Metastasen

Pankreastumor multiple Leberfiliae CT
Pankreastumor multiple Leberfiliae

Allgemeines


Metastasen sind Tochtergeschwülste eines primären bösartigen Tumors. Sie entstehen durch Verbreitung einzelner Krebszellen, die sich aus dem Verbund des „Primärtumors“ gelöst und sich über das Lymphsystem und/oder die Blutbahn in den Körper ausgebreitet haben. Sie können prinzipiell in allen Organen und Geweben entstehen. Tochtergeschwülste können wiederum Tumorzellen entlassen, die an weiteren Orten zu Metastasen führen, die manchmal als „Enkelgeschwülste“ bezeichnet werden. Solche Metastasen werden als „Fernmetastasen“ zusammengefasst.

Entstehung

Die Bildung von Metastasen eines Primärtumors lässt sich in verschiedene Teilschritte gliedern. Dies hat für die Tumorsuche wie für die Behandlung Konsequenzen.

Die Teilschritte: Tumorzellen lösen sich aus dem Zellverbund des Primärtumors, beginnen zu wandern bzw. sich auszubreiten. Sie gelangen in ein Gefäßsystem (Blutgefäße und/oder Lymphgefäße) und siedeln sich an einem anderen Ort im Körper ab. Dort beginnen sie, sich zu teilen und einen Zweittumor, eine Metastase, zu bilden.

Nachweis

Metastasen werden i. d. R. durch bildgebende Verfahren gesucht und gefunden.

Metastasierung

Bedeutung des lokal wirksamen Immunsystems: Die Progression eines lokal wachsenden in einen sich ausbreitenden Tumor macht ihn endgültig lebensbedrohlich. Sie wird durch verschiedene biologische Mechanismen gefördert bzw. gehemmt. Eine bedeutende Rolle spielt das lokal wirksame Immunsystem, zu dem auch invasive Tumor-assoziierte Neutrophile (TANs) gehören. Die genaue Identifizierung verschiedener TAN-Subpopulationen ermöglicht perspektivisch eine genaue therapeutische Ausrichtung. Ihr wird ein immenses Potenzial für die Entwicklung einer gezielten TAN-Immuntherapie zugesprochen 1.

Lymphogene Aussaat: Der erste Absiedlungsort von Metastasen bei lymphogener Aussaat (über das Lymphgefäßsystem) eines Primärtumors ist in der Regel der erste Lymphknoten; beim Mammakarzinom ist es der „Wächterlymphknoten“; beim Dickdarmkarzinom sind es die ersten Lymphknoten im Mesenterium (Gekröse des Darms).

Hämatogene Aussaat: Bei hämatogener Aussaat (über das Blut) kommen die ersten Metastasen oft dort zustande, wo sich die nächste Verjüngung der Blutgefäße zu Kapillaren oder Sinusoiden befindet.

Absiedlung und Gewebeaffinität: Die Absiedlung der „auf Reise“ gegangenen Krebszellen in anderen Organen und Geweben ist eine wesentliche Vorbedingung dafür, dass sie Ausgangspunkt einer Metastasenbildung werden können. Zur Entstehung von soliden Metastasen scheint eine besondere Affinität von bestimmten Krebszellarten zu bestimmten Organen oder Geweben zu bestehen. So siedeln sich viele Tumore vorzugsweise in den Lungen, in der Leber und/oder in den Knochen ab und seltener in der Haut oder den Nieren. Andere Tumorzellen siedeln sich auch in Gehirn oder Nebennieren ab, andere vorzugsweise im Knochen bzw. Knochenmark. Für manche Tumore gibt es typische Metastasierungsmuster (siehe jeweils dort).

Entstehung aus Schläferzellen

Metastasen können aus Schläferzellen entstehen, die aus dem Ursprungstumor ausgeschwärmt sind und sich in anderen Organen eingenistet haben. Sie können offenbar durch eine anhaltende Entzündung erweckt werden. Man kennt jetzt weitgehend die Zellen, Enzyme und Signalwege, die daran beteiligt sind. Das hat zu einem neuen Therapiekonzept geführt: Durch Antikörper (gegen „NET-remodelliertes Laminin“) lässt sich im Tierversuch das Erwachen solcher schlafenden Tumorzellen verhindern. 2

Ausbreitung im Schlaf

Brustkrebs metastasiert während des Schlafs. Die Dynamik der im Blut zirkulierenden Tumorzellen (CTC) wird durch die Schlüsselenzyme des zirkadianen Rhythmus (Melatonin, Testosteron, Glukokortikoide) bestimmt. Einzelzellanalysen der CTCs zeigen eine Hochregulation mitotischer Gene ausschließlich während der nächtlichen Ruhephase, nicht dagegen während der aktiven Tagphase. 3

Ausbreitung über extrazelluläre Vesikel

Extrazelluläre Vesikel (EVs: Mikrovesikel, die von Zellen ausgeschleust werden und der Zell-Zell-Kommunikation dienen) sind als Träger von speziellen Informationsmolekülen (inkl. RNA) identifiziert worden. Zellen eines Adenokarzinoms der Lungen beispielsweise tragen über ins Blut abgegebene EVs dazu bei, das Anwachsen von Metastasen in der Leber zu unterstützen, indem sie die Mikroumgebung dort verändern (Anregung von HGF, hepatocyte growth factor). 4

Mikrovesikel – Exosome

Lebermetastasen

Die Leber ist der erste Ort von Organmetastasen für Tumore des Magendarmtrakts (Magenkarzinom, Dickdarmkarzinom), der Gallenwege (Gallengangskarzinom, Gallenblasenkarzinom) und der Bauchspeicheldrüse (Pankreaskarzinom) (dazu siehe hier). Diese Tumore besiedeln die Leber über die Pfortader oder die Lymphverbindungen. Aber über die Arterie können auch Primärtumore aus anderen Körperregionen in der Leber Tochtergeschwülste absiedeln, so vor allem das nicht kleinzellige Lungenkarzinom (NSCLC).

Lungenmetastasen

Die Lunge ist erster Absiedlungsort viele Tumore, die nicht im Einzugsgebiet der Pfortader liegen; so beispielsweise für das obere Magenkarzinom (Cardiakarzinom), den Speiseröhrenkrebs (Osophaguskarzinom) oder das Schilddrüsenkarzinom. Hier siedeln sich jedoch auch Tumore ab, die von Lebertumoren stammen, seien es primäre Lebertumore, wie das hepatozelluläre Karzinom (HCC) oder das intrahepatische Gallenwegskarzinom, oder ausgehend von Lebermetastasen eines weiteren Primärtumors. Liegen bei einem Dickdarmkrebs Lebermetastasen vor und entwickeln sich bösartig erscheinende Lungenherde, so kann es sich um Fernmetastasen der Lebermetastasen handeln.

Knochenmetastasen

Knochentumore sind bei Erwachsenen i. d. R. durch Metastasen eines bösartigen Tumors bedingt. Häufigste Ursachen sind das Prostatakarzinom, das Magenkarzinom und das multiple Myelom.

Aggressivität

Je früher und vielfältiger ein Tumor metastasiert, desto aggressiver ist er. Die Zahl der im peripheren Blut nachweisbaren zirkulierenden Tumorzellen ist ein Hinweis auf die Aggressivität des Tumors (siehe hier).


→ Auf facebook informieren wir Sie über Neues und Interessantes!
→ Verwalten Sie Ihre Laborwerte mit der Labor-App Blutwerte PRO – mit Lexikonfunktion.


Verweise

Weiteres

  1. Front Immunol. 2024 Oct 4;15:1448818. doi: 10.3389/fimmu.2024.1448818[]
  2. Science. 2018 Sep 28;361(6409). pii: eaao4227. doi: 10.1126/science.aao4227.[]
  3. Nature . 2022 Jul;607(7917):156-162. doi: 10.1038/s41586-022-04875-y.[]
  4. iScience. 2022 Feb 24;25(3):103984. DOI: 10.1016/j.isci.2022.103984.[]