Die fokale noduläre Hyperplasie (abgekürzt FNH) ist eine gutartige Wucherung in der Leber. Sie tritt in etwa 80 % der Fälle bei jungen Frauen im Reproduktionsalter auf. In der Regel ist sie Folge einer Hormonbehandlung mit Antikonzeptiva.
Das Wichtigste verständlich
Die FNH ist nach dem Leberhämangiom die zweithäufigste gutartige Raumforderung in der Leber (fokale Leberläsion). Ihr Häufigkeit liegt bei 0,9 %. 1
Bildgebende Verfahren sind in den meisten Fällen in der Lage, diese gutartige Raumforderung von bösartigen Tumoren (Metastasen, Leberkrebs, Gallengangskrebs) und dem gutartigen Leberadenom zu unterscheiden, sodass auf die Untersuchung einer Lebergewebsprobe (Leberhistologie) verzichtet werden kann. Die Behandlung besteht im Absetzen von Antikonzeptiva und einem abwartenden Beobachten durch regelmäßige Ultraschallkontrollen inkl. duplexsonographischen Kontrollen. Besonders große oder blutungsgefährdete FNHs können eine Indikation zu einer Operation darstellen. |
Entstehung
Die FNH ist eine gutartige Raumforderung in der Leber vorwiegend junger Frauen. Weibliche Sexualhormone (inkl. der Antikonzeptiva) werden verdächtigt, eine fördernde Rolle zu spielen. Jedoch nehmen FNH-Herde während einer Schwangerschaft mehrheitlich nicht an Größe zu 2. Dies wird nur in Einzelfällen beobachtet, sodass wahrscheinlich nur eine Untergruppe der FHN hormonsensitiv zu sein scheint. 3
In einzelnen Fällen wurde die Entstehung einer FNH in einer transplantierten Leber berichtet. Neu entdeckte FNH-Knoten können eine schwierige Differenzialdiagnose zu einem hepatozellulären Karzinom (HCC) darstellen. 4 5 6
Charakteristika
Die Leberzellen (Hepatozyten) in einem FNH-Knoten sind voll funktionsfähig. Da die Gallenkanälchen keinen Anschluss an das ableitende System der Gallenwege haben, kann die von ihnen gebildete Galle jedoch nicht abfließen; es entwickelt sich eine lokale Cholestase.
Die Durchblutung des Tumors erfolgt hauptsächlich über die Leberarterie (Arteria hepatica). Sie führt in der Kontrastmittelsonographie zu einer früheren Kontrastierung als das umgebende normale Lebergewebe, welches – zeitlich etwas versetzt – überwiegend über die Pfortader durchblutet wird. Im sequentiellen Kontrastmittel-CT oder in der Leber-MRI ist dieser Effekt darstellbar, was diagnostisch zur Bestätigung der Diagnose herangezogen werden kann. (Zur Anatomie der Leber siehe hier.)
Pathologie
Bei einer FNH finden sich folgende Charakteristika:
- eine besonders gute arterielle Durchblutung (Differenzialdiagnose zum Leberadenom mit homogener Durchblutung), die von dem Zentrum des Knotens ausgeht und eine (in bildgebenden Verfahren nachweisbare Radspeichenstruktur (s. u.)) aufweist,
- Leberzellen (Hepatozyten), die gallepflichtige Substanzen normal aufnehmen (im Gegensatz zu Zellen des Leberadenoms, die cholestatisch reagieren),
- Gallenwegsproliferate, die jedoch keinen Anschluss an die ableitenden Gallenwege haben, sodass sie nicht zur Gallebildung beitragen.
Symptomatik
Kleine und mittelgroße FNH’s sind in der Regel symptomlos. Meistens ist die FNH ein Zufallsbefund. Selten erreicht die Raumforderung eine solche Größe, dass sie Druck im Bauchraum auslöst. Ebenfalls können in seltenen Fällen große und an der Oberfläche der Leber gelegene FNH-Tumore spontan oder durch einen mechanischen Insult zu bluten beginnen. Die Blutung kann meistens ohne Operation durch eine katheterbasierte arterielle Embolisation gestillt werden. 7 8
Diagnostik
Bildgebende Verfahren spielen in der Diagnostik einer FNH eine führende Rolle. 9
- Die Duplexsonographie ist häufig bereits diagnoseweisend (siehe hier).
- Eine MRT-Untersuchung (Magnetresonanztomographie) hat eine noch höhere Spezifität und Sensitivität. Die FNH ist in T1-gewichteten Bildern iso- oder hypointens, in T2-gewichteten Bildern leicht hyper- oder isointens. In T2-gewichteten Bildern lässt sich eine hyperintense zentrale Narbe nachweisen. 10 11
- Eine Biopsie des Leberherds durch Sonographie-gestützte Punktion für die Histologie ist meist wegen des recht eindeutigen Befundes in der Bildgebung nicht erforderlich, kann aber im Zweifelsfall die Diagnose einer fokal nodulären Hyperplasie klären.
Duplexsonographie der Leber

In der normalen Sonographie der Leber imponiert eine Radspeichenstruktur mit zentraler Narbe und radiären Ausläufern.
In der Kontrastmittelsonographie ist das FNH-Gewebe bereits ab der früharteriellen Phase stark kontrastiert, was auf eine Hyperperfusion hinweist. Ähnlich aussagekräftig ist das MRI (magnetic resonance imaging) der Leber.
In der Duplexsonographie der Leber lässt sich manchmal ein zentrales arterielles Gefäß mit radiären Aussprossungen gut erkennen.
HIDA-SCAN (Szintigraphie)
Es finden sich folgende Befunde:
- in der Frühphase wegen der guten arteriellen Durchblutung eine rasche Markierung,
- in der Parenchymphase wegen der Aufnahme in die Leberzellen eine gleich gute Anfärbung wie das umgebende Lebergewebe,
- in der Spätphase ein Trapping (Zurückhalten) der Kontrastierung wegen der nicht an die ableitenden Gallenwege angeschlossenen Ductuli und damit fehlender biliärer Ausscheidung.
Differenzialdiagnostik
Als Differenzialdiagnosen kommen in Betracht:
- das Leberadenom: 12 Unterscheidung der fokal nodulären Hyperplasie vom Leberadenom durch 99mTc-HIDA-Scan, MRI und CT mit gallegängigem KM (wird von der FNH aufgenommen und verlängert gespeichert, vom Leberadenom dagegen nicht),
- das hepatozelluläre Karzinom: es wird auch arteriell versorgt und zeigt in der früharteriellen Phase eine Anreicherung des Kontrastmittels in der Duplexsonographie der Leber (siehe hier) sowie im MRI der Leber,
- das Hämangiom der Leber (nimmt keine Gallensäuren, kein HIDA und keine gallengängigen Kontrastmittel im CT und MRI auf),
- Lebermetastasen (nehmen keine Gallensäuren und kein HIDA auf).
- Fokale nodulare hyperplasie-ähnliche Läsionen (FNH-like lesions): Sie bereiten vor allem bei Patienten mit einer Leberzirrhose diagnostische Probleme und müssen von malignen Tumoren unterschieden werden. Sie können sich als hypervaskuläre Raumforderungen präsentieren und ein hepatozelluläres Karzinom (HCC) imitieren. Dopplersonographisch findet man eine arterielle Hypervaskularität und/oder ein verzögertes Auswaschen 13 14.
Therapie
Die Therapie einer FNH besteht im Absetzen der Antikonzeptiva und einem abwartenden Beobachten.
Eine FNH unter 5 cm Durchmesser wird i. d. R. nur beobachtet (z. B. Sonographie alle 6 Monate).
In seltenen Fällen einer starken Vergrößerung der Raumforderung kann ein Druckgefühl im Oberbauch oder eine Symptomatik durch Verdrängung von anatomischen Strukturen eine operative Resektion erforderlich machen.
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Verweise
Referenzen
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- Gastroenterology. 2000 Mar;118(3):560-4. DOI: 10.1016/s0016-5085(00)70262-9. [↩]
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- Liver Transpl. 2010 Jan;16(1):98-103. DOI: 10.1002/lt.21956. [↩]
- Eur Radiol. 2019 Sep;29(9):5101-5110. DOI: 10.1007/s00330-019-06030-0.[↩]
- Case Rep Transplant. 2020 Oct 2;2020:8824099. DOI: 10.1155/2020/8824099. [↩]
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- Visc Med. 2020 Aug;36(4):292-303. DOI: 10.1159/000509145.[↩]
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- J Gastrointest Surg. 2022 Jan 26. DOI: 10.1007/s11605-022-05246-8. Epub ahead of print. PMID: 35083725.[↩]
- J Gastroenterol Hepatol. 2011 Jun;26(6):1004-9[↩]
- Radiographics. 2022 Jul-Aug;42(4):1043-1061[↩]