Insulin

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Insulin ist ein Peptidhormon der Bauchspeicheldrüse und das einzige Blutzucker-senkende Prinzip des Körpers. Wird es unzureichend gebildet oder reagieren die peripheren Körperzellen nicht ausreichend empfindlich auf das Hormon, entsteht eine Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus).

Struktur und Stoffwechsel

Insulin ist ein Peptidhormon, das als Praeproinsulin gebildet wird. Durch Abspaltung eines kleinen Peptids entsteht Proinsulin (84 Aminosäuren). Durch Abspaltung des C-Peptids (32 Aminosäuren) wird es zum Hormon aus 51 Aminosäuren aktiviert (A-Kette 21 Aminosäuren, B-Kette 30 Aminosäuren).

Insulin und C-Peptid werden im molaren Verhältnis 1:1 in die Blutbahn abgegeben. Beide gelangen zunächst über das Pfortaderblut in die Leber, wo Insulin zu etwa 50 % aufgenommen und verstoffwechselt wird. Das C-Peptid gelangt vollständig in den großen Kreislauf und wird in den Nieren verstoffwechselt (siehe hier). Die Halbwertszeit von Insulin im Blut ist mit etwa 4 Minuten relativ kurz, die des C-Peptids mit 20 Minuten länger. Das C-Peptid eignet sich damit besser zur Untersuchung der Höhe der Insulinproduktion als Insulin selbst.


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Bildung

Insulin wird in den ß-Zellen der Inseln der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) aus der Vorstufe Präproinsulin gebildet. Durch eine erste Abspaltung eines kleinen Oligopeptids entsteht Proinsulin, durch eine Abspaltung eines weiteren Teilstücks, dem C-Peptid, schließlich das fertige Insulin. Das Insulin ist hormonell aktiv (s. u.). Das C-Peptid übt, wie inzwischen klar geworden ist, ebenfalls Funktionen im Körper aus (siehe hier).

Die Insulin-bildenden Inseln mit ihren ß-Zellen liegen überwiegend im Pankreasschwanz, sodass eine chirurgische Resektion von Kopf und Corpus (betr. Anatomie siehe hier) in der Regel keine Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) zur Folge hat. Pankreaserkrankungen, die den Schwanzbereich einbeziehen, können dagegen zu einem Insulinmangeldiabetes führen.

Die Kapazität zur Insulinsekretion ist sehr hoch. Erst eine Funktionseinschränkung von >90 % der Inselzellen führt zum Diabetes mellitus. Insulin wird in den ß-Zellen in sekretorischen Granula gespeichert, aus denen es bei Bedarf rasch in die Blutbahn abgegeben wird (pulsatile Sekretion).

Phasen der Insulinsekretion

  • Unter normalen Bedingungen kommt es zu einer ersten „pulsatilen Insulinausschüttung“ durch Degranulation der in den ß-Zellen der Inseln des Pankreas und danach zu einer zweiten, lang anhaltenden Insulinausschüttung durch Insulin-Nachproduktion.
  • Beim Typ-1-Diabetes ist die Insulinproduktion in den ß-Zellen der Inseln des Pankreas primär gestört (siehe hier). Es kommt weder zur ersten pulsatilen Sekretion noch zur zweiten lang anhaltenden Insulinnachbildung.
  • Beim Typ-2-Diabetes kommt es infolge einer peripheren Insulinresistenz zunächst zu einer kompensatorischen Mehrproduktion von Insulin. Solange die Insulinproduktion dabei ungestört verläuft, kommt es nach Mahlzeiten zunächst wie normal zu einer ersten raschen Insulin-Ausschleusung, der pulsatilen Insulinsekretion. Allerdings wird sie bei einer gestörten Glukosetoleranz in der Diabetes-Frühphase (Phase des Prädiabetes) bereits eingeschränkt! Dadurch treten nach Mahlzeiten (postprandial) und vor allem nach einem diagnostischen Probetrunk bereits über die Norm erhöhte Blutzuckerwerte auf. Der Nüchternblutzucker kann dagegen oft lange Zeit noch normal bleiben. Wenn die Insulinproduktion jedoch im Laufe der Diabetesentwicklung nachlässt („ausbrennt“), dann bleibt auch der Nüchternblutzucker erhöht. Und der Blutzucker wird schließlich nur noch durch Insulinzufuhr von außen normalisierbar.
  • Beim Dumping-Syndrom, das nach Magenoperation durch Sturzentleerung des Magens entsteht, kommt es zu einer normalen ersten Phase der pulsatilen Insulinsekretion und danach zu einer anschließenden Phase einer langgezogenen Sekretionsphase. Da jedoch wegen der fehlenden Reservoirfunktion des Magens keine weitere Glukose nachkommt, trifft die zweite Sekretionsphase ins Leere. So kommt es bei Dumping-Syndrom zu einer Hypoglykämie-Bereitschaft.

Effekte des Insulins

Gesamteffekte

Senkung des Blutzuckers, Hemmung der Ketonbildung, Senkung der Blutfette

Allgemeine Effekte

Insulin fördert anabole (aufbauende) Stoffwechselleistungen durch

  • Aufnahme von Glukose, Aminosäuren und Fettsäuren,
  • Bildung von Proteinen, Fetten, Glykogen,
  • Hemmung des Abbaus von Proteinen, Fetten und Glykogen.

Insulin fördert die Glykolyse durch „Anheizung“ des Citratzyklus, was der für anabole Prozesse notwendigen Energiebereitstellung dient.

Gewebe- und organabhängige Effekte

  • Muskulatur: Insulin fördert
    • eine Glukoseaufnahme (i.G. zu Leber, Nervengewebe und Erythrozyten, die kein Insulin zur Aufnahme benötigen),
    • den Aufbau von Glykogen,
    • eine Lipidsynthese,
    • die Aufnahme von Aminosäuren und die Eiweißsynthese
  • Fettgewebe: Insulin ermöglicht
    • eine Aufnahme von Glukose aus dem Blut,
    • eine Synthese von Fettsäuren und Lipiden,
    • eine Hemmung der Lipolyse (Hemmung der Lipase), und damit
    • eine Erniedrigung der freien Fettsäuren im Blut
  • Leber: Insulin ist für die Aufnahme von Zucker aus dem Blut nicht erforderlich. Es bewirkt intrazellulär
    • eine Erhöhung der Glukose-Phosphorylierung (Bildung von Glukose-6-Phosphat, G-6-P) aus Blutglukose, die frei in die Leberzellen hinein diffundieren kann; G-6-P kann jedoch nicht wieder hinaus. Durch die Phosphorylierung kommt es zu einem intrazellulären Glukoseabfall, sodass ein nach innen gerichteter Diffusionsgradient immer bestehen bleibt.
    • eine Steigerung von Glykogensynthese und Glykolyse aus G-6-P,
    • eine Synthese von Fettsäuren und Triglyzeriden sowie eine Hemmung der Lipolyse (Abbau von Fetten).
  • Gehirn: Insulin ist für die Energieversorgung des Gehirns nicht erforderlich. Aber es beeinflusst die Funktion des Gehirns dennoch: Es beeinflusst die Regulation der Nahrungsaufnahme, den Energiestoffwechsel, die Kognition und das Gedächtnis auf komplexe Weise. Zentral spielen Signalwege eine Rolle, die von einer Aktivierung seines Tyrosinkinase-Membranrezeptors ausgehen. (1)Biochim Biophys Acta. 2009 May; 1792(5):482-96. Eine Insulinresistenz im Gehirn führt zu einer Fehlregulation der Signalwege in den Zellen des zentralen Nervensystems und behindert den Abbau von Amyloid-Beta. (2)Neurology. 2010 Aug 31;75(9):764-70. DOI: 10.1212/WNL.0b013e3181eee25f. Epub 2010 Aug 25. PMID: … Continue reading Damit wird der Alterungsprozess im Gehirn beschleunigt und das Alzheimer-Risiko erhöht. Daher sind Menschen mit einer peripheren Insulinresistenz und konsekutiv ständig erhöhter Insulinproduktion hinsichtlich einer beschleunigten Demenz gefährdet. (3)Biochim Biophys Acta. 2009 May;1792(5):432-43 DOI: 10.1016/j.bbadis.2008.12.003 (4)Curr Alzheimer Res. 2008 Oct;5(5):438-47 (5)Antioxidants (Basel). 2021 Aug 6;10(8):1257. DOI: 10.3390/antiox10081257. PMID: 34439505; PMCID: … Continue reading Eine intranasale Insulin-Applikation verbessert die kognitiven Fähigkeiten bei der Alzheimer-Demenz. (6)Neurology. 2008 Feb 5;70(6):440-8. DOI: 10.1212/01.WNL.0000265401.62434.36. Epub 2007 Oct 17. … Continue reading Auch bei anderen stoffwechselbedingten Fehlfunktionen des Gehirns, wie bei einem altersbedingte oder postoperativ bedingtem Delir, kann eine intranasale Insulintherapie eine Funktionsverbesserung herbeiführen. (7)Am J Geriatr Psychiatry. 2021 Dec;29(12):1202-1211. DOI: 10.1016/j.jagp.2021.02.043. Epub 2021 Feb … Continue reading (8)BMJ Open. 2021 Oct 19;11(10):e050765. DOI: 10.1136/bmjopen-2021-050765. PMID: 34667006; PMCID: … Continue reading

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Verweise

Diabetes-Kompendium

Literatur[+]