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Allgemeines
Die Autoimmunpankreatitis (AIP) ist eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse, die durch Selbstangriff des Immunsystems ausgelöst und unterhalten wird. Sie ist oft mit anderen Autoimmunkrankheiten assoziiert und verläuft primär chronisch (von vorneherein langwierig). Zwei Typen sind zu unterscheiden, beide reagieren gut auf Kortikosteroide. Der Typ 1 neigt im Gegensatz zum Typ 2 zum Wiederaufflammen und reagiert auch gut auf Rituximab als Induktions- und Langzeittherapie. (1)Int J Mol Sci. 2022 Oct 21;23(20):12667. DOI: 10.3390/ijms232012667
Oft wird die Autoimmunpankreatitis als AIP abgekürzt. Zu beachten ist, dass AIP auch als Abkürzung für die akut intermittierende Porphyrie verwendet wird.
Das Wichtigste verständlich
Kurzgefasst |
Die Autoimmunpankreatitis (AIP) ist eine seltene Bauchspeicheldrüsenentzündung, die durch den Angriff des körpereigenen Immunsystems zustande kommt und unterhalten wird. Sie kann zusammen mit anderen Autoimmunkrankheiten und narbig verlaufenden Krankheiten auftreten und verläuft chronisch. Es werden zwei Typen unterschieden. Der Typ 1 betrifft eher Erwachsene, der Typ 2 bereits Kinder und Jugendliche.
Diagnostik: Die Erkrankung kommt dann ins Blickfeld,
Folgende Untersuchungen können zur Klärung beitragen: Ultraschalluntersuchung (Verdickung des Organs), Elektrophorese (breitbasiger Gamma-Globulin-Peak), Immunglobuline (IgG4 bei Typ1 erhöht, nicht bei Typ 2). Im Zweifel kann die Untersuchung einer Gewebeprobe (Punktion der Bauchspeicheldrüse) unter dem Mikroskop die Diagnose bestätigen. Sie muss sicher von anderen Formen einer Pankreatitis abgegrenzt werden, denn davon hängt die Art der Therapie ab. Therapie: Die Behandlung beruht auf dem Einsatz von Kortisonpräparaten. Meist werden sie mit Medikamenten kombiniert, die das Immunsystem beeinflussen und Kortison einsparen helfen (wie Azathioprin). In schwierigen Fällen kann Rituximab (ein therapeutischer Antikörper gegen Immunzellen) erfolgreich sein. |
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Epidemiologie
Männer sind etwa gleich häufig betroffen wie Frauen; das mittlere Erkrankungsalter liegt zwischen 50 und 60 Jahren.
Entstehung
Bei etwa 2% der chronischen Pankreatitiden liegt ein autoimmuner Selbstangriff vor. Bei der AIP Typ 1 können auch andere Autoimmunkrankheiten (Leber, Schilddrüsen, Nieren etc.) assoziiert sein. Es besteht eine Neigung zur Fibrosebildung (Narbenbildung), die sich auch an anderen mitbetroffenen Organen manifestiert. Diese Erkrankungen werden zu den IgG4-assoziierten Erkrankungen zusammengefasst: z. B. die sklerosierende Cholangitis, die Sialadenitis (Miculicz-Syndrom, Entzündung einer Speicheldrüse), das Sjögren-Syndrom und die retoperitoneale Fibrose (Morbus Ormond)). Es wird angenommen, dass auch die AIP Typ 1 eine pankreatische Manifestation dieser systemischen immunkomplexvermittelten fibrosierenden Systemkrankheit ist, die durch IgG4 vermittelt wird. (2)Am J Surg Pathol. 2006 Dec;30(12):1537-45 (3)J Gastroenterol. 2006 Jul;41(7):613-25
Heute wird einer Dysbiose der Darmbakterien eine zentrale Rolle bei der Entstehung zugeschrieben. Produkte von kommensalen Mikrobiota, wie Butyrat, stimulieren M2-Makrophagen und aktivieren plasmazytoide dendritische Zellen (pDCs), was tierexperimentell eine AIP auslösen kann. (4)Int. Immunol. 2019;31:795–809. doi: 10.1093/intimm/dxz050. Der Keim Klebsiella pneumoniae spielt dabei offenbar eine Rolle; unter wirksamer Kortikosteroidbehandlung wurde sein Verschwinden beobachtet. (5)Clin. Exp. Immunol. 2020;202:308–320
Typen
Es werden 2 Typen der Autoimmunpankreatitis unterschieden.
Neben dem häufigeren lymphoplasmazellulären Typ 1 (siehe hier) gibt es einen selteneren granulozytären Typ 2. (6)J Gastroenterol. 2006 Jul;41(7):613-25
- Typ 1: “lymphoplasmazytische sklerosierende Pankreatitis” (autoimmune pancreatitis, AIP); typisch ist der erhöhte IgG4-Spiegel und eine Infiltration der Bauchspeicheldrüse mit IgG4-positiven Plasmazellen. Nach gutem therapeutischen Ansprechen gibt es häufig Relapse. Der Typ 1 betrifft überwiegend männliche Erwachsene, führt zu einer sklerosierenden (vernarbenden) Pankreatitis mit oft tumorartiger Organvergrößerung. Er spricht gut auf Kortisonpräparate und Rituximab an. Zu diesem Typ siehe hier.
- Typ 2: “idiopathische gangzentrierte chronische Pankreatitis” (idiopathic duct-centric chronic pancreatitis (IDCP)); seltener; typisch im histologischen Bild ist die die fokale granulozytäre Entzündung der Pankreasgänge mit Epitheldefekten und mit segmentalen Erweiterungen durch Abflussstörungen. Der Typ 2 betrifft eher Heranwachsende und Kinder. Es besteht eine Assoziation mit einer chronisch entzündlichen Darmkrankheit.
→ Differenzierung der Typen 1 und 2 siehe hier.
Diagnostik
Folgende Kriterien führen zur Diagnose:
- akute Pankreatitis ohne ersichtliche Ursache,
- Assoziation mit anderen Autoimmunphänomenen (Gelenkaffektionen, Autoimmunhepatitis, Thyreoiditis etc.),
- erhöhter breitbasiger gamma-Globulin-Peak in der Elektrophorese,
- Serum-IgG4-Spiegel: bei Typ 1 erhöht, bei Typ 2 nicht erhöht,
- sonographisch “wurstförmige” Verdickung des Organs mit homogenem, relativ echoarmem Parenchym, ggf. Bestätigung durch andere bildgebende Verfahren(CT, PET, NMR),
- ggf. Ausschluss eines Pankreastumors,
- im Zweifel Probepunktion von Pankreasgewebe: histologisch beim Typ 1 lymphoplasmazelluläre Infiltration mit Fibrosierungsneigung, IgG4-positive Plasmazellinfiltration (7)Mod Pathol. 2007 Jan;20(1):23-8, beim Typ 2 granulozytäre Entzündung und Epithelzelldefekte der Ausführgänge.
- Antikörper gegen Carboanhydrase II und Lactoferrin. (8)J Gastroenterol. 2007 Jan;42 Suppl 17:66-71
- gutes Ansprechen beider Typen auf Glukokortikoide.
Die Diagnostik umfasst auch die Assoziation der Pankreatitis mit anderen IgG4-assoziierten Krankheiten, so mit einer IgG4-assoziierten Cholangitis oder einem Mikulicz-Syndrom (siehe hier).
Differenzialdiagnosen
- andere Formen einer akuten oder chronischen Pankreatitis, z. B.
- eine IgG4-Pankreatitis oder
- eine eosinophile Pankreatitis,
- Pankreaskarzinom: Bei einer Verengung des distalen Gallenausführgangs (Ductus choledochus) durch eine Pankreaskopfvergrößerung muss ein Pankreaskarzinom ausgeschlossen werden.
- Eine pseudotumoröse Pankreatitis kann ebenso die Ursache sein und auch eine Gelbsucht hervorrufen. (9)Dig Dis Sci. 2017 Jul;62(7):1762-1769. DOI: 10.1007/s10620-017-4541-y (10)Cureus. 2022 Feb 4;14(2):e21900. DOI: 10.7759/cureus.21900.
Therapie
Kortikosteroide: Beide Typen der AIP reagieren i.d.R. prompt auf Kortisonpräparate. Das prompte Ansprechen bestätigt die Diagnose. (11)Int J Mol Sci. 2019;21(1):257. Published 2019 Dec 30. doi:10.3390/ijms21010257
Immunmodulatoren: Beim Typ 1 treten – im Gegensatz zum Typ 2 – häufig Relapse (Wiederaufflammen) auf. Daher wurde eine Vorbeugung mit einem Immunmodulator empfohlen (z. B. Azathioprin, 6-Mercaptopurin oder Mycophenolat-Mofetil). (12)Gastroenterology. 2015 Jul;149(1):39-51. doi: 10.1053/j.gastro.2015.03.010. Eine Langzeittherapie mit niedrig dosierten Kortikosteroiden führte in einer Studie zu einer Remission in über 3/4 der Studienteilnehmer mit AIH. (13)Gut. 2017 Mar;66(3):487-494. doi: 10.1136/gutjnl-2016-312049.
Rituximab bewährt sich zur initialen Therapie und Vorbeugung von Relapsen (Wiederauftreten) beim Typ 1. (14)PLoS One. 2017 Sep 15;12(9):e0183844. doi: 10.1371/journal.pone.0183844. Es unterdrückt das Immunsystem über eine B-Lymphozyten-Hemmung. Nach zwei RTX-Dosen (jeweils 1000 mg) erreichten 97 % der Patienten ein über 6 Monate anhaltendes Ansprechen. (15)J. Clin. Med. 2021;10:1329. doi: 10.3390/jcm10061329 (16)Pancreas. 2021;50:1363–1367. In einer retrospektiven Studie zeigten alle 43 Patienten unter Langzeit-Rituximab ein klinisches, biologisches und morphologisches Ansprechen sowie einen tiefen und anhaltenden Abfall der Serum-IgG4-Spiegel. Die PET-Signale verschwanden. Während der Nachbeobachtungszeit trat kein Rückfall auf. (17)Pancreas. 2022 May 1;51(5):452-462. DOI: 10.1097/MPA.0000000000002048
Der Anti-CD19-Antikörper Inebilizumab ist effektiv bei der Behandlung von einigen IgG4-vermittelten Krankheiten, wie der Neuromyelitis optica. Eine Wirksamkeit bei der Typ-1-Immunpankreatitis wird angenommen. (18)Int J Mol Sci. 2022 Oct 21;23(20):12667. DOI: 10.3390/ijms232012667
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Verweise
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Literatur