Beckenbodeninsuffizienz

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Allgemeines

Beckenbodeninsuffizienz (pelvic organ prolapse, POP) bedeutet unzureichende Stabilität des Beckenbodens. Betroffen sind vor allem Frauen. Es werden verschiedene Formen und Ausprägungen unterschieden.

Das Gefüge des Beckenbodens mit der Beckenbodenmuskulatur und den Bändern ist bei einem POP zu locker. Dies hat zur Folge, dass die inneren Organe des Bauchraums in senkrechter Körperlage nicht ausreichend in Position gehalten werden und nach unten sinken.

Ursache ist eine muskuläre Schwäche oder eine Schwäche von Haltebändern.

Prädisponierend wirken Geburten und vaginale Operationen (z. B. eine vaginale Hysterektomie) sowie schweres Heben, Fettleibigkeit, chronischer Husten und Verstopfung. 

Veränderungen im Alter: Die Beckenbodeninsuffizienz nimmt mit dem Alter und dem Nachlassen der Bindegewebsstraffheit zu und ist mit ihren Auswirkungen ein Hauptproblem bei der Pflege älterer Menschen. (1)Am Fam Physician. 2017 Aug 1;96(3):179-185. PMID: 28762694. (2)Aboseif C, Liu P. Pelvic Organ Prolapse. 2021 Oct 9. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island … Continue reading

→ Zu Stuhlgang siehe hier.
→ Zu Descending-Perineum-Syndrom siehe hier.

Auswirkung

Der Damm verstreicht oder prolabiert (wölbt sich nach außen vor). Es kommt zu einem Prolaps (Vortreten) von Beckenorganen bzw. -strukturen: der vorderen Vaginalwand, der hinteren Vaginalwand, des Uterus (Cervix) oder der Kuppel der Vagina. Folgen sind: 

  • Senkung der Eingeweide mit Vorwölbung von Darmschlingen zur Blase oder zum Enddarm hin (Enterozele):
    • Die Zystozele ist ein Vorderwandbruch mit Ausbuchtung und Entleerungsstörung der Blase mit Restharnbildung, wobei sowohl eine Blaseninkontinenz als auch eine Störung der vollständigen Blasenentleerung mit Restharnbildung entstehen kann.
    • die Rektozele ein Vorfall der hinteren Vaginalwand mit Undichtigkeit des Darmausgangs (anale Sphinkterinsuffizienz) mit Stuhlinkontinenz und obstruktiver Defäkationsstörung,
    • der Vaginalgewölbeprolaps mit Vorfall des Uterus (Descensus uteri), des Gebärmutterhalses oder der Scheidenkuppel.

Die zunehmende Senkung kann Druckgefühle im Becken bis hin zu Schmerzen bei bestimmten Bewegungen hervorrufen. Es kann zu einer schmerzhaften Blasenentleerung, einer Kolpitis (Scheidenentzündung) mit Fluor (Ausfluss) und einer Dyspareunie („Paarungsschmerz”) kommen.

Schweregrade

Die Beckenbodeninsuffizienz kann durch ihre Symptomatik pragmatisch in verschiedene Schweregrade eingeteilt werden.

Grad gekennzeichnet durch
1 Druckgefühl am Beckenboden, geringe Probleme der Stuhlentleerung, keine Stuhl- oder Blaseninkontinenz, diätetisch beherrschbare Obstipation
2 Gefühl der unvollständigen Stuhlentleerung, beginnende Stuhlinkontinenz, nur durch Medikamente beherrschbare Obstipation, Blaseninkontinenz bei Belastung durch Husten und Pressen (Stressinkontinenz)
3 Starke Obstipation, Klysmen erforderlich, Hämorrhoiden Grad 2 – 3, ausgeprägte Stressinkontinenz der Blase
4 Stuhlinkontinenz Grad 2 – 3, ausgeprägte obstruktive Defäkationsstörung, Anal- bzw. Rektumprolaps

Diagnostik

Die Anamnese gibt Auskunft über die Schwierigkeiten bei der Stuhlentleerung und der Blasen- und Stuhlinkontinenz.

Die Klinische Untersuchung zeigt den lockeren, sich beim Pressen vorwölbenden Damm sowie Marisken, einen Analprolaps oder Rektumprolaps

Die technischen Untersuchungen beinhalten sowohl eine gynäkologische Untersuchung auf Scheidensenkung und Uterussenkung bzw. Uterusprolaps, eine urologische Untersuchung ggf. inkl. einem Miktionsureterogramm als auch eine proktologische Untersuchung mit Anoskopie, Proktoskopie, analer Sphinktermanometrie, Endosonographie des analen Sphinkters, ggf. auch CT. Als besondere Untersuchungen können Defäkographie und bzw. MRT (dynamisches Beckenboden-MRT) indiziert sein.

Vorbeugung und Therapie

Je nach Ausprägung kommen verschiedene Methoden in Betracht:

  • In den Anfangsstadien haben die physiotherapeutische Beckenbodengymnastik (3)Curr Opin Obstet Gynecol. 2019 Dec;31(6):485-493. DOI: 10.1097/GCO.0000000000000584. PMID: … Continue reading und die diätetische oder medikamentöse Stuhlgangsregulierung den höchsten Stellenwert, um den Beckenboden zu stärken und den Druck vom Beckenboden zu verringern (Mehr dazu hier).
  • In späten Stadien treten operative Maßnahmen in den Vordergrund, so z. B. eine Kolporrhaphie, Rectopexie, abdominale Sakrokolpopexie, STARR-Operation (bei einer hinteren Scheidensenkung mit Rektalprolaps) oder eine operative Beckenbodenrekonstruktion. (4)Ann Ital Chir. 2013 Nov-Dec;84(6):711-3. PMID: 24535196. (5)J Visc Surg. 2021 Apr;158(2):145-157. DOI: 10.1016/j.jviscsurg.2020.10.001. Epub 2021 Jan 22. … Continue reading

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Verweise

Literatur[+]