Morbus Hirschsprung

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Der Morbus Hirschsprung (Hirschsprungs disease, HD)  ist eine angeborene Erkrankung des Enddarms, bei der der Darm sich nicht entleeren kann. Er wir auch als “kongenitales aganglionäres Megakolon” bezeichnet.

Allgemeines

Ursächlich fehlen im Enddarm und/oder unteren Sigma die für die Darmbewegung notwendigen Nervenzellen in der Darmwand. Es besteht ein mehr oder weniger langes “aganglionäres Segment” (Teilstück ohne Nervenzellen in der Darmwand). Dieses Segment kann an der Darmmotilität nicht teilnehmen und behindert als bewegungsloses Rohr die Passage des Darminhalts zum Darmausgang. Der Inhalt staut sich und erweitert den Dickdarm zu einem “Megakolon”. Es entwickelt sich, je nach Ausprägung des aganglionäres Segements, ein inkompletter oder kompletter Darmverschluss (Subileus oder Ileus). Er kann bereits in den ersten Lebenstagen des Neugeborenen lebensbedrohlich werden. Weil der Darminhalt wegen der von der Leber in den Darm sezernierten Galle schwarz aussieht, wird der Darmverschluss als Mekoniumileus (Ileus durch Kindspech) bezeichnet. Die Behandlung besteht in der operativen Entfernung des aganglionären Darmsegments, allerdings behalten einige Patienten anhaltende Symptome. Es müssen „Varianten des Morbus Hirschsprung“ diagnostisch abgegrenzt werden (s.u.), die die klinischen Symptome imitieren, aber anders behandelt werden. (1) 2017 May;33(5):517-521. doi: 10.1007/s00383-017-4065-8. Epub 2017 Feb 2. (2)Medicina (Kaunas). 2020 Nov 13;56(11):611. DOI: 10.3390/medicina56110611.


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Entstehung uns Entwicklung

Morbus Hirschsprung ist eine Anlagestörung im Sinne einer intestinalen neuronalen Dysplasie (IND B). (3)J Pediatr Surg. 2005; 40: 1215 Zusammen mit dem kongenitalen zentralen Hypoventilationssyndrome (CCHS) gehört er in die Gruppe der Neurocristopathien. Das gemeinsame Vorkommen wird als Morbus Haddad bezeichnet. (4)Neonatal Netw. 2005; 24: 41-4

Die ultrakurze Agangliose ist in der Regel kombiniert mit einer Agangliose des inneren analen Sphinkters, was therapeutische Konsequenzen hat (s. u.).

Durch den Stau des Darminhalts steigt das Risiko einer Hirschsprung-assoziierten Enterokolitis (HAEC).

Symptomatik

Der Bauch des Neugeborenen ist gebläht. Das Kind kann wegen der spastischen Darmbewegungen, durch die der Darm das Hindernis zu überwinden sucht, Schmerzen erleiden und schreien. Die Ausräumung des Enddarms gleich nach der Geburt fördert schwarzen Stuhl (Mekonium) zutage.

In seltenen Fällen kann es bei meist nur kurzem aganglionären Segment zu einer Spätmanifestation kommen. Dann quält zunehmendes Völlegefühl. Blähungen können nicht genügend abgehen; Folge ist ein Blähbauch (Meteorismus). Der Stuhlverhalt zwingt zu auffälligen Pressversuchen, Es kann zu einer zunehmenden Verstopfung (Obstipation) mit Entwicklung eines Megakolons (besonders aufgeweiteter Dickdarm) kommen.

Diagnostik

Der Mekoniumileus ist das führende erste Zeichen bei Neugeborenen mit Morbus Hirschsprung. Eine Objektivierung kann durch eine anorektale Manometrie erfolgen.

Die Sicherung eines Segments ohne Nervenzellen (Ganglienzellen) in der Darmwand (aganglionäres Segment) erfolgt durch die Histologie einer Gewebsprobe (Biopsie) aus dem Rektum. Zur Sichtbarmachung der Ganglien bedient man sich z. B. der Enzymhistochemie. (Die erhöhte Acetylcholinesterase-Aktivität in Nervenfasern der Lamina propria mucosae lässt sich färberisch sichtbar machen.) Die Histologie muss oberhalb der Ampulla recti genommen werden (> 10 cm ab der Linea dentata) mit Erfassung von genügend Submukosa. Von einer “intestinalen neuronalen Dysplasie” muss die Ganglioneuromatose (MEN2B) unterschieden werden, die ähnliche Symptome hervorruft.

Bei Verdacht auf einen ultrakurzen Hirschsprung werden Biopsien bei 1 cm, 2 cm, 4 cm und 6 cm oberhalb der Linea dentata genommen. (5)Eur J Pediatr Surg. 2004; 14: 392-7

Eine Arbeitsgruppe propagiert eine Mukosaresektion im Abstand von 3 cm von der Linea dentata entfernt. Sie sollte etwa 3 mm Durchmesser aufweisen und genügend Mukosa enthalten. Sind keine Ganglienzellen dort auffindbar, so kann unter Operationsbedingung eine Untersuchung der gesamten Darmwand erfolgen. Erweist sich auch dabei ebenfalls eine Agangliose, so wird i.d.R. operiert. (6) 2018 Oct 4;2(6):322-326. doi: 10.1002/jgh3.12092.

Im Gegensatz zum Morbus Hirschsprung, findet man beim ultrakurzen Hisrschsprung keine Nervenfasern mit erhöhter AChE-Aktivität (AChe: Acetylcholin, Neurotransmitter) in der Lamina propria mucosae.

Therapie

Die Behandlung besteht in der operativen Entfernung des betroffenen Kolonsegments. Dabei wird intraoperativ eine Schnellschnittdiagnostik auf Nervenzellen zur Sicherung der Grenze zum funktionell Gesunden durchgeführt.

Beim ultrakurzen Hirschsprung mit Agangliose des inneren analen Sphinkters ist eine partielle Myectomy erfolgversprechend. (7)Eur J Pediatr Surg. 2004; 14: 392-7

Differentialdiagnosen

Zum Morbus Hirschsprung, insbesondere zur sich spät manifestierenden Form, sind einige Differenzialdiagnosen in Erwägung zu ziehen:

Beispiel aus einem Fallbericht

Bei einem Jungen wurde nach einem Notfallkaiserschnitt die Diagnose der Hirschsprung-Krankheit durch eine Vollwand-Rektalbiopsie gestellt. 24 Stunden nach der Entbindung hatte das Baby mit galligem Erbrechen begonnen, sein Bauch war aufgebläht und es wurden blutig-schleimige Stühle festgestellt. Ein Röntgenbild zeigte stark geblähte Kolonschlingen. Ein Kontrastmitteleinlauf zeigte einen Durchmessersprung zwischen zwei distalen Kolonabschnitten, und es wurde ein Morbus Hirschsprung vermutet, der durch eine tiefe Darmwandbiopsie an dieser Stelle bestätigt wurde. Hstologisch wurde ein Fehlen von Ganglienzellen im rektalen und distalen Sigma konstatiert, was als Kurzsegment-Hirschsprung-Krankheit eingestuft wurde. Zur Operationsvorbereitung wurde eine Vitamin-K-Injektion (0,5 mg) verabreicht, um möglichen Gerinnungsproblemen vorzubeugen. Die Segmentresektion von 15 cm Länge wurde komplikationslos durchgeführt. Für 2 Tage wurden Antibiotika (drei Dosen Gentamicin 5 mg alle 48 Stunden, Amoxicillin 50 mg alle 12 Stunden und Cefotaxim 50 mg alle 12 Stunden) zusammen mit einer Nalbuphin-Infusion (10 mg/ml) zur Schmerzlinderung verabreicht. Das Baby konnte nach sieben Tagen entlassen werden. Dieser Fall zeigt nach Ansicht der Autoren, wie wichtig eine frühzeitige Diagnose  und Behandlung ist. (8)Cureus. 2023 Jan 12;15(1):e33680. doi: 10.7759/cureus.33680

Verweise

 

Literatur[+]