Allgemeines
Ingwer (Zingiber officinale Roscoe, engl: ginger) ist eine einkeimblättrige Pflanze (wie Gräser, Lilien, Orchideen), deren Wurzel von alters her im Haushalt als Gewürz und in der Naturheilkunde als Arzneimittel Verwendung findet. Die medizinisch wirksamen Bestandteile sind vor allem Gingerole, Shogaole und Paradole. Ihre biologischen Effekte beziehen sich auf eine entzündungshemmende, krebshemmende, antioxidative, neuroprotektive, antimikrobielle und antiallergische Wirksamkeit. 1
Verwendung
Verwendet werden die knolligen Wurzeln (Rhizome) gerieben oder in kleinen Stücken als Gewürz und Zutat für viele Gerichte, Marmeladen, Tees. Ingwer gilt zudem seit Jahrhunderten als Haus- und Heilmittel für viele Krankheiten. In der alternativen Medizin werden folgende Anwendungen und Eigenschaften hervorgehoben: Wirksamkeit gegen Fieber, Schnupfen und Kopfschmerzen, appetitanregend, antibakteriell, antiviral, antidiarrhoisch, choleretisch (Galle-fördernd), antiemetisch (gegen Übelkeit) und schleimlösend.
Medizinische Aspekte
Ingwer hat daher eine alte Tradition bei der Bekämpfung und Vorbeugung von Erkältungen, Fieber, rheumatischen Erkrankungen, Diabetes oder Krebs. Es soll auch gastrointestinale Missempfindungen bessern. 2
Gingerole und Shoagole: Ingwer enthält die biologisch aktiven Gingerole. Den Gingerolen (insbesondere dem 6-Gingerol) wird eine antikarzinogene, antientzündliche und immunmodulatorische Wirkung zugeschrieben. 2 Aus Gingerolen werden im Laufe der Entwässerung während der Lagerung und termischer Prozesse Shogaole. Shoagole entfalten eine sehr viel stärkere antikarzinogene Wirkung als Gingerole, wie in Experimenten an menschlichen Lungentumorzellen und Darmkrebszellen gezeigt wurde. Shoagole (insbesondere 6-Shoagol) haben auch einen stärker inhibitorischen Effekt auf die Bildung von Arachidonsäure (antientzündlich) und die NO-Synthese als Gingerol. 3 Daher wird empfohlen, getrockneten Ingwer zu verwenden. 4
Bronchialsystem: 6-Gingerol unterdrückt den IL-1-beta-Signalweg an menschlichen Atemwegsepithelien; es soll daher zur Behandlung einer bronchialen Hypersekretion in Betracht kommen. 5 Eine Langzeitbehandlung (56 Behandlungstage), erhöhte in einer Untersuchung die Aufnahme von Ingwerverbindungen bei Asthmapatienten. 6
Antitumoröse Wirkung: Gingerole/Shoagole entfalten eine antitumoröse Wirkung, wie an den Beispielen von Hautkrebs 7 und Darmkrebs 8 gezeigt wurde.
Wirkung gegen Helicobacter: Gingerole hemmen das Wachstum von Helicobacter pylori, was möglicherweise für die Prophylaxe von Magenkrebs und die Behandlung von dyspeptischen Beschwerden eine Bedeutung hat. 9
Steigerung der mitochondrialen Biogenese und Wirkung gegen Parkinson: Ingwer soll sich günstig auf die Parkinson-Krankheit auswirken. Der zugrundeliegende Mechanismus beinhaltet eine Down-Regulation zentral entzündlicher Prozesse im Gehirn über verschiedene Signalwege (u.a. über Beeinflussung des NF-κB-Pathways). 10 und eine Erhöhung der mitochondrialen Biogenese 11
Schutz der Darmschleimhaut und Verbesserung der diabetischen Stoffwechsellage: Im Tierexperiment wurde nachgewiesen, dass Ingwerextrakte die Bildung fester Zell-zu-Zell-Verbindungen (tight junctions, Barrierefunktion) in der Darmschleimhaut diabetischer Ratten verbesserte (Induktion von Claudin-3). Es erhöhte zudem die SOD (antioxidative Kapazität) und verbesserte die diabetische Stoffwechsellage. 12
Wirkmechanismen
6-Gingerol entfaltet einen antientzündlichen Effekt. Es vermindert die Aktivität der NO-Synthetase und die TNF-alpha-Bildung. Es hemmt die Aktivität der durch LPS (Lipopolysaccharide) stimulierten Makrophagen. Ihm kann daher ein antientzündlicher Effekt zugesprochen werden. 13 Bei der rheumatoiden Arthritis können Gingerole und Shogaole an Gelenken antientzündlich wirken. 14
Ihre antiinflammatorische Wirkung bewirken Gingerole durch Beeinflussung der entzündlichen Signalwege an zentraler Stelle (über eine Hemmung der Sekretion entzündlicher Mediatoren, wie TNF-α, IL-1β, IL-6 und PGE2; auf DNA-Ebene Hemmung der mRNA-Transkriptionen von iNOS, COX-2, IL-6 und IL-1β; Erhöhung der Proteinexpressionen von iNOS, NF-κB, p-p65 und p-IκB) 15
Die Wirksamkeit der Gingerole ist durch ihre schlechte Löslichkeit begrenzt, sodass zur Steigerung der Bioverfügbarkeit Anstrengungen unternommen werden, spezielle „drug delivery systems“ zu entwickeln. 16
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Verweise
Referenzen
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- J Agric Food Chem. 2022 Aug 10;70(31):9674-9683. DOI: 10.1021/acs.jafc.2c03150[↩]
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- ACS Pharmacol Transl Sci. 2022 Sep 7;5(10):838-848. doi: 10.1021/acsptsci.2c00104[↩]
- J Food Sci. 2019 Aug;84(8):2101-2111. doi: 10.1111/1750-3841.14723[↩]
- Nutrients. 2022 Oct 19;14(20):4384. DOI: 10.3390/nu14204384[↩]
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- Funk JL et al. J Nat Prod. 2009 Feb 13. [Epub ahead of print] [↩]
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- Front Pharmacol. 2022 Sep 5;13:902551. DOI: 10.3389/fphar.2022.902551[↩]