Adrenalin, auch als Epinephrin bezeichnet, ist ein Hormon des Nebennierenmarks. Es wird unter Stressbedingungen gebildet wird und bereitet den Körper auf Anstrengungen vor. Es dient nicht nur der Bewältigung körperlicher Anstrengungen (evolutionäre Bedeutung: Kampf, Flucht, Verfolgung fliehender Beute), sondern wird auch bei psychischer Aufregung ins Blut abgegeben.
Biosynthese und Abbau
Adrenalin zählt zu den Katecholaminen, zu denen auch Dopamin und Noradrenalin gehören. Es ist ein kleines Molekül, welches im Nebennierenmark aus den Aminosäuren Tyrosin und Phenylalanin über die Zwischenstufen Dopamin und Noradrenalin gebildet wird. Seine Synthese unterliegt einer Endprodukthemmung; sie verhindert eine überschießende und gefährliche Überproduktion.
Der Abbau von Adrenalin geschieht rasch, die Plasmahalbwertszeit beträgt nur bis zu 3 Minuten. Am Abbau beteiligt sind die Catechol-O-Methyltransferase (COMT) und die Monoaminooxidase (MAO). Ein diagnostisch wichtiges Abbauprodukt ist die Vanillinmandelsäure, die über den Urin ausgeschieden wird. Der Bestimmung der Vanillinmandelsäure im Urin ist ein Test auf einen Adrenalin produzierenden Tumor (Phäochromozytom).
Funktionen
Adrenalin dient als Stresshormon. Es bereitet den Körper auf vielfältige Weise auf körperliche Anstrengung vor:
- Mobilisierung von Energiereserven: Abbau von Glykogen (Glykogenolyse), Erhöhung des Blutzuckers, Abbau von Fett (Lipolyse),
- Beschleunigung der Herztätigkeit,
- Verbesserung der Durchblutung der Muskulatur,
- Verringerung der Motilität des Darms (führt zu Darmträgheit),
- Verringerung der Durchblutung von Haut, Darm und Nieren (zugunsten der Durchblutung der Muskulatur),
- Anregung der Schweißdrüsen (zur Senkung der durch Muskelarbeit ansteigenden Körpertemperatur)
- Erweiterung der Atemwege (zur Verbesserung der Atmung unter Anstrengung),
- Verschluss der Harnblase durch Kontraktion des Schließmuskels,
- Entspannung (Relaxation) der Uterus in der Schwangerschaft,
- Erweiterung der Pupille (Mydriasis),
- Förderung des Wundverschlusses durch Thrombozytenaggregation (evolutionär sinnvoll bei Verletzungen bei Kampf oder Flucht).
Adrenalin wirkt über verschiedene Adrenorezeptoren:
- α1-Adrenozeptoren (Subtypen α1A, α1B und α1D): sie werden vorwiegend in Blutgefäßen gefunden.
- α2-Adrenozeptoren (Subtypen α2A, α2B und α2C): sie werden auf Thrombozyten (Blutplättchen) und im vegetativen und zentralen Nervensystems gefunden.
- β-Adrenozeptoren (Subtypen β1, β2 und β3): sie werden in der Muskulatur des Herzens, der Blutgefäße und der Bronchien gefunden.
- Am Herzen sorgen β1-Rezeptoren dafür, dass bei Anstrengung genügend Blut gepumpt werden kann. β1-Rezeptorenhemmer, wie Metoprolol oder Bisoprolol, sind Medikamente, welche den Einfluss des Sympathikus und von Adrenalin reduzieren und das Herz vor Überlastung schützen sollen.
- An den Blutgefäßen der Muskulatur sorgen β2-Rezeptoren für eine Erweiterung.
- An den Bronchien sorgt Adrenalin über β2-Rezeptoren dafür, dass genügend geatmet werden kann. Auch Medikamente, welche β2-Rezeptoren stimulieren (β2-Agonisten wie Salbutamol oder Terbutalin) erweitern die Bronchien.
- Auf Immunzellen werden ebenfalls β2-Adrenozeptoren gefunden; sie beeinflussen die Immunabwehr des Körpers. Das Knochenmark ist durch Nervenendigungen vom Sympathikus mit dem vegetativen Nervensystem und dem Gehirn verbunden. Eine stressbedingte Aktivierung führt zu einer Dämpfung entzündlicher Abwehrfunktionen. 1 Auch wird angenommen, dass die Beeinflussung des Immunsystems über den Sympathikus tageszeitabhängig (in circadianem Rhythmus) erfolgt. 2
Wirkung auf das Herz
Adrenalin bewirkt am Herzen über ß1-Adrenorezeptoren eine Beschleunigung der Herzaktion (positive chronotrope Wirkung) und eine Erhöhung der Kontraktilität (positive inotrope Wirkung). Damit ist das Herz in der Lage, das Herzminutenvolumen und den Blutdruck zu erhöhen.
Eine Blockierung dieser Wirkung durch Betablocker, speziell durch ß1-selektive Betablocker, verlangsamt die Herzfrequenz, was vor allem bei leichter psychischer Erregbarkeit und bei einer Verengung der Herzkranzgefäße zur Vermeidung einer Angina pectoris therapeutisch ausgenutzt wird.
Wirkung auf das Blutgefäßsystem
Adrenalin bewirkt an der Muskulatur über ß2-Adrenorezeptoren eine Erweiterung der Blutgefäße und damit eine Verbesserung der Durchblutung, die einer erhöhten muskulären Leistung zugute kommt.
Dagegen bewirkt es an der Haut und an den Nieren über α1-Adrenozeptoren eine Gefäßkonstriktion, die zu einer peripheren Widerstandserhöhung und Einschränkung der Urinproduktion führt. Die Verringerung des peripheren Gefäßbetts durch die Gefäßverengung fördert den bei Anstrengung erforderlichen Blutdruckanstieg und stellt dafür zudem das notwendige Blutvolumen im zentralen Gefäßbett zu Verfügung.
Eine Blockierung der α1-Adrenozeptoren durch Alpha-Blocker unter Stress mit erhöhter Adrenalinproduktion kann wegen der durch Adrenalin erweiterten muskulären Blutgefäße durch nun auch zudem periphere Gefäßweitstellung zu einem besonders effektiven Blutdruckabfall führen (siehe unter Blutdrucksenker).
Wirkung auf den Stoffwechsel
Adrenalin fördert über ß2-Rezeptoren den Glykogenabbau und die Glukoneogenese (Neubildung von Glukose aus Aminosäuren) in Leber und Muskulatur. Damit erhöht es unter Stressbedingungen den Blutzucker, der zur Bewältigung körperlicher Arbeit erforderlich ist. Es fördert zudem den Fettabbau (Lipolyse), der ebenfalls zur Energiebereitstellung dient und vor allem bei Erschöpfung der Glykogenreserven wirksam wird. 3
Im Magen fördert der Sympathikus mit seinem Überträgerstoff Noradrenalin über β1-adrenerge Rezeptoren die Produktion von Ghrelin. Dieses führt über Rezeptoren im Gehirn zu einer Anregung des Appetits und damit für Nachschub an Kalorien für folgende Stresssituationen. 4
Tumor des Nebennierenmarks
Tumore des Nebennierenmarks sind selten; solche, die Adrenalin produzieren, werden als Phäochromozytom bezeichnet. Ihre Symptomatik wird von den oft akut auftretenden Adrenalinspitzen im Blut bestimmt. Es besteht eine hohe Letalität vor allem wegen tachykarder Herzrhythmusstörungen und hypertoner Krisen (siehe hier). Diagnostisch von Bedeutung ist die Vanillinmandelsäure (s. o.).