Auskultation der Lunge

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Allgemeines

Die Auskultation der Lunge („Abhorchen der Lunge“) ist eine klinische Untersuchungsmethode. Sie dient der Klärung der Art der Belüftung beim Atmen in den verschiedenen Lungenabschnitten und kann Auskunft geben über die Lungen, die Atemwege und indirekt auch über die Herzfunktion. Die Methode ist durch die Erfindung des Stethoskops durch Laennec 1819 möglich geworden (1)Am J Cardiol. 2009 Sep 1;104(5):743-4. DOI: 10.1016/j.amjcard.2009.06.053. und hat sich zu einem wertvollen diagnostischen Werkzeug entwickelt.

Untersuchung

Anleitung zur Auskultation der Lunge: Patienten aufrecht sitzen lassen, um die Untersuchung zu vereinfachen, möglichst an der Bettkante. Die Arme werden nach vorne genommen, damit das Schulterblatt seitlich wegrotiert. Der Patient soll durch den offenen Mund tief ein- und ausatmen. Auskultationspunkte rechts und links systematisch überall. Es werden vergleichbare Stellen auf beiden Lungenflügeln verglichen.


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Atemgeräusch

Das Atemgeräusch entsteht durch turbulente Luftströmungen in den zentralen Atemwegen, d. h. tracheal und bronchial. Weiter peripher wird die Strömung laminar und damit nicht hörbar. Da die zentralen Luftwege in den oberen Lungenabschnitten näher an der Thoraxwand liegen, ist die Bronchialatmung dort etwas verstärkt gegenüber der Vesikuläratmung in den unteren Lungenanschnitten hörbar. Alle krankhaften Prozesse, welche Schallentstehung und Schallleitung beeinflussen, bedingen ein verändertes Atemgeräusch.

Weitere klinische Untersuchungsmethoden sind die Prüfung einer Bronchophonie und des Stimmfremitus.

Aussagekraft

Die Untersuchungsmethode ist recht verlässlich, wenn es darum geht, bedeutende pathologische Lungenbefunde festzustellen. Eine Untersuchung von Patienten einer Intensivstation mit respiratorischem Distress-Syndrom (ARDS) ergab: eine diagnostische Genauigkeit von 61 % für den Pleuraerguss, 36 % für die alveoläre Konsolidierung und 55 % für das alveolar-interstitielle Syndrom. Im Vergleich dazu hatte eine bettseitige Röntgenaufnahme folgende Ergebnisse: diagnostische Genauigkeit von 47 % für Pleuraergüsse, 75 % für alveoläre Konsolidierung und 72 % für alveolar-interstitielles Syndrom. (2)Anesthesiology. 2004 Jan;100(1):9-15. DOI: 10.1097/00000542-200401000-00006.

Befunde

Folgende Befund sind bei einer Auskultation der Lunge erhebbar:

Bronchialatmung

Im Gegensatz zur Vesikuläratmung (s. u.), die nur beim Einatmen (Inspiration) hörbar ist, ist das Bronchialatmen in Inspiration und Exspiration vorhanden, aber ohne Überlagerung durch das Vesikuläratmen nur in der Exspiration hörbar.

Die Bronchialatmung besteht aus einem zentralen, niederfrequenten und lauten Atemgeräusch. Es wird  durch eine turbulente Luftströmung erzeugt. Direkt über der Trachea (sternal und interskapulär) ist das Geräusch normalerweise hörbar; in der Lungenperipherie dagegen wegen Überlagerung durch das Vesikuläratmen nicht. Ist Bronchialatmen dort im Inspirium hörbar, ist es immer pathologisch.

Bei einer Verdichtung des Lungengewebes im Rahmen beispielsweise eine Pneumonie (weniger schalldämpfende Luft) ergeben sich bessere Fortleitungsbedingungen der Bronchialatmung: Es wird besser hörbar, während das Vesikuläratmen geringer wird.

Vorkommen

Geringere Distanz zwischen Bronchien und Thoraxwand

  • Fibrose
  • Bronchiektase

Konsolidierung des Gewebes:

  • Pneumonie
  • Atelektase

Vesikuläratmung

Die Vesikuläratmung ist ein peripheres hochfrequentes Atemgeräusch als physiologischer Auskultationsbefund. Es entsteht durch periphere Dämpfung des zentralen Atemgeräuschs sowie durch die Wirbelbildung der Luft bei Eintritt in die Lungenvesikel bei der Einatmung. An der Lungenbasis ist es ausgeprägter als apikal, da sich dort die Lunge mehr entfaltet.

Die Namensgebung ist irreführend, da historisch das Atemgeräusch auf eine Schwingung der Alveolarmembran zurückgeführt wurde. Daher wird manchmal der Ausdruck „peripheres Atemgeräusch“ dem der „Vesikuläratmung” vorgezogen.

Gemischtes Atemgeräusch

Der Übergang zwischen beiden Atemformen ist fließend und subjektiv. Je nachdem, welcher Atemtyp dominiert, spricht man von vesikobronchialer oder bronchovesikulärer Atmung. Beim Kind liegt eine geringere Distanz zwischen den zentralen Luftwegen und der Thoraxwand vor, was ein physiologisches vesikobronchiales Atemgeräusch verursacht.

Verstärktes Atemgeräusch

Bei der Auskultation der Lunge kann ein verstärktes Atemgeräusch auffallen. Folgende Ursachen können vorliegen:

Abnorme Schallentstehung

  • Hyperventilation: Erhöhte inspiratorische Strömungsgeschwindigkeit bedingt verstärkte zentrale Schallerzeugung und eine turbulente Strömung weiter distal als bei Eupnoe.
  • Bronchitis: Entzündlichen Veränderungen der Schleimhaut führen zu zusätzlichen Turbulenzen der Luftströmung.
  • Bronchiale Stenosen (z. B. tumorbedingt): Zusätzliche Strömungsturbulenzen und erhöhte -geschwindigkeiten.

Abnorme Schallleitung

  • Infiltration (Pneumonie, Atelektase im Oberlappen): Verminderte Schalldämpfung durch Konsolidation des Gewebes.
  • Atelektase im Oberlappen: Der Schall wird durch Verschluss des Bronchus nicht direkt, sondern durch die benachbarte Trachea übertragen. Atelektasen im Unterlappen dagegen verursachen ein vermindertes Atemgeräusch.

Abgeschwächtes Atemgeräusch

Bei der Auskultation der Lunge kann ein abgeschwächtes Atemgeräusch auffallen. Folgende Ursachen können vorliegen:

Abnorme Schallentstehung

  • Hypoventilation: Erniedrigte inspiratorische Strömungsgeschwindigkeit

Abnorme Schallleitung

  • Überblähung (Emphysem, Asthma bronchiale): Intrapulmonale Dämpfung durch vermehrten Luftgehalt
  • Pneumothorax: Maximale Dämpfung durch Luft. Zusätzliche Schallreflexionen am Übergang Lunge-Luft und Luft-Pleura. Verminderte Schallentstehung durch Kollaps der Lunge.
  • Pleuraprozesse (Pleuraerguss, Pleuraschwarte): Verstärkte Reflexion des Schalls an der Pleura.
  • Adipositas: Periphere Dämpfung durch Fettgewebe der Brustwand
  • Atelektase im Unterlappen: Der Schall kann durch Bronchusverschluss nicht auf atelektatischen Lungenbezirk übertragen werden und ist dort abgeschwächt.

Smartphone-assistierte Lungenauskultation

Eine Smartphone-assistierte Auskultation (mit Fernübertragung) wurde während der COVID-19-Pandemie zur Eindämmung einer Ansteckung getestet („digital auscultation“) und auf telemedizinische Tauglichkeit geprüft. Eine comutersierte Auswertung der Geräusche sollte mit derjenigen menschlicher Beurteilung verglichen werden. Die Ergebnisse sind laut den Autoren erfolgversprechend und zukunftsweisend. (3)Sensors (Basel). 2021 Jul 20;21(14):4931. DOI: 10.3390/s21144931

Verweise

Literatur[+]