Sclerostin ist ein Protein, das ausschließlich von Knochenzellen (Osteozyten) gebildet wird und den Knochenstoffwechsel beeinflusst, indem es die Knochenbildung hemmt. Antikörper gegen dieses Molekül werden zur Behandlung der Osteoporose eingesetzt.
Siehe: Der Knochen.
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Genetik
Sclerostin wird durch das SOST-Gen auf Chromosom 17q12-21 kodiert [1]. Mutationen mit Funktionsverlust sind bekannt [2]. Seine Produktion in Osteozyten wird durch statische Belastung und das Parathormon modifiziert.
Funktion
Sclerostin wirkt als Signalsubstanz der Osteozyten und hemmt die Knochen bildende Funktion der Osteoblasten. Knochenbildung und -abbau führen zu einem ständigen bedarfsgerechten Remodeling der Knochenstruktur. Beide Prozesse werden fein reguliert und sind im normalen Knochen ausbalanciert. Überwiegt der Knochenabbau, so entsteht eine Osteoporose; überwiegt die Knochenbildung, so bilden sich Hyperostosen und Knochenverformungen. Die Osteozyten üben bei diesem Knochen-Remodeling eine zentrale Funktion aus, und Sclerostin dient ihnen dabei als Signalsubstanz.
Neuere Befunde deuten darauf hin, dass Sclerostin nicht nur die Osteoblasten direkt beeinflusst, sondern auch die Konzentration der Hormone verändert, die die Mineralisation der Knochen fördern (s. u.). Ein Sclerostin-Mangel (im Tiermodell einer SOST(-/-)-Maus bewirkt einen erhöhten Spiegel an 1?,25-Dihydroxy-Vitamin D und einen verminderten Spiegel von 24,25-Dihydroxy-Vitamin D [3].
Folge einer Verdickung der Knochen bei Sclerostin-Mangel ist eine vermehrte Apoptose aller B-Zell-Vorstufen, was zu einer Depletion von B-Lymphozyten führt [4]. Die Bedeutung dieser Befunde für den Menschen ist noch unklar.
Sclerostin und Knochenkrankheiten
Sclerostin hat besondere Aufmerksamkeit erhalten, weil es ein möglicher neuer Angriffspunkt zur Behandlung von Knochenkrankheiten darstellt.
- Osteoporose: Bei der Osteoporose überwiegt der Knochenabbau der Knochenbildung. Romosozumab ist ein monoklonaler Antikörper, der die Wirkung von Sclerostin hemmt und damit den Knochenaufbau fördert ohne den Knochenabbau zu beeinflussen. Erste klinische Studien belegen einen positiven Effekt bei postmenopausalen Frauen mit verminderter Knochendichte (siehe hier).
- Thalassämie-assoziierte Osteoporose: Bei der Thalassämie kommt es zur Entwicklung einer schweren Osteoporose. Ursache ist eine vermehrte Bildung von Sclerostin, dessen Konzentration mit dem Grad des Abbaus der Knochendichte korreliert. Eine Unterdrückung der Sclerostin-Aktivität (wie mit Romosozumab) wäre eine therapeutische Option [5].
- Multiples Myelom: Das multiple Myelom ist durch unkontrollierte Wucherungen von Plasmazellen im Knochenmark mit überschießender monoklonalen Antikörpern gekennzeichnet. Verbunden damit kommt es zu einem Knochenabbau und einer dadurch bedingten Hyperkalzämie, was auf eine Expression von SOST und damit einer vermehrten Bildung von Sclerostin beruht [6]. Die Hemmung von Sklerostin wird als Erfolg versprechende Therapiestrategie angesehen um den Knochenabbau beim Multiplen Myelom zu reduzieren.
- Sclerosteose: Die bei dieser angeborenen Krankheit kommt es zu einer vermehrten Sklerose und einer zunehmenden Verdickung der Knochen. Betroffen sind besonders augefällig die Mandibeln und der Schädelknochen, was zu Gesichts- und Schädelverformungen führt [7]. Auch findet sich häufig eine Syndaktylie. Ursache ist eine Mutation des SOST-Gens, das für Sclerostin kodiert. Menschen mit Sclerostose sind homozygot für das defekte SOST-Gen. Die dadurch reduzierte Konzentration funktionalen Sclerostins führt zu einer vermehrten Osteoblastentätigkeit. Menschen, die heterozygot für das Gen sind, haben dagegen einen normalen Phänotyp und eine normale Lebenserwartung. Sie profitieren von dem Defekt, da sie ein relativ geringes Frakturrisiko haben [8] [9]. Dies führte zur Überlegung, dass eine Hemmung der Sklerostin-Aktivität einen positiven Effekt bei der Osteoporose-Therapie haben könnte (s. o.).
- van-Buchem-Krankheit: Sie ist eine seltene angeborene Knochenkrankheit, die mit der Sclerostose verwandt ist und ein ähnliches, aber weniger ausgeprägtes Erscheinungsbild präsentiert. Ihr Defekt liegt „downstream“ des Sclerostins.
Verweise
Literatur
- ? J Musculoskelet Neuronal Interact. 2006;6(4):355–356
- ? PLoS One. 2013 Nov 29;8(11):e81710. doi: 10.1371/journal.pone.0081710. eCollection 2013.
- ? Proc Natl Acad Sci U S A. 2013 Apr 9;110(15):6199-204
- ? J Bone Miner Res. 2012 Jul;27(7):1451-61
- ? Horm Metab Res. 2012 Nov;44(12):909-13
- ? Cell J. 2013 Fall;15(3):266-71
- ? AJNR Am J Neuroradiol. 1986 May-Jun; 7(3):505-11
- ? J Musculoskelet Neuronal Interact. 2004 Jun;4(2):139-42
- ? Discov Med. 2011 Oct;12(65):263-73
Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).