Oligoanurie

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Als Oligoanurie wird eine Abnahme des Harnvolumens bezeichnet:

  • bei der Oligurie auf unter 500 ml/Tag,
  • bei der Anurie auf unter 100 ml/Tag.

Sie führt zu einer Retention von ausscheidungspflichtigen Substanzen im Körper und bei längerer Dauer zu einer Nierenvergiftung (Urämie). Es kann eine  überbrückende oder dauerhafte Dialyse notwendig werden.

Ursachen, Differenzialdiagnosen

Ursache einer Oligoanurie kann ein Abflusshindernis des Urins oder eine Störung der Urinproduktion sein.

  • Abflusshindernis:
    • auf Höhe der Harnleiter (Ureter): Da die Nieren eine hohe Reservekapazität aufweisen, führt eine einseitige Unterbrechung der Leitung des Urins über den Harnleiter (Ureter) zur Harnblase noch nicht zu einer Oligoanurie; auch steigen die Nierenwerte noch nicht an, sofern die andere Niere gesund ist. Eine beidseitige Einengung der Ureteren (z. B. im Rahmen eines Morbus Ormond) kann dagegen zu einem Harnstau in den Nierenbecken (Harnstauungsniere, Hydronephrose) und einer postrenalen Niereninsuffizienz führen. Auch kann ein Blasentumor, der beide Uretereinmündungen verlegt, einen beidseitigen Harnstau und eine Hydronephrose bedingen.
    • auf Höhe der Blase: Ein Tumor am Blasenausgang kann beispielsweise zu einer Oligurie oder Anurie mit Harnstau führen.
    • auf Höhe der Harnröhre (Urethra): Am häufigsten führt in diesem Bereich eine Vergrößerung der Prostata zu einer Blasenentleerungsstörung mit Harnverhalt und Oligurie oder Anurie. Eine chronische Entleerungsstörung führt zu einer großen „Balkenblase“.
  • Verminderte Urinproduktion:
    • Renale Ursache: eine Nierenerkrankung mit Störung der Urinproduktion (z. B. Glomerulonephritis, chronisch degenerative Nierenkrankheit)
    • Prärenale Ursache: die Urinproduktion wird eingeschränkt bei vermindertem zirkulierenden Blutvolumen (mangelhafte Flüssigkeitszufuhr), Hypotonie oder einer Durchblutungsstörung der Nieren (z. B. Nierenvenenthrombose, Nierenarterienembolie)

Reflexanurie

Ein kontrovers diskutiertes Konzept betrifft die praktisch vollständige Einschränkung der Urinproduktion aufgrund einer Reizung oder Verletzung einer Niere oder ihres Harnleiters oder wegen starker anderweitiger innerer Schmerzen. Das Phänomen wurde lange übersehen. Als Ursache werden reflektorische spastische Reaktionen der Arteriolen der Nieren und der Ureteren (Harnleiter) angenommen. Tierversuche bestätigen neurovaskuläre Reflexe.  (1)Int Urol Nephrol. 2014 Feb;46(2):323-8. DOI: 10.1007/s11255-013-0541-9 Auch beim Menschen wurde eine Reflexanurie durch Manipulationen am Ureter (retrograde Pyelographie) (2)Intern Med. 2020 Jan 15;59(2):241-245. DOI: 10.2169/internalmedicine.3069-19  (3)Can Urol Assoc J. 2021 Jul;15(7):E380-E382. doi: 10.5489/cuaj.7036, nach einer Hysterektomie (4)Saudi J Kidney Dis Transpl. 2009 Jan;20(1):120-3 und durch eine intraperitoneale Chemotherapie unter Hyperthermie beschrieben. Im Fall einer spastischen Verengung der Ureteren, bei der sich eine Hydronephrose aufstaut, kann eine Drainage den Abfluss und die Urinproduktion wiederherstellen. (5)Cureus. 2021 Dec 8;13(12):e20269. doi: 10.7759/cureus.20269 

Folgen

Mit einer erheblichen Einschränkung der Urinausscheidung geht eine Erhöhung der Nierenparameter im Blut einher. Toxische Substanzen können nicht mehr oder nicht mehr ausreichend ausgeschieden werden. Es kommt zu einer Nierenvergiftung (Urämie). Mit einer Urämie assoziiert ist eine Bewusstseinseintrübung (Somnolenz bis Coma uraemicum) und ein zunehmender Juckreiz.

Diagnostik

Folgende Untersuchungen führen meist zu einer raschen Klärung:

  • Messung der Urinmenge, im Zweifelsfall über Katheterisierung und stündlichen Messung der Urinmenge.
  • Sonographie der Blase, der Prostata und der Nieren: Harnstau? Wenn nein, ist von einer renalen oder prärenalen Ursache auszugehen.
  • Feststellung einer Überwässerung: Halsvenenstauung? Im Zweifelsfall Messung des zentralen Venendrucks in der Vena cava durch einen Katheter (ZVD).
  • Bestimmung der Nierenwerte, insbesondere des Kreatinins.
  • Im Fall eines Harnstaus: Ergänzung der Ursachensuche (z. B. Tumor?) und Klärung einer eventuellen Operationsindikation durch Computertomographie oder MRT (wenn Kontrastmittel verwendet wird, muss es durch anschließende Dialyse wieder entfernt werden).

Therapie

Die Behandlung richtet sich nach der Ursache (s. o.).


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Verweise

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