STOP Kinderarbeit und Kinderhandel

Aus fast allen Ländern der Erde wird von Kinderarbeit und Kinderhandel (Child Trafficking) berichtet. Kinder werden vor allem zur Kinderarbeit, aber auch zum Betteln, Klauen, Drogenhandel und zu sexuellen Zwecken benutzt und ausgebeutet. Betroffen sind vor allem Kinder aus Ländern der dritten Welt. Aber auch reiche Industrieländer profitieren von Kinderarbeit durch Einkauf billiger Ware aus Ländern der Dritten Welt. Kinderarbeit trifft damit auch hier ins Herz einer auf Moral und Humanität gegründeten Gesellschaft. In Deutschland steht Kinderhandel nach §236 StGB unter Strafe. Kinderarbeit auf eigenem Boden ist ebenfalls verboten; ihre indirekte Förderung durch den Handel gehört geächtet. Dies ist das Ziel der Initiativen der UNICEF und vieler kirchlicher und privater Hilfsinitiativen.

Kinderarbeit und Kinderhandel: Folgen für die Kinder

Kinderarbeit und Kinderhandel hat einschneidende Folgen für die Entwicklung des Kindes. Einige Kinder stumpfen ab, arrangieren sich mit den Gegebenheiten, oder werden krank. Einige Kinder entwickeln ein posttraumatisches Belastungssyndrom, das sie meist das gesamte Leben begleitet. Es ist durch ständige Angst, die Vermeidung angstauslösender Situationen, Schlaflosigkeit, Übernervosität und Schreckhaftigkeit charakterisiert. Die Stimmungslage kann dauerhaft depressiv umschlagen und zu Selbstmordabsichten führen. Medikamenten-, Drogen- und Alkoholabusus sind häufige Konsequenzen. Auch entwickeln sich gehäuft chronische Schmerzsyndrome (z. B. Kopfschmerzen, Fibromyalgie). Die Moralvorstellungen der Kinder reifen nicht normal und begünstigen abnormes Verhalten, das oft ins kriminelle Milieu führt.

Vernachlässigung im Kindesalter kann anhaltende neuropsychiatrische Konsequenzen haben. Dies hat eine Studie festgestellt, die Kinder aus menschlich unbetreuten Kinderheimen in Rumänien nach ihrer Adoption in Englische Familien nachverfolgte. Überdurchschnittlich viele von ihnen (aber nicht alle) behielten neuropsychiatrische Defekte, wie Aufmerksamkeitsdefizit, Überaktivität, mangelndes soziales Engagement und Autismus (1)The Lancet, Volume 389, No. 10078, p1539–1548, 15 April 2017 DOI: … Continue reading.

Kinder- und Jugendschutz im Gesetzestext

In den reichen Industrieländern wie in Deutschland sind Kinder- und Jugendschutz gesetzlich verankert. Verstöße werden verfolgt und geahndet.

In Deutschland wird zwischen erzieherischem und strukturellem Jugendschutz unterschieden, der in verschiedenen Gesetzen geregelt ist. Es gelten die Kinderarbeitsschutzverordnung (KindArbSchV), das Jugendschutzgesetz (JuSchG), das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) und der Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunkt und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, JMStV).

Das deutsche Jugendschutzgesetz (JuSchG) definiert Kinder als Personen unter 14 Jahren und Jugendliche als Personen von 14 bis unter 18 Jahren. Zum Schutz von Kindern und Jugendlichen gelten eine Reihe gesetzlicher Vorschriften. In §7 wird geregelt: „Geht von … einem Gewerbebetrieb eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen aus, so kann die Behörde anordnen, dass der Veranstalter oder Gewerbetreibende Kindern und Jugendlichen die Anwesenheit nicht gestatten darf.“ In §8 wird geregelt: „Hält sich ein Kind oder eine jugendliche Person an einem Ort auf, an dem ihm oder ihr eine unmittelbare Gefahr für das körperliche, geistige oder seelische Wohl droht, so hat die zuständige Behörde oder Stelle die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu treffen….“

Die Kinderarbeitsschutzverordnung regelt:

  • (1) Die Beschäftigung von Kindern (§2 Abs. 1) ist verboten.
  • (2 und 3) Das Verbot des Absatzes 1 gilt nicht für … (Ausnahmen, z. B.: Therapie, Praktika, richterliche Weisung, Arbeit Jugendlicher in Ferien (zeitlich begrenzt).

Das Gesetz zum Schutz der arbeitenden Jugend regelt die Arbeitsbedingungen detailliert (z. B. Arbeitszeit und Freizeit, Berufsschule, außerbetriebliche Ausbildungsmaßnahmen, Ruhepausen, Urlaub etc).

Initiativen der ILO zur Bekämpfung der Kinderarbeit

Trotz der in reichen Industrieländern (wie Deutschland) strengen Vorschriften zum Schutz von Kindern und Jugendlichen ist die kriminelle Ausnutzung von Kindern und Jugendlichen ein offenbar blühendes und sehr einträgliches Geschäft. Unabhängig von der verborgenen Sklavenhaltung von Kindern und Jugendlichen im eigenen Land gibt es eine mehr oder weniger indirekte Unterstützung von Kinder- und Jugendlichenarbeit in Ländern der Dritten Welt, beispielsweise durch unreflektierten Kauf von Waren, die durch Kinderarbeit hergestellt werden, oder durch Sextourismus.

Die den Vereinten Nationen angegliederte Internationale Arbeitsorganisation (The International Labour Organization (ILO)) definiert Kinderarbeit als Arbeit, welche Kinder (unter 18 Jahre) ihrer Würde beraubt und ihrer körperlichen, seelischen und moralischen Entwicklung schadet.

Die ILO schätzt in einer Veröffentlichung 2013, dass weltweit 168 Millionen Kinder arbeiten: „The new estimates presented in this Report indicate that 168 million children worldwide are in child labour, accounting for almost 11 per cent of the child population as a whole” (siehe hier). Die höchsten Raten von Kinderarbeit finden sich laut der ILO im asiatischen, lateinamerikalischen, karibischen und pazifischen Raum sowie in der Subsaharazone, wo mehr als 1/5 aller Kinder arbeiten.

Initiativen der UNICEF

Die Vereinten Nationen haben auf Veranlassung der UNICEF 1989 die Konvention über die Rechte des Kindes verabschiedet. In ihr wird u. a. der Schutz vor Missbrauch, soziale Sicherheit, Erziehung und Bildung hervorgehoben. Die Paragraphen 32 bis 36 befassen sich mit Kinderarbeit, Schutz vor Drogenmissbrauch und sexuellem Missbrauch sowie vor Kinderhandel.

Die UN-Kinderrechtskonvention spricht jedem Kind das Recht auf Leben, Bildung und Schutz vor Gewalt zu (siehe hier) und fordert: »Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten innerstaatlichen, zweiseitigen und mehrseitigen Maßnahmen, um die Entführung und den Verkauf von Kindern sowie den Handel mit Kindern zu irgendeinem Zweck und in irgendeiner Form zu verhindern« (siehe hier).

Die UNICEF (United Nations International Children’s Emergency Fund) schätzt, dass weltweit 5,5 Millionen Kinder Opfer von Zwangsarbeit und Kinderhandel, moderner Formen der Sklaverei, sind. Kinder sind damit inhumanen Bedingungen, Vernachlässigung, schlechter Ernährung und Hygiene sowie physischer, seelischer und sexueller Gewalt ausgesetzt. Die UNICEF hat daher in mehr als 150 Ländern Aktionen gegen Kinderhandel gestartet (siehe hier). Zu Initiativen von UNICEF in Deutschland zum Schutz von Kindern vor Ausbeutung und Gewalt (siehe hier).

Eine der Initiativen, die UNICEF unterstützt, ist Fair Trade: Arbeiter sollen fair bezahlt werden, an der Gesundheitsversorgung teilhaben, sichere Arbeitsbedingungen bekommen und an Tarifverhandlungen beteiligt werden.

Informationen der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, FRA

Die European Union Agency for Fundamental Rights (Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, FRA) hat im Juli 2009 einen Bericht zum „Kinderhandel in der Europäischen Union“ herausgegeben. Es wird darin festgestellt, dass tragfähige Statistiken dazu nicht verfügbar sind, aber dass „das Verschwinden von Kindern aus Heimen und ähnlichen Einrichtungen ein weit verbreitetes Phänomen“ ist. Es wird herausgestellt, dass Artikel 5 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausdrücklich den Menschenhandel verbietet, und dass in Artikel 24 der Grundsatz verankert ist, dass das Wohl des Kindes stets eine vorrangige Erwägung sein muss. Es werden die Rahmenbeschlüsse des Europäischen Rates zur Bekämpfung des Menschenhandels und zur sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornographie dargestellt. Es wird auf mehrere Initiativen der Europäischen Union zur Bekämpfung des Menschenhandels, wie STOP (daher ist STOP auch Teil des Titels unserer Seite), DAPHNE und AENEAS, hingewiesen.

„Derzeit sind Verurteilungen von Kinderhändlern in den EU-Mitgliedstaaten relativ selten, und oft werden die Opfer des Kinderhandels nicht einmal als solche identifiziert. Die geltenden EU-Rechtsvorschriften zur Bekämpfung des Menschenhandels müssen daher novelliert und ergänzt werden, um dafür zu sorgen, dass alle Mitgliedstaaten über wirksamere Rechtsvorschriften verfügen. … Daher schlägt die Agentur vor, den Schutz und die Betreuung der Opfer des Kinderhandels (Lebensbedingungen, Bildung, Gesundheitsversorgung, Suche nach Familienangehörigen) für alle Mitgliedstaaten verpflichtend vorzuschreiben. Die Opfer des Kinderhandels sollten auf angemessene Unterstützung durch einen gesetzlichen Vormund mit geeignetem beruflichen Hintergrund vertrauen dürfen und ausreichend Zeit haben, um eine persönliche Beziehung zu diesem Vormund aufzubauen. … In diesem Zusammenhang begrüßt die Agentur den jüngsten Vorschlag der Europäischen Kommission für einen Rahmenbeschluss des Rates zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz von Opfern (KOM(2009) 136)“ (Zitat aus der FRA-Broschüre).

Die Europäischen Initiativen zur Bekämpfung von Menschenhandel sind hier zusammengefasst.

Nichtstaatliche Initiativen gegen Kinderarmut und Kinderhandel

Wesentlich für den bisherigen und weiteren Erfolg der Kampagnen gegen Kinderarbeit und den damit zusammenhängenden Kinderhandel sind staatliche, gemeinnützige und private Initiativen, die die Problematik in die Öffentlichkeit tragen. Ein zentraler Punkt dabei ist die Entwicklung und Durchsetzung von Alternativen zur Kinderarbeit in Regionen, in denen Armut die Hauptursache für Kinderarbeit ist.

Zu den Organisationen und Initiativen, die sich gegen Kinderausbeutung und Kinderhandel engagieren, gehören (Auswahl):

Kinderhandel in Presse und Film

Die Presse greift immer wieder Kinderhandel als Thema auf, um es im Bewusstsein der Leser wach zu halten: Beispiele sind:

Filme zum Thema Kinderhandel und Kinderarbeit

Der ARD-Film „Operation Zucker“, der im Januar 2013 ausgestrahlt wurde und Kinderhandel und Kinderprostitution thematisiert, hat eine große Öffentlichkeit erreicht, sodass dieses Thema auch als Problem in einem reichen Industrieland wie Deutschland erkennbar wurde. Der Film hat in der Kategorie “Fernsehfilm” den internationalen Wettbewerb beim “Banff World Media Festival” in Kanada gewonnen.

Weitere Auswahl von Filmdokumentationen:

Erfolge des Kampfs gegen Kinderarbeit

Internationale Aktionen gegen Kinderarbeit zeigen erste Erfolge. Innerhalb der letzten 12 Jahre ist die Zahl der Kinder in Kinderarbeit um 78 Millionen (etwa ein Drittel) zurückgegangen, diejenige von Kindern in gefährlicher Arbeit um über die Hälfte. Die Erfolge sind vor allem im asiatischen und pazifischen Raum erzielt worden. Eine Aufschlüsselung der ökonomischen und sozialen Hintergründe sowie des Alters und Geschlechts der betroffenen Kinder wird durch die ILO (s. o.) präsentiert.

Bedeutung internationaler Konventionen

Wesentliche Gründe für die Abnahme der Kinderarbeit ist die in vielen Ländern inzwischen erfolgte Ratifizierung der ILO-Konvention Nr. 182 über die Ächtung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit und des Kinderhandels sowie der Kinderprostitution und die zunehmende Akzeptanz der Konvention Nr. 138 über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung (siehe hier).

Thema 2014 auch durch das Nobelpreiskommittee hervorgehoben

Mit der Verleihung des Friedensnobelpreises 2014 an die Kinderrechtsaktivisten Malala Yousafzai und Kailash Satyarthi hat das Nobelpreiskomitee die Bedeutung des Themas der Kinderausbeutung und -unterdrückung weltweit ins Bewusstsein gehoben (siehe hier).

Der Weltkindertag erinnert an die Kinderrechte

Der von den United Nations propagierte Weltkindertag am 20. November (2)World Childrens Day soll an die Kinderrechte (3)UN-Kinderrechtskonvention 1989 erinnern: Kinder haben das Recht auf menschenwürdiges Leben, zu spielen, in das soziale Leben eingebunden zu sein, lernen u können, sich frei von Gewalt zu entwickeln und auf ein offenes Ohr: “Every child has the right to survive and thrive, to be educated, to be free from violence and abuse, to participate and to be heard.”(Ban Ki-moon).

Verweise

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


 

Literatur[+]