Resveratrol ist ein pflanzliches Polyphenol aus der Gruppe der Stilbene. Es besteht eine strukturelle Ähnlichkeit mit dem synthetischen Östrogen Diethylstilbestrol. Bekannt geworden ist es als Antioxidans. Inzwischen sind eine Reihe weiterer biologischer Eigenschaften bekannt geworden, vor allem seine antientzündliche und antitumoröse Potenz. 1 2
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Vorkommen von Resveratrol
Resveratrol kommt in einigen Pflanzen, so z. B. besonders in der Schale von roten Weintrauben und in Erdnüssen vor. In ihnen scheint es eine Schutzfunktion z. B. vor Pilzbefall zu haben. Es ist damit Bestandteil eines pflanzeneigenen Immunsystems.
Resveratrol kommt durch die Trauben in den Wein (mit höherer Konzentration im Rotwein als im Weißwein; siehe auch unter Alkoholgenuss).
Wirkungen und therapeutische Perspektiven
In Tierexperimenten und an Hefen wurden eine Reihe von Wirkungen von Resveratrol erforscht, deren Übertragung auf den Menschen eine günstige Wirkung bezüglich Gewichtsproblemen, Diabetes mellitus, Arteriosklerose, Alterungsvorgängen, neurodegenerativen Erkrankungen und Krebsentstehung vermuten lässt. Statistisch abgesicherte Erkenntnisse am Menschen stehen aus. Allerdings wird schon lange beobachtet, dass Franzosen in Gegenden mit hohem Weinkonsum trotz Rauchens eine relativ geringe Rate an Herzinfarkten haben, was auf eine Schutzfunktion von Resveratrol zurückgeführt wird („französisches Paradoxon“). Es scheint gesundes Altern zu begünstigen.
Resveratrol wirkt antioxidativ und beeinflusst so die Lebensfähigkeit von Zellen und Geweben (siehe unter oxidativer Stress).
Biologische und medizinische Wirkungen
Resveratrol wird wegen seiner biologischen und medizinischen Wirkungen intensiv untersucht. Folgende Forschungsergebnisse sind von besonderem Interesse:
- Einfluss auf Alterungsprozesse: Resveratrol ist ein Aktivator von SIRT1, einem Enzym (eine NAD+-abhängige Deacetylase) der Gruppe der Sirtuine, das die Lebenszeit der Bäckerhefe (Saccharomyces cerevisiae) verlängert. 3 Sirtuine kommen auch in anderen Lebewesen vor. Möglicherweise durch Aktivierung solcher Sirtuine verbessert Resveratrol in kalorienreich ernährten, übergewichtigen Ratten den Glukosestoffwechsel und das Überleben. Sirtuine modulieren den Prozess des Alterns durch Deacetylierung von Lysin und damit die Stabilität und Aktivität von Proteinen und Enzymen. Während des Alterungsprozesses nimmt die Aktivität von SIRT1 im Cerebrellum (Kleinhirn) ab, was sich auf die Motorik alternder Menschen negativ auswirkt. 4 Resveratrol könnte über eine Aktivierung von SIRT1 diesem Prozess entgegenwirken. Dazu siehe hier.
- Protektion des Ovars vor hypoxischem Stress; mögliche Therapieoption bei bestimmten Infertilitätsdiagnosen. 5 Es ist eine mögliche Gegenmaßnahme gegen durch Kryokonservierung verursachte mitochondriale Schäden bei Eizellen. 6
- Antifibrotische Wirkung: bei zirrhotischen Ratten reduziert Resveratrol die Fibrose und senkt den Pfortaderdruck. 7
- Gesundheitsförderung bei kalorienreicher Ernährung: Resveratrol reduziert bei kalorienreich ernährten Mäusen eine Angiopathie-getriggerte Albuminurie und senkt das Plasma-Cholesterin (möglicherweise durch vermehrten Abbau zu Gallensäuren über CYP7A1). 8
- Neuroprotektion: Resveratrol wirkt im Gehirn gegen Neurodegeneration (Neuroprotektion) und scheint bei der Behandlung der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS) und dem Morbus Alzheimer ein erfolgversprechendes Konzept zu sein. 9
- Antioxidans: Resveratrol wirkt als Antioxidans gegen „Protonenlecks“ in der Atmungskette der Mitochondrien (siehe hier) und gegen die Oxidation von LDL-Cholesterin (das sich in die arteriosklerotischen Plaques der Gefäßwände einlagert, Gefäßprotektion)
- Unterstützung einer Gewichtsreduktion: Resveratrol wirkt in ähnlicher Weise wie eine Kalorienreduzierte Kost (“DR-Mimetikum”: wie eine „Dietary Restriction“ wirkend).
- Antitumor-Effekt: Resveratrol scheint eine krebshemmende Wirkung zu entfalten. 10 Derivate zeigen eine deutlich höhere Aktivität (s. u.). Beim Zervixkarzinom reguliert es das Oncoprotein E6 herunter und aktiviert den Apoptose-Signalweg. 11 Auch beim Brustkrebs hemmt es die Bildung und Verbreitung von Krebszellen 12, ebenso beim Ovarialkarzinom. 13 Resveratrol unterdrückt die Proliferation und fördert die Apoptose beim Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom) und sensibilisiert ihn für die Wirkung von Chemotherapeutika. 14 Dies gilt auch für das Magenkarzinom. 15 16
- Antientzündliche Wirkung: Resveratrol hemmt die Cyclooxigenase 2 (COX-2-Hemmer) und wirkt darüber antientzündlich 17 und auch gegen „stille Infektionen“, die auf Dauer zu chronischen degenerativen Erkrankungen beitragen können und bei der Krebsentstehung eine Rolle spielen. 18
- Schutz der Bauchspeicheldrüse vor oxidativem Stress: Untersuchungen an Mäusen mit Typ-2-Diabetes ergeben, dass Resveratrol die Glukosetoleranz erhöht und den Beta-Zell-Verlust sowie den oxidativen Stress mindert. 19
- Nierenschutz: Resveratrol übt einen leichten Nieren-schützenden Effekt aus, der Alterunsgprozesse des Organs verlangsamt 20 21 und bei der Behandlung einer diabetischen Nephropathie nützlich sein kann. 22
- Leberkrankheiten: Bei Ratten mit experimenteller Leberzirrhose wurde festgestellt, dass Resveratrol zu einer Verbesserung des Pfortaderdrucks bei portaler Hypertension und einer Reduktion des Fibrosegrades führte. In der Publikation wird angenommen, dass eine Supplementierung von Resveratrol als Nahrungsergänzung bei Patienten mit Leberzirrhose und portaler Hypertension vermutlich günstig wirken würde. 23 Bei experimentell Vancomycin-induziertem Leberschaden wirkt die orale Verabreichung von Resveratrol signifikant hepatoprotektiv (Leber-schützend). 24
Perspektiven
Resveratrol ist als Antikrebsmittel nur eingeschränkt verwendbar. Seine instabile Doppelbindung und kurze Halbwertszeit bedeuten eine nur sehr kurze Wirkdauer. Es werden daher Resveratrol-Analoga entwickelt , die therapeutische Perspektiven bei der Behandlung vieler Erkrankungen, so von Entzündungsprozessen als COX-2-Hemmer, von Krebs, von Übergewicht, metabolischem Syndrom, Arteriosklerose oder neurodegenerativen Erkrankungen bieten können. 25 26
Auch werden Derivate synthetisiert, die eine bedeutende Hemmung eines Tumorwachstums aufweisen. Ein zyktisches Indolderivat hat in vitro eine achtmal höhere zytotoxische Aktivität gegen HT-29-Krebszellen gezeigt als Resveratrol. 27
Resveratrol hemmt Signalmoleküle (EGFR, VEGFR, PKC, JNK, ERK, NF-kB und STAT3), welche an der Proliferation und dem Überleben von Zellen des Zervixkarzinoms (Gebärmutterhalskrebszellen) beteiligt sind. Studien sind erforderlich, um das therapeutische und vorbeugende Potenzial von Resveratrol weiter zu untersuchen. 28
Kein signifikanter Einfluss auf die Lebenszeit
Eine Übersichtsstudie besagt , dass Resveratrol keinen wesentlichen Einfluss auf die Gesamtmortalität und die Entzündungsparameter ausübt. Eine prospektive Kohortenstudie von 1998 bis 2009 an über 65-Jährigen ergab keine signifikante Assoziation des Resveratrolspiegels im 24-Stundenurin mit CRP, IL-6, IL-1, TNF, kardiovaskulären Erkrankungen oder Krebs. 29 In schlanken Mäusen hat es die Lebensspanne nicht verlängert. 30
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Verweise
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Autor: Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (s. Impressum)
Referenzen
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