Hämorrhoiden

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Hämorrhoiden sind Erweiterungen venöser Blutgefäße am Darmausgang. Es handelt sich um Gefäßpolster am inneren Eingang zum Analkanal, die zum normalen Verschlussmechanismus des Darms gehören.

Beim Hämorrhoidalleiden kommt es zu einer unnormalen Vergrößerung der Hämorrhoiden verschiedener Ausprägung. Werden sie von außen sichtbar („äußere Hämorrhoiden“), machen sie i. d. R. Beschweren. Bei starker Ausprägung können sie durch den Darmausgangskanal insgesamt nach außen vortreten (Prolaps durch den Analkanal).

Häufigkeit

Daten aus einer großen Datenbank von 1983 bis 1986 zeigten, dass 4,4 % der Bevölkerung eine Diagnose von Hämorrhoiden meldeten. 1 Die Prävalenz wurde 2018 für die US-Bevölkerung mit 13 % angegeben. Frauen waren mit 24 % häufiger betroffen als Männer mit 16 %. 2

Entstehung

Ausgeprägte innere Hämorrhoiden, dargestellt im Rahmen einer Dickdarmspiegelung durch Inversion des Koloskops im Rektum.

Grundlage der Entstehung eines Hämorrhoidalleidens ist häufig eine Bindegewebsschwäche. Bei entsprechender (meist familiärer) Veranlagung vergrößern sich allmählich die hämorrhoidalen Gefäßpolster. Dies wurde schon lange mit ballaststoffarmer Ernährung und Verstopfung in Zusammenhang gebracht und damit begründet, dass Verstopfung zu vermehrtem Pressen und damit zu einer Degeneration des Stützgewebes am Darmausgang führt. Untersuchungen hatten gezeigt, dass der mittlere Verstopfungsgrad bei Patienten mit Hämorrhoiden (Grad I-IV) signifikant höher war als bei Patienten ohne Hämorrhoiden 3, und dass Menschen mit Hämorrhoidalleiden mehr Zeit beim Stuhlgang und Lesen auf der Toilette verbrachten als eine Kontrollgruppe 4.

Neueren Assoziationsstudie stellen auch starke Zusammenhänge von Hämorrhoidenerkrankungen fest

  • mit Durchfallerkrankungen, inkl. Colitis ulcerosa, nichtinfektiöser Gastroenteritis und funktionellem Durchfall 5, sowie
  • mit der Stuhlgangsfrequenz,
  • mit gutartigen und bösartigen anorektalen Tumoren 5,
  • mit dem Verhältnis von Taille zu Hüfte, und
  • mit der Darmbesiedlung mit Bakterien der Ordnung Burkholderiales 6.

Frauen sind bezüglich eines Hämorrhoidalleidens gefährdeter als Männer, woran die erhöhte Neigung zur Verstopfung beteiligt ist. In der Schwangerschaft tragen mehrere physiologische Faktoren zur Entstehung von Hämorrhoiden bei. Dazu gehören ein Anstieg des intraabdominalen Drucks und eine stärkere Neigung zur Verstopfung (wegen des Schwangerschaftshormons Progesteron) 7. Zur Vorbeugung s. u. Zerreißungen des Bindegewebes am Beckenboden bei Geburten können auf lange Frist zur Beckenbodensenkung und weiterer Verstopfung beitragen (siehe hier).

Stadien

  • Stadium 1: innere Hämorrhoidalvergrößerungen,
  • Stadium 2: innere Hämorrhoidalvergrößerungen werden beim Pressen nach unten, aber noch nicht nach außen gedrückt, und ziehen sich anschließend wieder zurück,
  • Stadium 3: innere Hämorrhoidalvergrößerungen werden beim Pressen nach außen gedrückt, und ziehen sich anschließend wieder zurück,
  • Stadium 4: Hämorrhoidalvergrößerungen sind ständig außen sichtbar und ziehen sich nicht mehr zurück, dabei besteht oft ein Analprolaps.

Symptomatik

  • Schmerzen (Ursache Hämorrhoidalthrombose bei Stadium 3 und 4).
    Differentialdiagnose: Analfissur,
  • analer Juckreiz,
    Differenzialdiagnose: Würmer (z. B. Ascaris),
  • Blutung (von Blut am Toilettenpapier bis zu schwallartiger Blutung).
    Differentialdiagnosen: Analfissur, Polyp im Rektum oder Kolon, Divertikulose, Colitis ulcerosa, Kolonkarzinom,
  • Schleimabgang (selten, bei innerlicher Schleimhautreizung im Hämorrhoidalbereich).
    Differenzialdiagnosen
    : Entzündungen der Darmschleimhaut unspezifisch oder im Rahmen einer Colitis ulcerosa,
  • Fremdkörpergefühl im Analbereich.
    Differenzialdiagnose: Analkarzinom.

Interessanterweise sind die Beschwerden oft so unspezifisch, dass eine Selbstdiagnose kaum möglich ist. Eine Studie besagt, dass von den 63 %, die glaubten, Hämorrhoiden zu haben, bei der Proktoskopie nur 18 % tatsächlich welche hatten. Ähnlich ließen sich bei 13 % derjenigen, die nicht glaubten, Hämorrhoiden zu haben, solche nachweisen. 8

Diagnostik

  • Äußere Inspektion (Äußere Hämorrhoidalpolster? Marisken? Tumor? Papillom? Perianale Entzündung der Haut? Fistelöffnung?)
  • Digitale Austastung (weiche Polster? Schmerzhaftigkeit? Resistenz? Sphinktertonus? Sphinkterverschlussdruck bei willkürlicher Anspannung?)
  • Anoproksoskopie (starrres Sichtgerät: Hämorrhoidalpolster? Analfissur? Tumorverdächtige Struktur im Analkanal oder im Rektum? Rektumschleimhautentzündung?)
  • Koloskopie (dabei immer auch Inspektion des Analkanals): ein peranaler Blutabgang kann von einer höher gelegenen Blutungsquelle stammen. Bei einer Inversion im Rektum können Hämorrhoidalpolster retrograd direkt beurteilt werden.
  • Ggf. anale Endosonographie zur Diagnostik einer eventuellen Thrombose bei assoziierten Schmerzen,
  • ggf. anale Manometrie bei assoziierter Sphinkterinsuffizienz mit Inkontinenz oder bei Verdacht auf anale Ursache einer begleitenden Verstopfung.

Therapie

  • Stadium 1: ohne Beschwerden keine Behandlung, bei Beschwerden adstringierende Suppositorien, ggf. mit Kortikoiden, sonst Sklerosierung
  • Stadium 2: Gummibandligatur
  • Stadien 3 und 4: Operation (s. u.)

Operationen

Bei den operativen Behandlungen wird der Sphinkter nicht beeinträchtigt, sodass eine Inkontinenz vermieden werden kann.

  • HAL (Hämorrhoiden-Arterien-Ligatur): Gezielte Umstechung der zuführenden Arterien (gestützt durch Doppler-Untersuchung)
  • Longo-Operation: Mukosektomie mit einem zirkulären durch den Analkanal eingeführten Stapler, dabei Raffung der Analschleimhaut und Fixierung der Hämorrhoiden im oberen Analkanal. Mehr zur Operation siehe hier.

Vorbeugung bei Schwangerschaften

Eine Studie beurteilte den vorbeugenden Effekt einer definierten Intervention vs. einer Vergleichsgruppe: Schwangeren Frauen wurde empfohlen, in regelmäßigen Abständen zu essen, mindestens 1,5 Liter Flüssigkeit zu sich zu nehmen und Nahrungsmittel zu vermeiden, die Verstopfung verursachen (täglich einen Esslöffel Kleie und 2–5 Pflaumen; täglich etwa 300 g Obst, 500 g Gemüse und 30 g Nüsse; 3–5 Mal pro Woche 30–60 Minuten Bewegungsübungen und/oder Gehen). Die nachgeburtliche Kontrolle ergab in Bezug auf die Vergleichsgruppe eine signifikant niedrigere Hämorrhoidenrate in der Interventionsgruppe 9.


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Verweise

Referenzen

  1. Gastroenterology 1990;98:380–6[]
  2. Clin Gastroenterol Hepatol. 2019 Jan;17(1):8-15. DOI: 10.1016/j.cgh.2018.03.020.[]
  3. Colorectal Dis. 2011 Aug;13(8):e227-33[]
  4. Lancet. 1989 Jan 7;1(8628):54-5[]
  5. Dis Colon Rectum. 1997 Feb;40(2):215-9; discussion 219-21. doi: 10.1007/BF02054991[][]
  6. Clin Exp Gastroenterol. 2024 May 10;17:157-164[]
  7. BMC Pregnancy Childbirth. 2022 Apr 30;22(1):374. doi: 10.1186/s12884-022-04688-x[]
  8. Dtsch Med Wochenschr. 2004 Sep 17;129(38):1965-9. German. DOI: 10.1055/s-2004-831833[]
  9. MC Pregnancy Childbirth. 2022 Apr 30;22(1):374. doi: 10.1186/s12884-022-04688-x[]