Latente Hyperthyreose (engl.: subclinical hyperthyroidism) bedeutet eine unterschwellige Überfunktion der Schilddrüse. Sie ist charakterisiert durch eine verminderte Serumkonzentration des Schilddrüsen-stimulierenden Hormons (TSH) und normale Serumkonzentrationen von Thyroxin (T4) und Triiodthyronin (T3). (1)JAMA. 2004 Jan 14;291(2):228-38
→ Zur Hyperthyreose siehe hier.
Inhaltsverzeichnis
Symptome
Meist verläuft eine latente Hyperthyreose symptomlos und wird nur durch Zufall erkannt. In wenigen Fällen kommt es zu gehäuften kardialen Symptomen mit einer Neigung zu einer Tachykardie (schneller Herzschlag) oder einer absoluten Arrhythmie. Auch kann eine erhöhte Bereitschaft zu Schweißneigung, Nervosität und innerer Unruhe vorliegen, die eine Diagnostik veranlassen. Die Symptome sind vieldeutig, sodass sie erst dann einer Schilddrüsenüberfunktion zugeordnet werden können, wenn eine ex-juvantibus-Behandlung zu einer Besserung führt.
Ursachen
Die Ursachen einer latenten Hyperthyreose können vielfältig sein.
Die häufigste Ursache ist eine Überdosierung mit Schilddrüsenhormonen bei der Behandlung einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) z. B. im Rahmen einer chronischen Schilddrüsenentzündung (Thyreoiditis) oder nach einer Schilddrüsenoperation.
Eine weitere relativ häufige Ursache ist eine hyperfunktionelle Schilddrüsenerkrankung, z. B. das Anfangsstadium einer Hashimoto-Thyreoiditis. Bei ihr finden sich Auffälligkeiten unter den Schilddrüsenwerten (leicht erhöhtes T4 bei noch normalem fT3, reaktive Unterdrückung von TSH), was zur Klärung der Ursache veranlasst.
Diagnostik
Die Diagnostik beruht zunächst auf einer Bestimmung der Schilddrüsenwerte TSH (erniedrigt, oft unter 0.1 mIU/l), fT3 und fT4 (noch normal).
Weiterführende Untersuchungen sind
- die Bestimmung von Schilddrüsenantikörpern (siehe hier) und
- eine Schilddrüsensonographie (Suche nach Knoten oder einer Vergrößerung).
Wenn ein Schilddrüsenknoten gefunden wird, kann eine Schilddrüsenszintigraphie entscheiden, ob er hormonell aktiv ist.
Die Diagnostik beinhaltet mögliche Auswirkungen einer latenten Hyperthyreose bezüglich einer Rhythmusstörung des Herzens. Ein Speicher-EKG kann ein erhöhtes Risiko eines Vorhofflimmerns erkennen lassen.
→ Zu den Schilddrüsenwerten siehe hier.
Latente Hyperthyreose und Herzrhythmus
Eine latente Hyperthyreose ist mit einem erhöhten Risiko eines Vorhofflimmerns assoziiert und sollte behandelt werden. In einer Studie wiesen 8,6 % von Menschen mit einer subklinischen Hyperthyreose (TSH 4.5 – 19.9 mIU/L, fT4 im Normbereich) in Kontrollen ein Vorhofflimmern auf. (2)Circulation. 2017 Nov 28;136(22):2100-2116. DOI: 10.1161/CIRCULATIONAHA.117.028753. Epub 2017 Oct … Continue reading
Auswirkung auf den Knochen
Eine latente Hyperthyreose kann bei langer Laufzeit zu einem langsamen Knochenabbau (Osteoporose) und einer erhöhten Frakturrate führen. Eine Auswertung von Studien zeigte, dass eine subklinische Hyperthyreose weder bei Frauen noch bei Männern einen Einfluss auf die Knochendichte der Lendenwirbelsäule hatte. Bei Frauen wurde jedoch eine Minderung am Schenkelhals festgestellt, bei Männern nicht. (3)Endocrine. 2020 Jul;69(1):39-48. doi: 10.1007/s12020-020-02259-8
Therapie
Bei einer iatrogenen (therapiebedingten) latenten Überfunktion reicht es meistens, die Schilddrüsenmedikation zu überprüfen und zu senken. Liegen andere Ursachen einer latenten Hyperthyreose vor, so kann die Therapie entsprechend differenzierter ausfallen (siehe hier).
Da sich eine latente Hyperthyreose von selbst normalisieren kann, kann es empfehlenswert sein, die Serum-TSH-, T3- und T4-Konzentrationen alle 3 bis 6 Monate zu überprüfen, und erst bei längerem Verlauf und einer gehäuften passageren Symptomatik eine Behandlung in Betracht zu ziehen. (4)Endocr Pract. 2021 Mar;27(3):254-260. doi: 10.1016/j.eprac.2021.02.002
Eine thyreostatische Behandlung wird für Patienten mit einem hohen Risiko für eine Osteoporose und für Herz-Kreislauf-Erkrankungen empfohlen. Dazu gehören Patienten über 65 Jahre oder mit einem anhaltenden Serum-TSH-Spiegel von weniger als 0,1 mIU/l. (5)JAMA. 2023 Oct 17;330(15):1472-1483
Latente Hyperthyreose in der Schwangerschaft
Eine Metaanalyse zeigte, dass eine subklinische Hyperthyreose in der Schwangerschaft statistisch keine negativen Folgen für Mutter und Kind hat. Es wird daher angeraten, eine unnötige Behandlung in der Schwangerschaft zu vermeiden. (6)Int J Endocrinol Metab. 2022 Jul 19;20(3):e120949. doi: 10.5812/ijem-120949.
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Verweise
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Literatur