AMA-negative PBC

Allgemeines

Die AMA-negative PBC ist eine chronische, nicht eitrige Entzündung der Gallenwege (Cholangitis), die das klinische Bild einer primär biliären Cholangitis (PBC) bietet, jedoch AMA-negativ ist. Laut indirektem Immunfluoreszenz-Nachweis sollen 15% der PBC-Fälle AMA-negativ sein. 1

Die AMA-negative Form der PBC wurde gelegentlich als Autoimmuncholangitis (AIC) bezeichnet 2, da sie offenbar durch Selbstangriff des eigenen Immunsystems entsteht und unterhalten wird. Sie ist oft ANA-positiv ist. Ein Übergang von einer AMA-negativen zu einer AMA-positiven PBC wird nicht beobachtet. Daher wird diskutiert, ob die AMA-positive und die AMA-negative Cholangitis als unterschiedliche Krankheiten geführt werden sollen. 3 4 Dies wird aber wegen der geringen Unterschiede in Histologie und Verlauf eher abgelehnt. 5

Klinik

Symptomatik und Verlauf entsprechen denen der primären biliären Zirrhose (PBC) (siehe hier), scheint aber zu einem etwas schwereren Verlauf zu tendieren. 3 Klinisch sind die beiden Formen der Erkrankung sonst nicht unterscheidbar. Auch die AMA-negative PBC kann im Laufe der Zeit durch Vernarbungen im Lebergewebe in eine Leberzirrhose übergehen.

Diagnostik

Die Diagnostik entspricht der PBC (siehe hier).

Laborwerte

Laborchemisch führend sind, wie bei der PBC, die Cholestaseenzyme (alkalische Phosphatase und Gamma-GT); weniger erhöht sind die Transaminasen. In späteren Stadien nimmt die Leberleistung ab; es kommt zu einem Abfall der Syntheseleistungsparameter und einem Anstieg der gallepflichtigen Stoffe wie Bilirubin und Gallensäuren im Blut.

Mit den herkömmlichen Methoden werden keine AMA nachgewiesen, häufiger dagegen positive ANA– und ASMA-Titer und ein etwas niedrigerer IgM-Spiegel im Serum. 4

Die ANA-Aufschlüsselung lässt erkennen, dass die PBC-spezifischen antinukleäre Faktoren Gp210 und sp100 vorherrschen.

Die Zahl der tatsächlich AMA-negativen Fälle ist durch Anwendung solcher empfindlichen Methoden auf unter 5% zurück gegangen, sodass diskutiert wird, ob AMA-negative Fälle überhaupt existieren. 6 Neue Antikörper (s. u.) lassen jedoch weiterhin die Entität einer AMA-negativen PBC erkenen.

Neue PBC-spezifische Autoantikörper

Anti-KLHL12- und Anti-HK1-Antikörper (Anti-Kelch-like 12 und Anti Hexokinase 1) sind hochspezifisch für PBC (≥95 %) und empfindlicher als  die bekannten Anti-gp210- und Anti-sp100-Antikörper. Sie fanden sich bei 10-35 % der AMA-negativen PBC. Die beiden Biomarker verbesserten die serologische Sensitivität bei AMA-negativen PBC deutlich im Immunoblot und ELISA. Zusätzlich zu Anti-MIT3, Anti-sp100 und Anti-gp210 stieg die Gesamtsensitivität von AMA-negativen Patienten von 53 % auf 61,8 %. 7 HK1- oder KLHL12-Antikörper finden sich bei 40 % der PBC-Patienten, die bei herkömmlichen PBC-spezifischen Antikörpern (AMA + Anti-gp210 + Anti-sp100) seronegativ sind. Sie bleiben während des Krankheitsverlaufs konstant; HK1-Antikörper sind mit einem ungünstigem Verlauf assoziiert. 8

Therapie

Die Behandlung der AMA-negativen Cholangitis entspricht weitgehend der der PBC. Bei mangelhaften Ansprechen kann ein Versuch mit Steroidhormonen (z. B. Prednisolon) diskutiert werden. Zur Einsparung von Kortikosteroiden kann Azathioprin dienen.

Neue Einordnung

Die bisherige Einteilung erfolgte auf dem Boden des immunhistochemischen Nachweises der AMA (AMA-Nachweis im histologischen Schnitt). Unter den Fällen mit AMA-Negativität und ANA-Positivität finden sich jedoch in einer Untersuchung 43%, die im empfindlicheren AMA-Immunoblot doch AMA-positiv sind. Daher wird angenommen, daß die AIC eine Untergruppe der PBC ist. 9 Inzwischen wird die Existenz einer eigenen AMA-negativen PBC bezweifelt. 10 Vielmehr wird die AMA-negative PBC heute nicht mehr so sehr von der AMA-positiven Form abgegrenzt, sondern eher als Variante betrachtet, da Histologie, Verlauf und Behandlung praktisch gleich sind. 11


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Verweise

Referenzen

  1. Clin Chem Lab Med. 2020 Apr 10;58(9):1499-1507[]
  2. Gastroenterol Clin North Am. 2008 Jun;37(2):479-84, viii. DOI: 10.1016/j.gtc.2008.02.006[]
  3. Clin Liver Dis. 2018 Aug;22(3):589-601. doi: 10.1016/j.cld.2018.03.009.[][]
  4. Hepatobiliary Pancreat Dis Int. 2004 May;3(2):288-91[][]
  5. Clin Liver Dis. 2018 Aug;22(3):589-601. DOI: 10.1016/j.cld.2018.03.009[]
  6. Clin Res Hepatol Gastroenterol. 2016 Nov;40(5):553-561. doi: 10.1016/j.clinre.2016.06.001.[]
  7. Clin Chem Lab Med. 2020 Apr 10;58(9):1499-1507. DOI: 10.1515/cclm-2020-0122. []
  8. Am J Gastroenterol. 2020 Oct;115(10):1634-1641. DOI: 10.14309/ajg.0000000000000690[]
  9. Kinoshita H. et al. Liver 1999; 19: 122-128[]
  10. Clin Res Hepatol Gastroenterol. 2016 Nov;40(5):553-561. doi: 10.1016/j.clinre.2016.06.001[]
  11. Liver Int. 2008 Feb;28(2):233-9[]