Enterohepatischer Kreislauf

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Enterohepatischer Kreislauf (engl.: enterohepatic circulation, EHC) bedeutet Kreislauf von Substanzen vom Darmkanal (entero) zur Leber (hepatisch) und über die Galle wieder zurück zum Darm. Die einzelnen Prozesse beinhalten: Resorption über die Darmschleimhaut – Transport über die Blutbahn zur Leber – Aufnahme in die Leberzellen über die sinusseitige Zellmembran und Ausscheidung über die kanalikuläre Membran in die Galle, die wiederum in den Darmkanal gelangt. Die meisten dieser Transportprozesse verbrauchen Energie.

Substanzen

Verschiedene Substanzen unterliegen einem solchen enterohepatischen Kreislauf. Klassisches Beispiel sind die Gallensäuren. Aber auch Medikamente, wie Digitoxin, ein herzwirksames Medikament aus der Gruppe der Digitalisglykoside, und Cholesterin durchlaufen einen ausgeprägten enterohepatischen Kreislauf.

Eine Reihe anderer Moleküle unterliegen ebenfalls einem enterohepatischen Kreislauf, jedoch in weitaus geringerem Umfang; so z. B. auch Bilirubin. Steigt die Reabsorption von Bilirubin, so kann es zur Bildung schwarzer Gallensteine (Bilirubinatsteine) kommen.

Biologischer Zweck

Der Körper leistet sich den enterohepatischen Kreislauf einer Substanz mit seinen energieaufwändigen Transportschritten in der Regel dann, wenn er in der Bilanz einen Vorteil davon hat. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die zirkulierende Substanz „selten“, aber besonders wichtig ist, oder wenn die Neusynthese der Substanz mehr Energie kostet als ihre Wiedergewinnung. Dies gilt beispielsweise für die Gallensäuren. Das galt möglicherweise auch für Cholesterin, solange sich die Vorfahren des Menschen überwiegend pflanzlich ernährten. Heute ist der Sinn der Reabsorption von Cholesterin durch das überreiche Angebot mit der Nahrung infrage gestellt.

Genetische Varianten

Wenn in der Leber ein Transportmechanismus als genetischen Gründen vermindert aktiv ist oder ausfällt, beispielsweise das kanalikulär lokalisierte „Multidrug resistance-associated Protein“ (MRP2), so kommt es zur Cholestase mit Ansammlung der auszuscheidenden Substanz in der Leberzelle und im Blut. In der Folge kann ein exportierendes Transportprotein an der basolateralen Seite der Zelle (MRP3), das normalerweise still ist, aktiviert werden. (1)Clin Pharmacokinet. 2002;41(10):751-90. DOI: 10.2165/00003088-200241100-00005. PMID: 12162761.

Bedeutung eines EHC für die Wirkung von Medikamenten

Wenn ein Medikament mehrere Peaks (Gipfelkonzentrationen) in der Plasmakonzentration aufweist, liegt die Annahme nahe, dass es einem enterohepatischen Kreislauf unterliegt. Die Wirksamkeit solcher Medikamente genau vorherzusagen, ist schwierig, wenn die an ihm beteiligten Organe (Leber und Darm) erkrankt oder funktionsgestört sind. Zudem muss der Einfluss der Nierenfunktion in vielen Fällen mitberücksichtigt werden. Dies wurde am Beispiel von Cimetidin genauer untersucht und durchgerechnet. (2)J Pharm Sci. 1980 Apr; 69(4):394-8 (3)J Pharm Sci. 1985 Feb; 74(2):227-8 Es wurde auch für andere Medikamente ein multipler Peakverlauf festgestellt (4)J Pharmacokinet Pharmacodyn. 2014 Aug;41(4):363-73. doi: 10.1007/s10928-014-9371-3. Epub 2014 Jul … Continue reading Mathematische Modelle sollen den Wirkverlauf besser beurteilen lassen. Ein ausgeprägter EHC eines Medikaments bedeutet eine hohe Bioverfügbarkeit. (5)Sci Rep. 2021 Mar 11;11(1):5794. DOI: 10.1038/s41598-021-85174-w. PMID: 33707635; PMCID: … Continue reading


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Verweise

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