Allgemeines
Der Charcot-Fuß ist eine schwerwiegende Komplikation des Diabetes mellitus mit Zusammenbruch des Fußgewölbes. Es ist Folge einer Charcot-Neuroarthropathie, der eine fehlerhafte Nervenversorgung der Fußgelenke und eine gestörte Mikrozirkulation des Fußes zugrunde liegt.
Entstehung
Der Charcot-Fuß wird verursacht durch eine krankhafte Fehlbelastung des Fußes, bei der das Fußgewölbe mit Knochen, Bändern und Gelenken der Gewichtsbelastung nicht mehr standhält und nachgibt. Die Fehlbelastung kommt zu einem großen Teil durch eine Störung der Nerven im Rahmen einer lange bestehenden Zuckerkrankheit zustande. Es handelt sich um eine diabetische Neuropathie mit der Folge einer „neuropathischen Osteoarthropathie“. Häufig haben Patienten mit einem Charcot-Fuß deutliches Übergewicht und eine diabetische Schädigung der kleinsten Blutgefäße (diabetische Mikroangiopathie), die zur Destruktion des Fußes erheblich beitragen.
Beim Charcot-Fuß kommen ursächlich verschiedene Faktoren eines diabetischen Spätsyndroms zusammen 1 2 3 :
- Führend ist eine Neuropathie mit mangelhafter Innervation der Fußmuskulatur.
- Eine Mikroangiopathie spielt eine Rolle.
- Zudem lassen sich entzündliche Vorgänge an den Knochen mit einer erhöhten Aktivität der Osteoklasten (knochenabbauende Zellen) und einem erhöhten Knochenumbau feststellen, die zu Deformierungen, Brüchen und Subluxationen führen. Folge ist der typische klinische Aspekt einer flachen Fußsohle ohne Fußgewölbe, im akuten Stadium verbunden mit einer entzündlichen Schwellung (Ödem) des Fußrückens.
Prädisposition
Der Charcot-Fuß tritt gehäuft bei Patienten mit einem Diabetes mellitus auf, insbesondere wenn sie aus anderen Gründen immunsuppressiv mit Glukokortikoiden behandelt werden.
Genetische Grundlage
In Assoziationsstudien fanden sich verschiedene genetische Polymorphismen mit einem erhöhten Risiko für die Charcot-Neuropathie und die Charcot-Arthropahie assoziiert. 4 5 Ein genetischer Polymorphismus von Osteoprotegerin (OPG-Gen) spielt bei der Entstehung eine besondere Rolle. 6
Klinischer Befund

Typisch ist ein flaches Fußgewölbe, im akuten Stadium verbunden mit einem Fußödem. Der Charcot-Fuß kann sehr schmerzhaft sein; allerdings kann der Schmerz durch die Neuropathie auch vermindert empfunden werden. Nicht zu selten entwickelt sich an der Fußsohle eines Charcot-Fußes ein tiefes Ulkus (Malum perforans), bei dem eine arterielle Minderversorgung eine Rolle spielt, die durch eine gleichzeitig bestehende diabetische Angiopathie bedingt ist.
Diagnostik
Das klinische Bild eines flachen Fußes ohne Fußgewölbe ist diagnoseweisend. Ein Röntgenbild zeigt je nach Ausprägung der knöchernen Veränderungen unterschiedlich schwere Veränderungen, so z. B. eine Dislokation des Tarsometatarsalgelenks oder auch einen Bruch von Talus oder Metatarsalia. Im MRT können entzündliche Prozesse erkannt werden.
Therapie
Die Behandlung besteht in einer Fußentlastung und einer Stärkung der Knochen. Wenn die Diagnose gestellt wird, sollte umgehend vorsorglich der Fuß entlastet werden, um einer Fraktur vorzubeugen. Die Entlastung sollte so lange erfolgen, bis eine Stabilisierung röntgenologisch nachweisbar ist. 7 8
Die Fußentlastung hat eine Stabilisierung des Fußgewölbes und eine Vorbeugung einer weiteren Fußdeformierung zum Ziel. Zur Vermeidung einer Immobilität ist ein Gehgips mit Fußentlastung sinnvoll. Der andere Fuß sollte dabei durch einseitige Belastung nicht gefährdet werden.
Es sind positive Erfahrungen mit Bisphosphonaten 9 oder Calcitonin 10 zur Knochenstärkung mitgeteilt worden. Intranasales Calcitonin hat dabei einen hohen Stellenwert erhalten.
Bei Knochenfrakturen und -deformierungen kann je nach Befund eine operative Stabilisierung indiziert sein. Nicht heilende Ulzerationen können zu einer Amputation zwingen. 1
Operative Eingriffe wie Debridement mit einfacher Exostektomie, Arthrodese mit oder ohne interne oder externe Fixation und eine Weichteilrekonstruktion kommen in schwerwiegenden Fällen infrage und haben akzeptable Erfolge 11.
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Verweise
Weiteres
- J Diabetes Res. 2016;2016:3207043.[↩][↩]
- Acta Diabetol. 2021 Apr;58(4):475-484. DOI: 10.1007/s00592-020-01638-x[↩]
- Diabetes Res Clin Pract. 2020 Aug;166:108337. doi: 10.1016/j.diabres.2020.108337[↩]
- Acta Diabetol. 2021 Apr;58(4):475-484. DOI: 10.1007/s00592-020-01638-x[↩]
- Sci Rep. 2017 Mar 29;7(1):501. DOI: 10.1038/s41598-017-00563-4[↩]
- J. Diabetes Metab. Disord. 2018;17:287–296. doi: 10.1007/s40200-018-0372-4[↩]
- Am Fam Physician. 2018 May 1;97(9):594-599. PMID: 29763252.[↩]
- Clin Podiatr Med Surg. 2022 Oct;39(4):585-594. doi: 10.1016/j.cpm.2022.05.005[↩]
- World J Diabetes. 2018 Jul 15;9(7):115-126. doi: 10.4239/wjd.v9.i7.115.[↩]
- Diabetes Care. 2006 Jun;29(6):1392-4[↩]
- J Wound Care. 2020 Jun 1;29(Sup6):S19-S28. doi: 10.12968/jowc.2020.29.Sup6.S19[↩]