Neugeborenendiabetes

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Allgmeines

Der Neugeborenendiabetes ist eine Zuckerkrankheit, die innerhalb der ersten 6 Lebensmonate diagnostiziert wird. Er ist in der Regel genetisch bedingt, wohingegen ein kindlicher Diabetes, der später als 6 Monate nach der Geburt manifest wird, in der Regel autoimmun bedingt ist und dem klassischen Diabetes Typ 1 entspricht. Der Neugeborenendiabetes wird häufig nicht als solcher erkannt, sodass eine relativ hohe Dunkelziffer anzunehmen ist 1.


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Häufigkeit

Der Neugeborenendiabetes ist selten. Seine Inzidenz beträgt etwa 1 von 100000 Geburten 2, 2015 verifiziert durch Daten aus der Ukraine 3. Er macht etwa 1-2% aller Diabetes-Fälle aus und ist vermutlich unterdiagnostiziert, da er oft als Typ-1- oder Typ-2-Diabetes eingeordnet wird, was vielfach zu inadäquater Insulin-Therapie führt 1.

Genetische Grundlagen

Der Neugeborenendiabetes ist in aller Regel monogenetisch bedingt. Über 2 Duzend Mutationen von Genen kommen als Ursache infrage.

Die häufigste Ursache eines monogenetischen Neugeborenendiabetes ist eine Mutation in den Kaliumkanal-Genen ABCC8 and KCNJ11 4 5. In einer Studie wurden Mutationen von KCNJ11 oder ABCC8 in 47% der getesteten Fälle gefunden 6.

Daneben spielen Mutationen der Transkriptionsfaktoren HNF1A und HNF4A (verantwortlich für den MODY-Diabetes) und von GCK eine Rolle 7.

Vor allem mit 6q24 Anomalien oder GATA6 Mutationen sind mit Frühgeburten assoziiert 8.

Klinische Erscheinungsformen

Je nach Mutation verläuft der Diabetes unterschiedlich: permanent, vorübergehend oder im Rahmen einer komplexen Erkrankung, wie dem Wolkott-Rallison-Syndrom 9 7.

In einer chinesischen Studie wurde festgestellt, dass 72% der Fälle von neonatalem Diabetes permanent verlaufen, und dass 1/3 von ihnen KATP-Mutationen (mit Funktionsstörung der Kaliumkanäle) aufweisen 10.

Klinisch ist der Diabetes mit Muskelschwäche, Entwicklungsverzögerung und Epilepsie assoziiert 11 .

Genetische Tests: Bedeutung für die Therapie

Die neuen gezielten Sequenzierungstests erfassen alle infrage kommenden Gene mit hoher Detektionsrate in einem einzigen diagnostischen Durchgang.

Der Nachweis der jeweils zugrunde liegenden Mutation hat Bedeutung für die Therapie. Nicht immer ist eine Insulinbehandlung erforderlich 7 :

  • Patienten mit einer GCK-Mutation bedürfen in der Regel keiner Therapie.
  • Patienten mit einer Kaliumkanal-Mutation (KCNJ11 oder ABCC8) reagieren auf hochdosierte Sulfonylharnstoffe.
  • Patienten mit Diabetes Typ MODY, der wie auch der Neugeborenendiabetes in der Regel monogenetisch bedingt ist, reagieren meist gut auf niedrig dosierte Sulfonylharnstoffe,

Eine Untersuchung auf monogenetischen Neugeborenendiabetes scheint sich einer Studie zufolge besonders bei Kindern zu lohnen, die nur gering zu früh geboren sind (>32 Wochen). In der Studie wurde festgestellt, dass 37% eine Kaliumkanalmutation (s. o.) aufweisen und dadurch mit Sulfonylharnstoffen besser behandelbar sind als mit Insulin 8.

Bevor das Ergebnis eines genetischen Tests bekannt ist, kann bereits eine Therapie mit Sulfonylharnstoffen eingeleitet werden, um eine gute Blutzuckerkontrolle zu erzielen. Laut einer Studie ist sie sicher und meist effektiv 6.

Verweise

 

Referenzen

  1. Nat Clin Pract Endocrinol Metab. 2008 Apr;4(4):200-13[][]
  2. J Diabetes Investig. 2011 Jun 5;2(3):158-69[]
  3. J Pediatr Endocrinol Metab. 2015 Jul 24. pii: /j/jpem.ahead-of-print/jpem-2015-0170/jpem-2015-0170.xml. doi: 10.1515/jpem-2015-0170. [Epub ahead of print][]
  4. N Engl J Med. 2006 Aug 3;355(5):456-66[]
  5. N Engl J Med. 2004 Apr 29;350(18):1838-49[]
  6. J Clin Endocrinol Metab. 2014 Dec;99(12):E2709-14[][]
  7. Diabetologia. 2013 Sep;56(9):1958-63[][][]
  8. Pediatrics. 2016 Sep;138(3). pii: e20153926. doi: 10.1542/peds.2015-3926[][]
  9. Lancet. 2015 Jul 28. pii: S0140-6736(15)60098-8. doi: 10.1016/S0140-6736(15)60098-8[]
  10. J Diabetes Res. 2016;2016:6314368. doi: 10.1155/2016/6314368[]
  11. Rev Endocr Metab Disord. 2010 Sep;11(3):193-8[]