Das Dumping-Syndrom tritt bei beschleunigtem Übertritt von viel Mageninhalt in den Dünndarm auf und besteht vorwiegend aus Schwindel, Schweißausbruch, Herzjagen.
Allgemeines
Das Dumping-Syndrom ist ein Komplex von Symptomen, die nach Nahrungsaufnahme (postprandial) bei Patienten auftreten und bei denen der Mageninhalt zu rasch in den Dünndarm übertritt. Hauptsymptome sind Schweißausbruch, rasender Puls, Zittrigkeit und Kollapsgefühl. Ursache ist meist eine Operation des Magens zur Gewichtsreduktion (bariatrische Operation). Aber auch eine Refluxoperation und eine Operation am Magenausgang (z. B. wegen einem Geschwür oder Magenkrebs) können ein Dumping-Syndrom auslösen. Die Therapie besteht im Wesentlichen in einer verteilten Zufuhr der Nahrung über den Tag. Einige Medikamente, wie Acarbose und Somatostatin-Analoge, sowie auch Liraglutid, können in schwierigen Fällen erfolgreich eingesetzt werden.
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Inzidenz
Das Dumping-Syndrom tritt nach Magenoperationen relativ häufig auf: (1)Nat Rev Endocrinol. 2020 Aug;16(8):448-466. doi: 10.1038/s41574-020-0357-5. Epub 2020 May 26. PMID: … Continue reading
- bei etwa 20 % der Patienten nach einer Vagotomie mit Pyloroplastik,
- bei bis zu 40 % der Patienten nach Roux-en-Y-Magenbypass-Operation (RYGB) oder Schlauchmagenentfernung,
- bei bis zu 50 % der Patienten nach einer Ösophagektomie (operative Ösophagusentfernung).
Ursachen
Die bariatrische Chirurgie (Magenoperation zur Behandlung der Adipositas) ist in den letzten Jahren zur Hauptursache des postoperativen Dumping-Syndroms geworden. Auch die Fundoplikatio (Operation bei einer Refluxkrankheit) ist eine relativ häufige Ursache, da sie mit einer beschleunigten Magenentleerung einhergeht. (2)Surg Endosc. 2007 Feb; 21(2):309-14. (3)Ann Surg. 2013 Nov; 258(5):831-6
Der Hauptmechanismus ist eine rasche Dehnung der Dünndarmwand. Sie führt zu neuralen Reflexen und einer Inkretin-getriebenen Sekretion von Insulin (über glucagon-like peptide 1, GPL1, und GIP). (4)Medicine (Baltimore). 2017 Mar;96(12):e6348. DOI: 10.1097/MD.0000000000006348. PMID: 28328816; … Continue reading Um solch eine Dehnung zu vermeiden, ist eine kleinportionierte Nahrungsaufnahme am effektivsten. (5)Nat Rev Endocrinol. 2020 Aug;16(8):448-466. DOI: 10.1038/s41574-020-0357-5. Epub 2020 May 26. … Continue reading
Einteilung
Es wird ein “Frühdumping” von einem “Spätdumping” unterschieden.
- Wenn im oralen Glukosetoleranztest ein Anstieg des Hämatokrits > 3 % und der Pulsfrequenz > 10 Schläge/min etwa 30 min nach Beginn der Glukoseeinnahme nachweisbar ist, so weist dies auf ein Frühdumping hin.
- Wenn ein der Blutzuckerwert unter 50 mg/dl sinkt, so wird die als ein Hinweis auf ein Spätumping gewertet. (6)Nat Rev Gastroenterol Hepatol. 2009 Oct;6(10):583-90. DOI: 10.1038/nrgastro.2009.148. Epub 2009 … Continue reading
Frühdumping
Symptome
Direkt bis etwa 1 Stunde nach dem Essen: Schweißausbruch, anfallsartige Röte (Flush), Schwäche, Schwindel, Herzklopfen (Palpitationen), manchmal Übelkeit, Erbrechen oder/und Durchfall. Manchmal Kollapsneigung, selten Synkope (kurze Bewusstlosigkeit) und Schock. (7)J Med Case Rep. 2018 Sep 13;12(1):259. DOI: 10.1186/s13256-018-1800-2. PMID: 30208930; PMCID: … Continue reading
Entstehung
Durch rasche Dehnung der Dünndarmwand infolge von Nahrungsbestandteilen, die aufquellen (Hyperosmolarität) kommt es zu Bewegungsstörungen (Dyskinesien) des Dünndarms. Durch die Wanddehnung werden vasoaktive Peptide freigesetzt, die zusammen mit neuralen Reflexen zur vegetativen Kreislaufreaktion beitragen. (8)Nat Rev Gastroenterol Hepatol. 2009 Oct;6(10):583-90. DOI: 10.1038/nrgastro.2009.148. Epub 2009 … Continue reading
Therapie
Am besten hilft eine vorsorgliche Portionierung der Mahlzeiten: viele kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt.
Spätdumping
Symptome
Die Symptomatik tritt etwa 1 – 3 Stunden nach dem Essen auf. Es entstehen Symptome einer reaktiven Hypoglykämie (Unterzuckerung) mit Schweißausbruch, Herzklopfen, Konzentrationsschwäche, Zittrigkeit. Die Unterzuckerung kann bei heftiger Insulinausschütung und unzureichender Gegenreaktion des Körpers bis zu einer Synkope und zum Schock führen. (siehe hier).
Entstehung
Durch eine frühpostprandiale (früh nach dem essen einsetzende) Kohlenhydratverdauung bei Sturzentleerung des Magens (fehlender Pylorus) kommt es zu einem raschen Anstieg des Blutzuckerspiegels, der eine sofortige Freisetzung von Insulin bewirkt. Anschließend kommt es jedoch wegen der raschen Dünndarmpassage und fehlender Nachlieferung aus dem Magen zu keiner weiteren Glukoseaufnahme, auf die sich der Körper eingestellt hat. Die nach dem ersten Insulin-Peak folgende physiologische langanhaltende Insulinausschüttung ist (i. G. zur normalen Situation) nutzlos und führt zur Hypoglykämie (Unterzuckerung), die für die Symptomatik von Pulsbeschleunigung und Schweißausbruch verantwortlich ist. (9)Nat Rev Gastroenterol Hepatol. 2009 Oct;6(10):583-90. DOI: 10.1038/nrgastro.2009.148. Epub 2009 … Continue reading
Therapie
Das Spätdumping-Syndrom kann therapeutische Probleme bereiten. Grundlage ist eine eiweisreiche und kohlenhydratarme Kost, die auf viele kleine Mahlzeiten verteilt wird. Große Mahlzeiten sind zu vermeiden. Unterzuckerungsphasen mit Zittrigkeit, Herzklopfen und Schweißausbruch können mit Traubenzucker abgekürzt werden. Es ist auf eine ausreichende Kalorienzufuhr zu achten. Zur Langzeitkontrolle gehört eine Beachtung der Gewichtsentwicklung.
Wenn die Symptomatik auf alleinige diätetische Maßnahmen nicht ausreichend reagiert, so kann Acarbose wirksam sein. Bei Patienten mit Spätdumping, die auf eine Ernährungsumstellung und Acarbose nicht ansprechen, kann ein Therapieversuch mit Somatostatin-Analoga erfolgreich sein. (10)Nat Rev Gastroenterol Hepatol. 2009 Oct;6(10):583-90. DOI: 10.1038/nrgastro.2009.148. Epub 2009 … Continue reading Auch Liraglutid (tägliche subkutane Injektionen) wurde als eine Therapieoption beim Spätdumping angesehen (11)Medicine (Baltimore). 2017 Mar;96(12):e6348. DOI: 10.1097/MD.0000000000006348. PMID: 28328816; … Continue reading, ebenso Beinaglutid. Erklärt wird dies mit einer Stabilisierung der GLP-1-Spiegel durch die GLP-1-Analoga. (12)Eur J Endocrinol. 2013 Dec; 169(6):885-9. (13)Medicine (Baltimore). 2021 May 28;100(21):e26086. DOI: 10.1097/MD.0000000000026086. PMID: … Continue reading
Verweise
Literatur