV, die eine PDT-Monotherapie erhielten, eine durchschnittliche Überlebenszeit von 374 Tagen hatten, verlängerte sich die Überlebenszeit bei der Gruppe PDT plus Chemotherapie (meist Gemcitabine-basiert, oft in Kombination mit 5-FU) auf im Schnitt 520 Tage; die 1-Jahres-Überlebensrate stieg von 58 auf 88% (26)Gut Liver. 2016 Jan 28. doi: 10.5009/gnl15175..

In einer Studie an 7 Patienten wurde durch photodynamische Therapie eine Rückstufung des Tumors (Downsizing) in ein operables Stadium erzielt. Alle konnten R0 reseziert werden (chirurgische Heilung). Allerdings starben 6 von 7 an Rezidiven im Mittel nach 3,2 Jahren (27)Int J Mol Sci. 2015 Nov 6;16(11):26619-28.

Strahlentherapie

Brachytherapie

Die Brachytherapie ist eine besondere Form der Strahlentherapie, bei der die Strahlenwirkung durch Einbringung einer Strahlenquelle in direkte Nähe (brachy = nah) des Tumors (endoluminale Platzierung) besonders hoch ist. Wie eine Studie an 18 Patienten zeigte, führt sie zu einem mittleren Überleben von 12,2 Monaten (2 – 79,6 Monate) und bei 3 Patienten (16,7%) zu einem Überleben von über 5 Jahren! (28)Cancer J. 2002 Jan-Feb;8(1):74-8. Gemcitabine wirkt als Strahlensensitizer und erhöhte in einer Studie an 27 Patienten den Strahleneffekt noch einmal mit einem mittleren Überleben von 14 Monaten (29)Anticancer Res. 2016 Feb;36(2):737-40.

CyberKnife-Strahlentherapie

Neuere Methoden benutzen “CyberKnife (TM)”, um stereotaktisch hochenergetische Strahlen von außen sehr gezielt an die Tumore (intrahepatische und hiläre Chonangiokarzinome) zu bringen. In einer Studie an 34 Patienten lag die mittlere progressionfreie Zeit unter dieser Therapie bei 10 Monaten und die mittlere Überlebensrate bei 17 Monaten (30)J Cancer. 2015 Aug 1;6(11):1099-104.

Chemotherapie

Bisher gibt es keine etablierte Chemotherapie des Klatskin-Tumors. Cholangiokarzinome sprechen generell schlecht an. Gemcitabin zeigt eine Ansprechrate von 5,3 – 28,5 % und führt zu einer 1-Jahr-Überlebensrate von 44 – 50,9 % (31)Oncology. 2006;70(5):358-65.

Eine Phase-II-Studie zur Wirkung einer Kombination einer lokalen Radiotherapie mit einer Chemotherapie mit Gemcitabin an insgesamt 27 Patienten mit nicht resezierbarem und nicht metastasiertem Tumor ergab eine deutliche Verlängerung des Überlebens. Allerdings wirkte Gemcitabin in diesem Fall vorwiegend als Sensitizer für die Strahlentherapie (32)Anticancer Res. 2016 Feb;36(2):737-40.

Neuere medikamentöse Optionen beinhalten Immun-Checkpoint-Inhibitoren gegen den programmierten Zellod (Apoptose) (PD-1-Hemmer und PD-L1-Hemmer) und das zytotoxische T-Lymphozyten-Antigen-4 (CTLA-4). Diese Ansätze sind noch durch Studien zu belegen. (33)Ann Hepatol. 2022 Sep-Oct;27(5):100737. doi: 10.1016/j.aohep.2022.100737 (34)Front Immunol. 2022 Sep 9;13:943066. doi: 10.3389/fimmu.2022.943066

Lokoregionale Behandlung

Jedoch bieten weiterhin lokoregionale Therapiemethoden die besten Chancen für eine Lebensverlängerung. (35)Cancers (Basel). 2022 Nov 28;14(23):5853. DOI: 10.3390/cancers14235853 Am gebräuchlichsten sind die transarterielle Chemoembolisation und die transarterielle Radioembolisation. Sie kappen die Blutversorgung und schränken dadurch die Metabolisierungsfähigkeit ein. (36)Cancers (Basel). 2022 Nov 28;14(23):5853. doi: 10.3390/cancers14235853

In geeigneten Fällen kann durch TACE (transarterielle Chemoembolisation) eine durchschnittliche Lebensdauer von 12,2 Monaten (vs. 3,3 Monate bei alleiniger supportiver Behandlung) erzielt werden. (37)Clin. Radiol. 2011;66:322–328. doi: 10.1016/j.crad.2010.11.002

Eine andere Studie weist nach, dass eine Kombination von TACE mit Chemotherapie (mit Cisplatin, Doxorubicin und Mitomycin-C) zu einer mittleren Überlebenszeit ab der ersten Behandlung von 15 Monate und einer 1-, 3- und 5-Jahres-Überlebensrate von 61 %, 27 % bzw. 8 % führen kann. (38)Cancer. 2011;117:1498–1505. doi: 10.1002/cncr.25625

Symptomatische Therapie

Die Symptome einer obstruktiven Cholestase wie Juckreiz, Gelbsucht, Übelkeit und Verdauungsstörungen verschwinden in der Regel bei ausreichender endoskopischer oder operativer Galleableitung. Wenn diese Möglichkeiten nicht zur Verfügung stehen, bleibt eine medikamentöse Therapie als wesentliche Therapieoption (siehe unter Cholestase). Dazu gehört eine Überprüfung der Wirksamkeit von Antihistaminika, Ondansetron und Opioidantagonisten wie Naltrexon (Nemexin). Auch kann eine individualisierte Schmerz-Therapie den Juckreiz mindern.

Ein wichtiger, subjektiv sehr negativ empfundener Faktor für das Befinden ist die Appetitlosigkeit (Inappetenz) und die sich allmählich entwickelnde Gewichtsabnahme bis hin zur Tumorkachexie. Hierzu gibt es neue Therapieansätze (siehe hier).

Verweise

Literatur[+]