Pseudomonas aeroginosa – Problemkeim bei chronischen Lungenkrankheiten

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Pseudomonas aeroginosa ist bei chronischen Lungenkrankheiten, die mit einer Retention von zähem Schleim einhergehen (Beispiel: zystische Fibrose), der wichtigste Infektionserreger. Er adaptiert sich an die lokalen Lebensbedingungen und wird rasch gegen viele Antibiotika resistent. Die Behandlung ist oft problematisch.


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Das Bakterium

Pseudomonas aeroginosa ist ein Gram-negativer opportunistischer Infektionserreger, der sich in den unterschiedlichsten Lebensräumen findet und beim Menschen vor allem chronische Lungenerkrankungen (Pneumonie), Harnwegsinfektionen (Cystopyelitis), Magendarminfektionen (Gastroenteritis), Mittelohrentzündungen (Otitis) und Wundinfektionen hervorrufen und unterhalten kann (1)Pathogens. 2014 Aug 18;3(3):680-703. Der Keim ist an einem Pol begeißelt und bewegt sich zuckend in wässrigem Milieu. Er ist auf Sauerstoff angewiesen (aerob), kann aber auch Energie durch Reduktion von Nitrat zu molekularem Stickstoff gewinnen. Diagnostisch sind die blau-grüne Farbe des durch Pseudomonas hervorgerufenen Eiters (daher die Bezeichnung aeroginosa: aerugo = Grünspan) und der süßliche Geruch von Bedeutung.

P. aeroginosa bei Lungenkrankheiten

Bei chronischen Lungenkrankheiten (z. B. zystische Fibrose, Bronchiektasen, COPD) führen Infektionen mit Pseudomonas aeroginosa zu einer chronischen Schleimhautentzündung. Die chronische Bronchitis ist schwer zu behandeln und rezidiviert oder persistiert trotz Antibiotikatherapie. Ursache ist die besondere Eigenschaft der Keime, sich rasch an neue Lebensräume anzupassen.

In der Regel verursachen Bakterien eine heftige akute Infektion, in deren Verlauf der Körper den Infektionserreger entweder eliminiert oder ihm nach einem septischen Schock mit Multiorganversagen erliegt. Der Keim Pseudomonas aeroginosa jedoch vermag nach einer initialen akuten Infektion sich so anzupassen, dass er vom Körper nicht vollständig ausgeschaltet werden kann. Dazu verzichtet er auf Virulenzfaktoren. Er ruft eine chronische Entzündung hervor und kann über Jahrzehnte in der Schleimhaut des Wirts überdauern.

Der Pseudomonas-Keim ist in den Atemwegen besonders stark toxischen reaktiven Sauerstoffspezies (reactive oxigen species, ROS) ausgesetzt. Er schützt sich gegen sie durch Bildung eines langkettigen Flavodoxin, welches Flavinmononukleotid bindet und so antioxidativ wirkt. Gleichzeitig wird die Mutagenität der ROS vermindert. Ohne diesen Schutz würde ROS eine oxidative Schädigung der DNA des Bakteriums verursachen (2)PLoS Genet. 2014 Feb 13;10(2):e1004163. doi: 10.1371/journal.pgen.1004163..

In-Wirt-Mutationen von P. aeroginosa

Die besondere Fähigkeit von Pseudomonas aeroginosa, in feindlicher Umgebung zu überleben, ist bedingt durch spezielle Mutationen, die innerhalb weniger Teilungszyklen im Wirt zustande kommen und zu einem Verlust bestimmter Funktionen des Bakteriums führen. Die Virulenz nimmt ab und die Duldung im Wirt nimmt zu (3)Am J Respir Crit Care Med. 2009 Jul 15;180(2):138-45. Zu den Verlust-Mutationen gehören die Fähigkeit zu schwimmen und zu zucken und Virulenzfaktoren wie Pyocyanin, Biofilmproduktion zu bilden (4)PLoS Pathog. 2011 Feb 3;7(2):e1001270. doi: 10.1371/journal.ppat.1001270.

Die in kurzer Zeit im Wirtskörper zustande kommenden Mutationen führen zu Bakterien, deren Fähigkeit, in den Körper einzudringen (Invasion) und Virulenzfaktoren zu bilden vermindert ist, die gegen Antibiotika resistent werden, Alginat produzieren, einen Biofilm produzieren und die Abwehrreaktion des Körpers reduzieren. Sie adaptieren sich an ihren Wirt, und der Wirt toleriert sie in gewissem Maße (5)Curr Top Microbiol Immunol. 2013;358:91-118. (6)Pathogens. 2014 Aug 18;3(3):680-703 (7)BMC Microbiol. 2015 Oct 19;15:218. doi: 10.1186/s12866-015-0563-9.. Die Schleimhautveränderungen lassen sich im Mausmodell bereits innerhalb von 3 Monaten beobachten (8)Sci Rep. 2016 Feb 17;6:21465. doi: 10.1038/srep21465..

Multiple Resistenzen

Pseudomonas aeroginosa verfügt über einen unspezifischen Mechanismus, der den Keim weniger anfällig für antibakterielle Agenzien macht. Ein Enzym (eine Synthase, die für die Aminoacetylierung von Phospholipid-Phosphatidylglycerin in der bakteriellen Zellmembran bewirkt) vermindert die negative Ladung der Zelloberfläche von P. aeroginosa und macht sie so für kationische antimikrobielle Peptide weniger angreifbar, so auch für Vancomycin oder für körpereigene (wirtseigene) Abwehrstoffe (Defensine), und auch resistenter gegen den Angriff neutrophiler Granulozyten. Dieses Enzym wirkt damit als „multiple peptide resistence factor“ (9)Proc Natl Acad Sci U S A. 2015 Aug 25;112(34):10691-6.

Adaptation durch Funktionsverlust

Die Fähigkeit von Pseudomonas aeroginosa zu einer sehr raschen „Im-Wirt-Evolution“ führt dazu, dass sich sein Genom über die Monate und Jahre, die der Keim in einer speziellen Umgebung lebt, wandelt; es lässt sich eine „Mikroevolution“ des Keims beobachten (10)BMC Microbiol. 2015 Oct 19;15:218. doi: 10.1186/s12866-015-0563-9. (11)Curr Top Microbiol Immunol. 2013;358:91-118. Ursache dieser Fähigkeit ist eine besonders hohe Mutationsbereitschaft (Hypermutabilität), die wiederum mitbedingt ist durch einen Defekt des dem Bakterium eigenen DNA-Reparatursystems (12)PLoS Genet. 2014 Oct 16;10(10):e1004651. doi: 10.1371/journal.pgen.1004651. eCollection 2014.. Die verschiedenen Mutationen verbessern das Überleben des Keims, indem ihre Fähigkeit, mit Defensinen des Körpers und Antibiotika zurecht zu kommen, gestärkt wird. Zudem sinkt ihre Fähigkeit, mit anderen Keime, insbesondere Staphylococcus aureus, zu konkurrieren und sie zu verdrängen (13)PLoS One. 2014 Mar 6;9(3):e89614. doi: 10.1371/journal.pone.0089614.. Der Staphylococcus wiederum vermag es, den durch P. aeroginosa im Wirt induzierten Entzündungsmediator IL8 (der Leukozyten anlockt) zu unterdrücken, was P. aeroginosa hilft, dem Wirtsangriff zu widerstehen (14)PLoS One. 2015 Sep 11;10(9):e0137753. doi: 10.1371/journal.pone.0137753..

P. aeroginosa bei der zystischen Fibrose

Bei der zystischen Fibrose (CF, Mukoviszidose) liegt ein Defekt im Bikarbonat-Transport der Schleimhaut des Bronchialsystems vor. Dadurch kommt es zu einer Verringerung der physiologischen Anhebung des lokalen Schleim-pH’s. Entzündungsprozesse senken den pH weiter ab. Eine solche pH-Absenkung fördert wiederum die Infektion mit Pseudomonas aeroginosa bei der CF (15)Mol Microbiol. 2009 Feb; 71(3):551-65 (16)J Bacteriol. 2012 Mar; 194(6):1401-16.

Folgen einer chronischen Infektion mit P. aeroginosa

Folge einer persistierenden Infektion mit Pseudomonas aeroginosa ist, wie auch Tierversuche zeigen, ein „Remodeling“ der Luftwege (mit Epithelhyperplasie, Becherzellmetaplasie, Kollageneinlagerungen und Abbau elastischer Fasern) (17)Sci Rep. 2016 Feb 17;6:21465. doi: 10.1038/srep21465.. Der Umbau des Epithels führt dazu, dass der Schleim zäher und die Schleimhaut „trockenerer“ wird (18)Ann Am Thorac Soc. 2016 Apr;13(Supplement_2):S177-S185. Dieser anhaltende Prozess fördert die Entwicklung einer obstruktiven Atemwegserkrankung.

Therapie einer P. aeroginosa-Infektion

Wegen der Multiresistenz von Pseudomonas aeroginosa, wie allgemein vieler Gram-negativer Bakterien, sind Antibiotika meist nicht oder nicht lange genug wirksam. Bei schweren Infektionen gilt Carbapenem als Reserveantibiotikum.

Ein neuer ß-Laktamase-Inhibitor, Avibactam, erweitert die Therapieoptionen, indem es die Wirksamkeit eines Cephalosporins der 3. Generation, Ceftazidime, erheblich erhöht. Avibactam, selbst kein Lactam, hemmt die Aktivität von Ambler Klasse A and C β-Lactamasen und einigen Ambler Klasse D Enzymen. Es wird renal eliminiert, so dass die Dosis bei eingeschränkter Kreatinin-Clearance angepasst werden muss. Die Kombination, Ceftazidime-Avibactam, soll ähnlich effektiv gegen P. aeroginosa wirken wie das bisherige Reservemedikament Carbapenem (19)Drugs. 2013 Feb;73(2):159-77. Sie kann sich auch in Carbapenem-resistenten Fällen noch als erfolgreich erweisen (20)Pharmacotherapy. 2015 Aug;35(8):755-70.

In einer klinischen Studie hat Ceftazidime-Avibactam bei Infektionen des Harntrakts und komplizierter intraabdomineller Infektionen mit Pseudomonas aeroginosa in 91% zu klinischer Heilung geführt und sich damit als hoch wirksam erwiesen (21)Lancet Infect Dis. 2016 Apr 20. pii: S1473-3099(16)30004-4. doi: 10.1016/S1473-3099(16)30004-4.. Die Wirkstoffkombination ist für diese Indikationen durch die FDA zugelassen worden und als Avycaz® in den USA im Handel.

Entsprechende Erfahrungen zur P. aeroginosa-Infektion des Bronchialsystems bei zystischer Fibrose liegen nicht vor (Stand 04-2016).


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Verweise

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