Der Knochen

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Der Knochen ist das Stützskelett des Körpers. Es unterliegt einem ständigen Umbau, der sich nach den Belastungsanforderungen richtet. Wesentliche Faktoren, die ein belastungsstabiles Skelett entwickeln lassen, sind körperliche Aktivität und Vitamin D.

Erkrankungen von Knochen, Gelenken und der Wirbelsäule


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Knochenphysiologie

Der Knochen übt im Körper drei Hauptfunktionen aus:

  • Er stabilisiert als Innenskelett die Körperform und ermöglicht zusammen mit den Gelenken die Fortbewegung.
  • Er dient als Reservoir für das im Blut befindliche Kalzium, dessen Konzentration durch ein Hormonsystem fein reguliert wird. Daran hauptsächlich beteiligt sind Vitamin D, Parathormon und Calcitonin.
  • Er beherbergt die Blutbildung im Knochenmark.

Im Knochen existieren drei Hauptzelltypen:

  • die Osteozyten: sie sind am Knochenstoffwechsel beteiligt und regeln durch Bildung von Sclerostin das Gleichgewicht von Knochenaufbau und Knochenabbau.
  • die Osteoblasten: sie bauen den Knochen auf,
  • die Osteoklasten: sie schmelzen Knochen ein.

Die Regulation von Knochenwachstum und Regulation der Homöostase (Gleichgewicht von Auf- und Abbau) ist außerordentlich komplex. An ihr haben verschiedene Hormone (Kisspeptin, Neuropeptid Y, Follikel-stimulierendes Hormon (FSH), Prolaktin (PRL), adrenocorticotropes Hormon (ACTH), Schilddrüsen-stimulierendes Hormon (TSH), Wachstumshormon (GH), Leptin und Adiponektin) Anteil. (1)Int J Mol Sci. 2023 Apr 6;24(7):6840. doi: 10.3390/ijms24076840.

Osteocalcin: Osteocalcin wird von Osteoblasten vor allem in der Wachstumsphase (Pubertät) produziert. Es ist ein Knochenmatrixprotein, das spezifisch für den Knochenstoffwechsel ist und nicht durch metabolische Knochenstörungen beeinflusst wird. Osteocalcin kann in gewissem Maße als ein Marker des Knochenumsatzes bei physiologischen und pathologischen Zuständen verwendet werden; als alleiniger Marker eignet er sich nur beschränkt. (2)Front Pediatr. 2021 Aug 24;9:610227. doi: 10.3389/fped.2021.610227.

Die Stabilität des Knochens wird durch seinen Kalksalzgehalt (im wesentlichen Kalziumphosphat, Hydroxyapatit) und durch die Knochenstruktur mit der außen liegenden Compacta und dem innen liegenden Trabekelsystem bestimmt. Die Trabekel ordnen sich bei besonderen Belastungen entlang von Hauptdrucklinien, den Trajektorien, an. Besonders eindrucksvoll ist dies am Oberschenkelhals zu erkennen. Ändern sich die Belastungsverhältnisse, kommt es zu einem Knochenumbau, der den neuen Drucklinien optimal entspricht. Der Knochen ist daher in ständigem Umbau. Bei hoher körperlicher Aktivität wird die Stabilität erhöht, was insbesondere in der Jugend von großer Bedeutung ist.

Die Knochendichte, die bis zum Alter von etwa 18 Jahren erreicht ist, bestimmt bis ins Alter hinein die Knochenfestigkeit. Die Knochendichte wird durch ständigen An- und Abbau von Knochenmaterial reguliert.

Der Knochenumbau: Der Knochen ist in ständigem Umbau begriffen, so dass sich die Knochenbälkchen je nach Belastung optimal anordnen können. Es entstehen an besonders belasteten Stellen “Trajektorien”, die besonderen Druck aufnehmen können, besonders gut erkennbar am Trochanter des Oberschenkelknochens.

Die Knochenbildung wird beeinflusst durch den lokalen pH und durch die Sauerstoffversorgung (Sauerstoffspannung im Gewebe) (3)Arnett TR. Arch Biochem Biophys. 2010 Jul 23. [Epub ahead of print]. Eine Azidose hemmt die Mineralisierung des Knochens durch Osteoblasten und fördert die Resorption durch Osteoklasten. Eine Sauerstoffunterversorgung hemmt die die Knochenbildung durch Hemmung der Osteoblasten. Gleichzeitig fördert sie den Knochenabbau durch Stimulierung der Osteoklasten. Diese Zusammenhänge erklären die schlechte Knochenheilung im Alter und bei Krankheiten mit schlechter Extremitätendurchblutung, so beim Diabetes mellitus, bei Lungenkrankheiten und bei kongestiven Herzkranheiten.

Knochenstoffwechsel bei Übergewicht: Leptin beeinflusst den Knochenstoffwechsel auf komplexe Weise. Übergewichtige postmenopausale Frauen mit erhöhtem Leptin im Blut und Leptin-Resistenz haben beispielsweise ein nur geringes Osteoporoserisiko. Einer der Wege verläuft über den Hypothalamus, wo Leptin primär angreift, der über Neuropeptide und den Sympathicus mit Knochenzellen in Kontakt steht (4)Arch Biochem Biophys. 2008 May 15;473(2):231-6 (5)Physiol Res. 2008;57 Suppl 1:S143-51 (6)J Mol Endocrinol. 2010 Oct;45(4):175-81. doi: 10.1677/JME-10-0015.

Die Knochenzellen

Am Knochenstoffwechsel sind drei Zelltypen beteiligt, die Osteoblasten, die Osteoklasten und die Osteozyten. Die Osteoblasten produzieren die Knochenmatrix und die Osteozyten dienen vermutlich der Umwandlung von mechanischer Belastung in biochemische Signale, die zur Umformung des Knochens (Remodeling) entsprechend der Druckbelastung führen.

Die Osteoklasten sind spezialisiert auf den Knochenabbau. Sie werden durch Hormone der Nebenschilddrüse reguliert: Parathormon aktiviert sie, und Calcitonin hemmt sie.

Osteozyten als Mechanosensoren

Die Osteozyten entstehen aus Osteoblasten. Zu ihren Funktionen gehört die Regulation der Knochenmineralisation über Kalziumsensoren, und sie fungieren offenbar als Mechanosensoren. Ihre Zellfortsätze, die in Knochenkanälchen verlaufen, vermögen einer Hypothese entsprechend Dehnungen wahrzunehmen und in biochemische Signale umzuwandeln: Die Osteozyten bilden Sklerostin, welches die Knochenbildung unterdrückt. Die Produktion von Sclerostin und damit sein hemmender Einfluss auf die Knochenbildung wird durch mechanische Belastung des Knochens vermindert. (7)J Biol Chem. 2008 Feb 29;283(9):5866-75 Auf diese Weise sind die Osteozyten wahrscheinlich entscheidend am Knochen-Remodeling beteiligt. (8)Sci Signal. 2009 Apr 28;2(68):pt3

Knochenwachstum

Das Knochenwachstum geht von der Knorpel-Knochen-Grenzschicht aus. Es wird komplex reguliert. Vom Perichondrium und Periost gehen offenbar lösliche Inhibitoren aus, die das Knochenwachstum modulieren. (9)J Orthop Res. 2011 Jan;29(1):84-91. doi: 10.1002/jor.21224

Osteocalcin ist ein hochspezifischer Marker für Knochenwachstum. (10)Int J Adolesc Med Health. 2002 Jul-Sep;14(3):235-44

Knochenheilung

Der erste bedeutende Schritt bei der Heilung von Knochenfrakturen ist die Kallusbildung, dem ein Kallus-Remodeling folgt.

Abnahme der Knochendichte

Die Physiologie der Abnahme der Knochendichte und Entwicklung einer Osteoporose mit dem Alter wird durch die Alterung der Osteoblasten und eine Abnahme der Sexualhormone erklärt; speziell der Östrogenmangel ist von ausschlaggebender Bedeutung – offenbar nicht nur bei Frauen sondern auch bei Männern. Wenn ein Knochenabbau vor dem senium auftritt spielen ein Hyperparathyreoidismus oder ein Vitamin-D-Mangel die Hauptrolle. (11)Radiol Clin North Am. 2010 May;48(3):483-95

Absiedlung von Tumoren im Knochen

Krebszellen des Mammakarzinoms siedeln bevorzugt im Knochen ab. Eine Erklärung dafür liegt wahrscheinlich darin, dass sie im Knochen eine entzündliche Reaktion hervorrufen, die für ihre Absiedlung günstig ist. (12)Radiol Clin North Am. 2010 May;48(3):483-95 Osteoblasten sind die Hauptquelle entzündlicher Zytokine in der Mikroumgebung ossärer Metastasen des Mammakarzinoms. (13) J Cell Biochem. 2010 Dec 1;111(5):1138-48. doi: 10.1002/jcb.22799 Metastasierende Brustkrebszellen nutzen Zytokine von Osteoblasten (wie IL-6, MCP-1, VEGF, MIP-2 und KC), um ihre Kolonisierung in der Knochenmikroumgebung zu erleichtern. (14)J Cell Biochem. 2010 Dec 1;111(5):1138-48. doi: 10.1002/jcb.22799

Rolle von Vitamin D

Vitamin D steigert die Wirksamkeit der Kalziumabsorption im Darm. In den letzten Jahrzehnten wurden jedoch auch Vitamin-D-Rezeptoren in vielen anderen Geweben als Knochen und Dünndarm gefunden, so beispielsweise beispielsweise in T-Helferzellen, Makrophagen, der Prostata, dem Gehirn und anderen Geweben. Studien zeigten, dass Vitamin D mit oder ohne Kalzium die Knochenfestigkeit stärkt und bei älteren Menschen die Häufigkeit von Hüft- und/oder nichtvertebralen Frakturen um 20 bis 30 % reduziert. (15)Curr Rheumatol Rep. 2008 Apr;10(2):110-7. DOI: 10.1007/s11926-008-0020-y

Vitamin D

Therapeutische Beeinflussung des Knochenstoffwechsels

Osteoporose

Bisphosphonate hemmen die Aktivität der Osteoklasten zu etwa 50%. Sie werden zur Knochenstabilisierung bei der Osteoporose eingesetzt. Ein neues Polybisphosphonat (ODX) hat zudem eine Apoptose-induzierende Fähigkeit, die zur Behandlung von Knochenmetastasen günstig zu sein scheint. (16)Int J Oncol. 2010 Sep;37(3):563-7

Die postmenopausale Osteoporose kommt durch Östrogenmangel zustande. Grundlage ist eine vermehrte Osteoklastenaktivität, die bei Knochenbrüchen auch den Heilungsprozess verzögert. Da Östrogene mangeln, hat man lange Zeit eine Prophylaxe der postmenopausalen Osteoporose durch Substitution von Östrogenen (meist als Kombination mit einem Progesteronpräparat) durchgeführt. Davor ist man jedoch abgekommen, da Östrogene das Brustkrebsrisiko erhöhen. Heute werden hauptsächlich Bisphosphonate zur Prophylaxe und Therapie verwendet.

Eine neue und sehr effektive Möglichkeit, den osteoporotischen Knochen zu stärken, besteht in der Hemmung der den Knochen abbauenden Osteoklasten. (siehe hier).

→ Mehr zur Osteoporose siehe hier.
→ Mehr zur Osteoporose-Therapie siehe hier.

Ossäre Metastasen

Von den malignen Tumoren metastasieren das Mammakarzinom, das Prostatakarzinom und maligne Lungentumore vorzugsweise in die Knochen. Die osteolytische Aktivität von Brustkrebs und Lungenkrebs scheint durch die Hochregulation des RANKL/OPG-Systems (nuclear factor-kappaB ligand (RANKL)/osteoprotegerin (OPG) system) und Osteopontin (OPN) zustande zu kommen; Prostatakrebs wirkt anscheinend ausschließlich über OPG, wodurch bevorzugt osteoblastische Metastasen zustande kommen. (17)Acta Oncol. 2007;46(2):221-9

Mammakarzinom: Bisphosphonate vermögen bei ossären Metastasen des Mammakarzinoms nicht nur die Chemotherapie-assoziierte Osteoporose zu unterdrücken, sondern verlängern auch die Lebenserwartung. (18)Oncology (Williston Park). 2010 May;24(6):462-7, 475 Inzwischen werden jedoch selektive Östrogenrezeptor Modulatoren (SERMs) entwickelt, die sowohl die Osteoporose verhindern als auch das Brustkrebsrisiko senken können. (19)Maturitas. 2008 Jun 20;60(2):92-107 Eine aussichtsreiche Substanz ist Raloxifen; allerdings ist mit einem möglicherweise erhöhten Thrombembolierisiko zu rechnen.

Prostatakarzinom: Ossäre Metastasen des Prostatakarzinoms sind nicht nur osteolytisch sondern häufig osteoblastisch. Auch bei den osteoblastischen Metastasen finden sich Hinweise auf eine vermehrte Osteoklastenaktivität. Die Antiandrogentherapie führt zu einer Verstärkung des Knochenabbaus. Von pathophysiologischer Bedeutung ist zudem RANKL (receptor activator of nuclear factor kappa-B ligand), ein Mediator der Osteoklastendifferenzierung und -aktivierung. Dieser Mediator kann durch Denosumab, einen humanen monoklonalen Antikörper, inaktiviert werden, was therapeutisch beim ossär metastasierenden Prostatakarzinom ausgenutzt werden kann: es kommt zu einer Erhöhung der Knocherdichte und einer Reduktion von Wirbelkörperfrakturen. (20)N Engl J Med. 2009 Aug 20;361(8):745-55 Auch das Bisphosphonat Zolendronsäure vermindert das Risiko von Knochenfrakturen. (21)Prostate Cancer Prostatic Dis. 2010 Mar;13(1):20-7


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Verweise

 

 

Literatur[+]