Das Rotor-Syndrom (RS) ist eine benigne familiäre, nicht-hämolytische Gelbsucht (Ikterus) mit Erhöhung des direkt reagierenden Bilirubins im Blut.
Inhaltsverzeichnis
Entstehung
Beim RS handelt es sich um eine genetisch bedingte, autosomal rezessiv vererbte Störungdes Transports von Bilirubin in der Leber, bei der die sonstigen Funktionen der Leberzellen (Hepatozyten) nicht gestört sind.
Ursache der praktisch vollständigen Unfähigkeit, konjugiertes Bilirubin in die Leberzellen (Hepatozyten) aufzunehmen, ist eine Defektmutation von Transportproteinen in der Zellmembran von Leberzellen. (1)Front Pharmacol. 2017 Dec 5;8:887. doi: 10.3389/fphar.2017.00887. Betroffen sind sowohl das “organic anion transporting polypeptid” 1B1 (OATP1B1) als auch das 1B3″ (OATP1B3). (2)J Clin Invest. 2012 Feb;122(2):519-28. doi: 10.1172/JCI59526. Ein Polymorphismus von OATP1B1 ist als Ursache für eine Medikamentenüberempfindlichkeit schon länger bekannt.
Im Fall des Rotor-Syndroms wird nun folgender Mechanismus angenommen: Unkonjugiertes Bilirubin aus dem Abbau des roten Blutfarbstoffs (siehe hier) wird von den Hepatozyten aufgenommen und mit Glukuronsäure konjugiert. Dieses nun konjugierte (und damit wasserlöslich gemachte) Bilirubin gelangt über einen Transporter, der in der blutzugewandten (sinusoidalen) Seite lokalisiert ist (Abcc3), zurück ins Blut (genauer: zunächst in den Disse-Raum) und wird über OATB1B1 gleich wieder aufgenommen. Diese Rückaufnahme ist durch Defekt von OATB1B1 gestört. (3)J Clin Invest. 2012 Feb;122(2):519-28. doi: 10.1172/JCI59526. So erhöht sich das konjugierte Bilirubin im Blut. Es gelangt nicht in die Galle, dafür jedoch in den Urin. Damit wird der Urin dunkel und der Stuhl (wegen Mangel an bilirubinhaltiger Galle) hell.
Da beide Transporter für organische Anionen konjugiertes Bilirubin transportieren können, müssen auch beide defekt sein, damit sich das Rotor-Syndrom ausbildet. Die Restaurierung von einem der beiden würde ausreichen, das Bild des RS zu beheben.
Klinik
Das RS ähnelt klinisch dem Dubin-Johnson-Syndrom (DJS). Bis auf eine milde Gelbsucht (Ikterus; Bilirubin < 8-fach der oberen Normgrenze), der in der Kindheit oder frühen Jugend und meist vor dem 20. Lebensjahr auftritt, findet sich bei der klinischen Untersuchung kein krankhafter Befund.
Diagnostik
Klinisch hinweisend ist eine anhaltende leichte Gelbsucht bei einem Kind oder Jugendlichen ohne sonstige Krankheitszeichen. Damit kommt ein genetisch bedingter Stoffwechseldefekt ins Blickfeld. Die ersten technischen Untersuchungen bestehen aus dem “Routinelabor” plus Bilirubindifferenzierung und Hämolyseparameter. Die Diagnose wird durch genetische Analyse bestätigt.
Labor
- Konjugierte Hyperbilirubinämie (bis 8fach)
- ohne Hämolysezeichen und
- ohne Erhöhung von Transaminasen oder Cholestaseenzymen,
- keine Hämolysezeichen
- heller bis farbloser Stuhl.
Ein einfacher Labortest ist die Bromsulfthaleinprobe (BSP). Wenn BSP intravenös injiziert wird, so verschwindet es nur sehr langsam aus dem Blut (mehrere Blutabnahmen in kürzeren Abständen) und es erscheint dort kein “konjugiertes” BSP (da es nicht in die Leberzellen gelangt, um dort mit Glukuronsäure konjugiert, wasserlöslich und mit der Galle ausscheidungsfähig gemacht werden zu können).
Sonographie
Auch wenn anamnestisch und klinisch das Bild wie ein Verschlussikterus aussieht, so finden sich sonographisch keine Erweiterungen extra- oder intrahepatischer Gallenwege, also keine Zeichen eines Gallestaus.
→ Mehr zur Sonographie der Leber siehe hier.
Szintigraphie
Szintigraphisch kommt es zu nicht zu einer Anfärbung der Leber und der Gallenwege durch 99mTc-HIDA. Dagegen erscheint HIDA vermehrt in Nieren und Harnwegen. Beim DJS dagegen erscheint die Leber stark markiert, die Gallenwege und Gallenblase dagegen nicht bzw. kaum. (4)Radiology. 1982 Mar;142(3):743-6.
→ Mehr zur Szintigraphie der Leber.
Laparoskopie
Laparoskopisch ist die Leber unauffällig.
Histologie
Die Histologie einer Lebergewebeprobe ist normal. Im Gegensatz zum DJS fehlen schwarze Pigmente in den Leberzellen.
Therapie
Eine Therapie ist nicht erforderlich.
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Verweise
Literatur