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Das Wichtigste verständlich
Die bakterielle Cholangitis (eitrige Cholangitis) ist eine Entzündung der Gallenwege, die durch Bakterien ausgelöst und unterhalten wird. Sie ist häufig mit Gallensteinen oder einem Tumor im Bereich der Gallenwege assoziiert. Die Entzündung verläuft meist hochakut. Eine sofortige antibiotische Therapie und eine interventionelle Ableitung der Galle sind die ersten und wichtigsten therapeutischen Maßnahmen. (1)J Hepatobiliary Pancreat Sci. 2018 Jan;25(1):31-40. doi: 10.1002/jhbp.509.
Auslöser ist in der Regel ein Gallestau (Cholestase). Bakterien besiedeln die Gallenwege in der Regel vom Zwölffingerdarm her. Es kommt zu einer rasch aufflammenden, hoch fieberhaften Entzündung mit stark schmerzhafter akuter Leberschwellung (Kapselspannungsschmerz). Die bakterielle Cholangitis ist in der Regel eine hochakute und wegen der Gefahr einer Sepsis lebensbedrohliche Erkrankung, die rasch diagnostiziert und einer Therapie zugeführt werden muss. Häufige Ursachen des zugrunde liegenden Gallestaus sind Gallensteine oder ein Tumor, der den Galleabfluss verhindert. Diagnostisch spielen die Ultraschalluntersuchung von Leber und Gallenwegen und die MRCP eine führende Rolle. Therapeutisch ist eine Wiederherstellung des Galleabflusses durch Steinextraktion (siehe hier), Stenteinlage oder Drainage nach außen (durch eine PTD) die erste Maßnahme. (2)J Visc Surg. 2019 Dec;156(6):515-525. DOI: 10.1016/j.jviscsurg.2019.05.007 |
Entstehung
Eine bakterielle Cholangitis entwickelt sich, wenn 2 Bedingungen zusammenkommen:
- Stase der Galle. Ursachen sind meist Gallensteine oder ein Tumor.
- Infektion der Galle. Häufigste Keime sind
Aerobier: E. coli, Klebsiellen, Streptococcus faecalis;
Anaerobier: Pseudomonas, Bacteroides fragilis.
Mögliche Infektionswege:
- Aszension aus dem Duodenum in den Ductus choledochus (am häufigsten)
- Durchtritt aus dem Pfortaderblut durch die Leberzellen in die Galle
- Übertritt aus dem Duodenum über die Lymphgefäße in die Galle
- Deszension aus chronisch infizierter Gallenblase in den Ductus choledochus
- Sepsis, bakterielle Infektion über die A. hepatica
- Stase der Galle durch Gangobstruktion
Die Refluxcholangitis ist eine bakterielle Infektion der Gallenwege, die durch eine Undichtigkeit des Verschlusses zwischen Gallenausführgang (Ductus choledochus) und Zwölffingerdarm (Duodenum) zustande kommt. Dies ist meistens der Fall nach einer Papillotomie inkl. Spincterotomie (Methode, die zur Steinextraktion angewendet wird). Hierbei besteht keine Cholestase, und die Cholangitis ist nicht hoch akut. Aber es können sich intrahepatisch Eiterherde (Abszesse) und bei chronischem Verlauf eine Leberzirrhose bilden. (3)Eur J Clin Microbiol Infect Dis. 2022 Aug;41(8):1139-1143. DOI: 10.1007/s10096-022-04468-7.
Klinik
Die akute bakterielle Cholangitis ist gekennzeichnet durch die „Charcot-Trias“:
- Fieber (>38 °C); intermittierend, manchmal mit Schüttelfrost (65%)
- Ikterus (ca. 70%)
- Schmerzen am rechten Rippenbogen (bedingt durch den “Leberkapselspannungsschmerz“, Differentialdiagnosen siehe Bauchschmerzen)
Diagnostik
Führend ist das klinische Bild der Charcot-Trias mit Schmerz, Fieber und Gelbsucht. Sie löst eine sofortige Diagnostik mit Blutabnahme und Ultraschalluntersuchung des Oberbauchs aus.
Labor
- Leukozytose: ca. 15.000/µl, aber auch stärker ausgeprägt
- Bilirubin i.S.: leicht erhöht (2 – 5 mg %)
- alkalische Phosphatase i.S.: > 3x
- gamma-GT i. S.: > 3x
- GOT (ASAT), GPT (ALAT): gering erhöht
- Amylase i.S.: normal (2/3 der Fälle), erhöht (1/3 der Fälle)
- Blutkulturen (bei Fieber, Bakteriämie)
→ Zu Laborwerten bei Leberkrankheiten siehe hier.
Sonographie
Die Ultraschalluntersuchung ist die wichtigste technische Untersuchung zu Beginn der Diagnostik und dient dem Nachweis einer Erweiterung der Gallenwege (obstruktive Cholestase). In vielen Fällen erbringt sie den Nachweis von Gallensteinen als Ursache des Abflusshindernisses der Galle (Cholelithiasis). In diese Beziehung sind der endoskopische Ultraschall und die MRCP sensitiver.
MRCP
Die MRCP (Darstellung der Gallenwege durch Magnetresonanztomographie) ist eine sehr sensitiveMethode, um einen Gallestau und seine Ursache (meist ein Gallenstein oder Tumor) nachzuweisen.
→ MRCP
Computertomographie
Sie ist weiter verbreitet als die Magnetresonanztomographie und dient ebenfalls der Diagnostik einer obstruktiven Cholestase und ihrer Ursache.
→ Computertomographie (CT) der Leber
Diagnosealgorithmus
Die klinische Diagnose steht im Vordergrund. Das Labor unterstützt die Diagnose. Ein Erregernachweis sollte versucht werden (Blutkultur, Gallegewinung bei der ERCP), ist aber nicht immer möglich. Sonographie und ERCP dienen zur Klärung der Ursache. Die ERC kann zudem therapeutisch genutzt werden, wenn ein Abflusshindernis der Galle vorliegt. Denn im gleichen Arbeitsgang kann ein mögliches Abflusshindernis behoben werden. Ein in Gang gebrachter Galleabfluss ist die beste Voraussetzung für eine rasche Beschwerdefreiheit.
Differenzialdiagnosen
- akute Cholezystitis
Murphy-Zeichen, ausgeprägtere, stärker lokalisierte Oberbauchschmerzen, sonographisch verdickte Gallenblasenwand. Eine akute Cholecystitis kann eine akute Cholangitis komplizieren.
- akute Hepatitis
Transaminasenerhöhung dauert länger an, Klärung durch ERCP, rekurrierende pyogene Cholangiopathie (= orientalische Cholangiohepatitis), eine Leukozytose fehlt meist.
Weitere Differenzialdiagnosen der Oberbauchschmerzen siehe hier.
Komplikationen
Folgende Komplikationen einer eitrigen Cholangitis sind zu gewärtigen und bei Diagnostik und Verlaufskontrolle zu berücksichtigen:
- intrahepatischer Abszess (Mikroabszesse sind sonographisch oft nicht nachzuweisen)
- Sepsis
- akutes Nierenversagen
Therapie
- Antibiotika (sofort, ohne das Ergebnis der Blutkulturen abzuwarten), Cephalosporine der dritten Generation decken die häufigste Keime ab.
- Sicherung des Galleabflusses: Wenn ein Gallenstein zum Gallestau geführt hat, ist eine ERC (endoskopisch retrograde Cholangiographie) mit endoskopischer Papillotomie und Steinextraktion die wichtigste Maßnahme. Ist ein Tumor (z. B. ein Pankreaskopfkarzinom oder ein Papillenkarzinom) die Ursache, kann über die endoskopische Technik eine Gallendrainage (z. B durch die Einlage eines Stents) gelegt werden. Misslingt dies, kann eine Drainage durch eine perkutane Technik (PTD) erfolgen.
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Verweise
Literatur