Darmkrebsvorsorge

Eine Darmkrebsvorsorge kann durch frühzeitige Erkennung von Vor- und Frühstadien die Erkrankungs- und Sterberate wirksam senken. In Deutschland treten jährlichen 33000 Neuerkrankungen von Darmkrebs bei Männern und 26000 bei Frauen auf; mehr als 20000 Erkrankte sterben pro Jahr. Dies lässt sich vermeiden. (Krebsregisterdaten 2019)

Darmkrebs – einfach erklärt
Vorsorgekoloskopie
Der Dickdarm

Vorsorgeuntersuchungen

Nicht-invasive Vorsorgeuntersuchungen

FOBT: Die Vorsorgekoloskopie ist invasiv, patientenunfreundlich  und mit einem hohen apparativen Aufwand verbunden. Sie entspricht nicht den Anforderungen an ein problemloses Darmkrebs-Screening der breiten Bevölkerung. Auf der Suche nach Alternativen werden nicht-invasive Methoden, wie ein FOBT (Stuhltest auf verborgenes Blut) eingesetzt. Sie haben bisher die Ergebnisse einer endoskopischen Vorsorge nicht erreicht. Als Voruntersuchung sind sie jedoch wertvoll geworden. (1)J Dig Dis. 2019 Feb;20(2):62-64. doi: 10.1111/1751-2980.12712 (2)Curr Gastroenterol Rep. 2015 Feb;17(2):428. DOI: 10.1007/s11894-015-0428-2. (3)Gastrointest Tumors. 2020 Jul;7(3):62-73. DOI: 10.1159/000507701.

Routinelabortests können in Zukunft zur Vorhersage von Darmkrebs oder seines Verlaufs hilfreich sein. Vorgeschlagen werden z. B. methyliertes SEPT9, methylierts SDC2 und -SIGN/DC-SIGNR-Protein. Dies ist noch nicht in die Routine eingegangen. (4)Tech Coloproctol. 2018 Jul;22(7):481-498. DOI: 10.1007/s10151-018-1820-3.

Stuhl-DNA-Tests (z. B. Cologuard) berücksichtigen eine Kombination aus NDRG4- und BMP3-DNA-Methylierung, KRAS-Mutationen und Hämoglobin. In einer Studie weist er eine Sensitivität von 92% für Darmkrebs auf bei einer Spezifität von 87 % – 90 %. (5)N Engl J Med. 2014;371:187–188 Der Test ist kostenintensiv. (6)World J Gastroenterol. 2017 Jul 28;23(28):5086-5096. DOI: 10.3748/wjg.v23.i28.5086

Score aus bakteriellen Markern und Blutungsmarkern in einer Stuhlprobe: Er scheint ausreichend sensitiv und spezifisch zu sein. Es handelt sich um einen Voraussage-Score aus verschiedenen Markern. Mit ihm konnten in einer Studie Darmkrebs und fortgeschrittene Darmpolypen mit einer Treffsicherheit von etwa 95 % bei einer Spezifität von 91 % nachgewiesen werden. Krebs wurde in einer kleinen Kohorte sogar mit 100 % Sicherheit (11/11) angezeigt, fortgeschrittene Adenome (Polypen) mit 71 % (17/24). Der Test scheint gute Voraussetzung für eine breite Darmkrebsvorsorge zu erfüllen, was die aufwändige und invasive Vorsorgekoloskopie kaum leistet. Studien müssen das bestätigen. (7)BMC Med. 2021 Oct 25;19(1):250. DOI: 10.1186/s12916-021-02123-0

Eine „liquid biopsy“ (Blutprobe) aus 4 Markern (verschiedene miRNAs) zur Erkennung von Darmkrebs bei Menschen unter 50 Jahren (8)EOCRC: ealy onset colorectal cancer ergab eine Treffsicherheit von 92%. Nach operativer Resektion sank die miRNA-Bildung, was auf ihre Tumor-Spezifität hinweist. Während eine diagnostische Spiegelung (Koloskopie) nicht „massentauglich“ ist, eröffnet solch ein Labortest die Möglichkeit, Darmkrebs in der Bevölkerung sehr viel wirksamer zu bekämpfen. (9)Gastroenterology. 2022 Nov;163(5):1242-1251.e2. DOI: 10.1053/j.gastro.2022.06.089.

„liquid biopsy“
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Vorsorgekoloskopie

Ziel der Darmkrebsvorsorge ist es, Darmpolypen, die als Krebsvorstufen (Präkanzerosen) gelten, in einem frühen, noch gutartigen Stadium zu erkennen und zu entfernen. Wird die Vorsorge durch eine Darmspiegelung (Koloskopie) durchgeführt, so kann die Entfernung eines eventuell entdeckten Polypen in gleicher Sitzung durch das Endoskop erfolgen (Polypektomie).

Vorsorgekoloskopie

Virtuelle Koloskopie: Darstellung eines kurzgestielten Polypen

Virtuelle Koloskopie

Ist eine Vorsorgekoloskopie nicht möglich oder gewünscht, kann mit gleicher Vorbereitung (Abführmaßnahmen) eine virtuelle Koloskopie erfolgen. Sie hat ebenfalls eine hohe Detektionsrate für prominente Polypen, bietet aber nicht die Möglichkeit einer sofortigen Polypenentfernung.

Ab wann eine Darmkrebsvorsorge sinnvoll ist

Ab dem 50sten Lebensjahr steigt das Darmkrebsrisiko; daher übernehmen ab hier die Kassen eine Untersuchung auf verborgenes Blut im Stuhl (FOBT).

Regelungen zur Vorsorgekoloskopie

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat für 2018 folgende Regelungen beschlossen: Die Vorsorgekoloskopie wird für Männer ab dem 50sten Lebensjahr, für Frauen (wegen etwas geringerem Risiko) ab dem 55sten Lebensjahr von den Krankenkassen übernommen. Insgesamt werden 2 Vorsorgekoloskopien im Abstand von 10 Jahren von den gesetzlichen Kassen bezahlt. Allerdings gilt dies nur bis zum Alter von 65 Jahren. Wer erst ab 65 Jahren mit der Vorsorge beginnt, hat nur 1 Koloskopie frei. Ab 75 wird eine Vorsorgekoloskopie wegen erhöhter Komplikationsgefahr nicht mehr empfohlen, es sei denn, dass ein Test auf verborgenes Blut positiv ausfällt. Wer keine Koloskopie zur Vorsorge durchführen lassen möchte, hat ab 55 Jahren alle 2 Jahre einen Anspruch auf einen Stuhltest. Ist er positiv, so folgt eine Koloskopie.

Die Aussagekraft des bisherigen FOBT als Stuhltest auf verborgenes Blut wird durch neue immunologische Nachweismethoden (i-FOBT) deutlich gesteigert (siehe hier).

Bei einer familiären Belastung sollte die Vorsorgekoloskopie etwa 10 Jahre vor dem Auftreten bei einem Blutsverwandten ersten Grades durchgeführt werden (Genaueres siehe hier).

Bei genetisch bedingtem Darmkrebs im Rahmen eines HNPCC müssen die Vorsorgeuntersuchungen bereits im jugendlichen Alter beginnen. Gentechnisch kann die Prädisposition entdeckt werden, was dann zur Überlegung bezüglich einer frühzeitigen Kolektomie (Dickdarmentfernung) veranlasst.

Erhöhtes Krebsrisiko bei chronischen Dickdarmentzündungen: Bei bestimmten Darmkrankheiten, wie der Colitis ulcerosa, steigt das Risiko für Darmkrebs im Laufe der Jahre deutlich an. Bei der Colitis ulcerosa wird ab einer 10 – 15-jährigen Laufzeit mit einem erhöhten Risiko gerechnet. Entsprechend frühzeitig ist eine vorsorgliche Überwachung anzuraten. In diesen Fällen kann auch der Tumormarker CA19-9 ein wichtiger Indikator sein, der auf die Notwendigkeit einer fälligen Darmspiegelung hinweist.

Früherer Screeningbeginn wegen Zunahme von „Early-onset“-Darmkrebs?

Früh einsetzender Darmkrebs (early-onset colorectal cancer), der bei Personen unter 50 Jahren auftritt, wird weltweit häufiger. Er nimmt insbesondere in Ländern mit hohem Einkommen zu. Daher wird zunehmend auf die Notwendigkeit eines schon ab dem Alter von 45 Jahren einsetzendes Darmkrebs-Screening hingewiesen. (10)Lancet Gastroenterol Hepatol. 2022 Mar;7(3):197. DOI: 10.1016/S2468-1253(22)00003-6 (11)Gastroenterology. 2019 Jul;157(1):137-148. DOI: 10.1053/j.gastro.2019.03.023

„Dead man walking“

Unter dem Titel “Dead man walking“ macht die renommierte Fachzeitschrift New England Journal of Medicine (NEJM) darauf aufmerksam, dass eine gute Krankenversicherung vor Gesundheitskatastrophen wie dem Darmkrebs schützt (12) N Engl J Med. 2013 Nov 14;369(20):1880-1. doi: 10.1056/NEJMp1312793. Epub 2013 Oct 23. Dies ist in manchen Ländern der Welt ein Thema. Aber auch trotz einer für jeden Menschen möglichen Darmkrebsvorsorge kann man zum “Dead man walking“ werden (also zu einem Menschen, der Darmkrebs in sich trägt, ohne es rechtzeitig zu wissen). Denn Warnsymptome kann man selbst oft nicht früh genug wahrnehmen. Ständige Aufklärung und Werbung für eine Darmkrebsvorsorge bleiben unabdingbar und können viele Leben retten.

Eine deutschlandweite Aktion dazu ist der „Darmkrebsmonat März“, den die Felix-Burda-Stiftung und die Stiftung Lebensblicke propagieren.


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Verweise

Patienteninfos

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