Infliximab

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Infliximab (Remicade®, Biosimilars) ist ein monoklonaler Antikörper gegen TNF-alpha (Tumornekrosefaktor-alpha). Es wird zur Behandlung chronisch entzündlicher Erkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis, der Colitis ulcerosa oder dem Morbus Crohn verwendet. Die mittlere Halbwertszeit von Infliximab beträgt etwa 14 Tage. 1 2

Indikationen

Infliximab dient als Medikament zur Behandlung des schweren Morbus Crohn, der schweren Colitis ulcerosa, der rheumatoiden Arthritis, dem Morbus Bechterew und der Psoriasis-Arthritis, wenn sie unter Standardtherapie nicht oder nicht genügend ansprechen oder Kontraindikationen für die Standardtherapien bestehen.

Wirkung

Morbus Crohn: Beim Morbus Crohn sind erhöhte TNF-alpha-Konzentrationen in der Darmmukosa und im Stuhl charakteristisch. Die Konzentration im Stuhl korreliert mit der Krankheitsaktivität. Infliximab bindet sowohl an gelöstes als auch an membrangebundenes TNF-alpha und hemmt die Freisetzung proinflammatorischer Interleukine und die Einwanderung von Leukozyten in das Gewebe.

Die frühe ACCENT I-Studie ergibt für Infliximab (Dosierung 5 mg/kg i.v. alle 8 Wochen) bei schwerem Crohn-Verlauf eine deutliche Verbesserung der Symptome und der Lebensqualität, wobei allerdings auch eine einmalige Gabe zu einer relativ lang anhaltenden Besserung führt. Serieninfusionen von Infliximab haben der Studie zufolge einen erhöhten Langzeiterfolg von > 40 % nach 1 Jahr 3. Mehr dazu siehe hier.

Colitis ulcerosa: Bei mittelschweren bis schweren Verläufen der Colitis ulcerosa wird unter Infliximab von einer Remissionsrate von 40 % nach 9 Monaten berichtet 4. Bei schweren Fällen kann die Operationsrate von etwa 70 % auf etwa 30 % gesenkt werden. Dazu siehe hier.

Nebenwirkungen

Insgesamt wird Infliximab verhältnismäßig gut vertragen. Die häufigsten Nebenwirkungen betreffen: Übelkeit, Infektionen der oberen Atemwege, Sinusitis, Diarrhö.

Allerdings wird vor seltenen, dafür aber um so schwereren Nebenwirkungen, besonders Serumkrankheit, opportunistischen Infektionen und Sepsis sowie Autoimmunkrankheiten gewarnt 5. Die Indikation sollte daher sorgasam gestellt werden.

Infektionen: In etwa 1/1000 Fällen kommt es unter Infliximab zu letalen Nebenwirkungen, die meist im Zusammenhang mit Infektionen auftraten. Immungeschwächte Patienten sind wahrscheinlich besonders gefährdet. Patienten mit Abszessen oder sonstigen schweren Infektionen sollten nicht mit Infliximab behandelt werden.

Impfung: Eine Impfung mit Lebendimpfstoffen gilt als kontraindiziert.

Reaktivierungen von Infektionen: Es kann zu einer Reaktivierung einer Tuberkulose kommen; daher sollte vor Beginn einer Therapie eine Gefährdung in diese Richtung (Anamnese, Röntgenbild des Thorax, Tuberculin-Haut-Test etc.) diagnostiziert werden 6. Bei positivem Hauttest sollte ein begleitender Schutz mit z.B. Isoniacid erfolgen. In einer Arbeit wird von einer Tuberkulose-Exacerbation berichtet, die trotz negativem Haut-Test auftrat 7. Auch wurde über das Aufflammen einer Listerienmeningitis berichtet.

Herzinsuffizienz: Eine Herzinsuffizienz kann sich unter Infliximab verschlechtern. Patienten mit NYHA III/IV sollten nicht behandelt werden. Auch wird von akutem Koronarsyndrom mit dem Risiko eines Herzinfarkts in der Folge von Infliximab berichtet 8. In einer Zusammenstellung über die Wirkung von Infliximab bei 19 Patienten mit Psoriasis wird von 2 Todesfällen durch Herzinfarkt berichtet 9. In einer Studie wurde das Risiko für eine Herzkrankheit als sehr gering eingeschätzt 10.

Überempfindlichkeitsreaktionen: Wie bei vielen Medikamenten muss auf jedwede Überempfindlichkeitsreaktion geachtet werden.

Hautreaktionen: Es werden verschiedene Hautreaktionen beschrieben, darunter auch eine psoriatiforme Erscheinung 11.

Tumore: Es ist möglich, dass unter der Hemmung von TNF-alpha mit einem erhöhten Risiko für eine Tumorbildung gerechnet werden muss. Bei Patienten mit einer entsprechenden eigenen Vorgeschichte oder einer familiären Belastung sollte Vorsicht walten. In einem Fall trat in der Folge einer Infliximab-Therapie bei einem Patienten nach Lebertransplantation wegen PSC bei Morbus Crohn ein Kolonkarzinom auf 12. Es wurden auch Einzelfälle berichtet von: Mycosis fungoides 13 und einem T-Zell-Lymphom 14 berichtet, ein hepatosplenisches T-Zell-Lymphom besonders, wenn eine immunsuppressive Therapie begleitet 15.

Psoriasis: Infliximab lindert i. A. signifikant die Symptome von Psoriasis-Patienten 16. Es kann aber in seltenen Fällen auch eine Exazerbation einer Psoriasis hervorrufen 17.

Systemische Vasculitis und Glomerulonephritis: Eine ANCA-positive Vasculitis und nekrotisierende Glomerulonephritis wurde bei einem Patienten mit rheumatoider Arthritis beobachtet, der mit Infliximab behandelt wurde 18. Andererseits scheint Infliximab bei systemischer Vasculitis auch therapeutisch wirken zu können 19.

Weitere Komplikationen: Neuropathie, Myelosuppression, Darmobstruktion 5.

Biosimilars

Eine Studie mit dem Biosimilar (Nachahmerprodukt) Infliximab CT-P13 ergab, dass über 1 Jahr einunddreißig (8,8 %) Patienten Infusionsreaktionen und 32 (9 %) Patienten Infektionen bekommen hatten. Die gleichzeitige Gabe von Azathioprin verhinderte die Bildung von Arzneimittel-Antikörpern bei Anti-TNF-naiven Patienten mit chronisch entzündlicher Darmkrankheit 20. Die Ergebnisse werden durch eine weitere Studie im Wesentlichen bestätigt 21. Eine Übersicht über die Wirkung verschiedener Biosimilars betont, dass bei jedem neuen Produkt insbesondere die Rate an Hypersensitivitäten, Autoimmunreaktionen, Infektionen etc. zu beobachten sind 22. Bisher zeigt eine Zusammenstelllung nach 5 Jahre Erfahrung mit dem Biosimilar GP1111 bei der rheumatoiden Arthritis und den chronisch entzündlichen Darmkrankheiten, dass GP1111 in allen Infiliximab-zugelassenen Indikationen sicher ist und vergleichbar wirkt 23.

Vorbedingungen

Vorbedingungen für die Anwendung von Anti-TNF-alpha-Antikörpern ist der weitgehende Ausschluss einer verborgenen Infektion mit einem Erreger, der exacerbieren und zu einer schweren aperten Infektion kann. Dazu gehören Tuberkulose (Intracutantest), Hepatitis B (HBSAg, ggf. HBV-DNA), bei Immungeschwächten auch opportunistische Infektionen mit Pneumocystis carinii, Listeriose, disseminierte Histoplasmose und Aspergillose.Patienten unter Anti-TNF-alpha-Therapie sind hinsichtlich einer Exacerbation einer Infektion zu überwachen. Auch sollten vor einer Infliximab-Therapie auf einen Herzfehler, eine hämatologische und eine neurologische Erkrankung und eine Leberkrankheit untersucht worden sein 24.

Weitere Entwicklung

Adalimumab ist ein humaner, monoklonaler Antikörper gegen TNF-alpha. Er kommt prinzipiell für die gleichen Indikationen wie Infliximab infrage. Neuere Anti-TNF-alpha-Wirkstoffe sind beispielsweise die TNF-alpha-Antikörper Golinumab und Certolicumab und das gentechnisch hergestellt Etanercept.

Cave: Impfungen mit Lebendimpfstoffen sollten unter Anti-TNF-alpha-Medikation nicht durchgeführt werden.

Verweise

Referenzen

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  2. Health Technol Assess. 2016 Apr;20(35):1-610. doi: 10.3310/hta20350.[]
  3. Lancet 2002; 359: 1541-1549[]
  4. Aliment Pharmacol Ther. 2007 Jan 1;25(1):19-37[]
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  13. J Drugs Dermatol. 2007 Aug;6(8):834-6[]
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  20. Inflamm Bowel Dis. 2017 Nov;23(11):1908-1915. doi: 10.1097/MIB.0000000000001237[]
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