E-Zigaretten

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E-Zigaretten (elektronische Zigaretten, engl.: electronic cigarettes (ECs), oder besser: electronic nicotine delivery systems (ENDS)) sind elektronische Systeme zur Vernebelung nikotinhaltiger Flüssigkeit für die Inhalation. Die Auswirkungen dieser Inhalationsmethode werden kontrovers diskutiert und unterschiedlich bewertet.

Argumente von Befürwortern und Kritikern

Befürworter betonen, dass giftige Teerstoffe im Aerosol der E-Zigaretten fehlen und somit die Inhalation verträglicher und weniger gesundheitsschädigend ist, als von echten Zigaretten und dass E-Zigaretten dazu dienen können, vom Rauchen loszukommen; und sie verweisen auf die angeblich reduzierte Brandgefahr. Sie fordern, dass die Apparatur als Mittel, in großem Stil bei der Raucherentwöhnung in der Bevölkerung eine Rolle zu spielen, erschwinglich genug sein müsse.

E-Zigarette mit Behälter für die nikotinhaltige Flüssigkeit und die Batterie, darüber die Kammer für die Verdampfung zur Aerosolbildung und das Mundstück

Kritiker weisen darauf hin, dass Nikotin selbst suchterzeugend und schädlich ist, und dass der Beweis für ein Sucht reduzierendes Potenzial in gesellschaftlich bedeutsamem Maßstab fehle; es würde nicht ein Entweder-oder-Gebrauch von E-Zigaretten und echten Zigaretten sondern in hohem Maße ein Sowohl-als-auch vorherrschen; “Dual-User” seiner in der Mehrzahl. Und ein „Weniger“ an echten Zigaretten reduziert bei dualen Rauchern nicht das kardiovaskuläre Risiko und das Krebsrisiko der weiter gerauchten echten Zigaretten. E-Zigaretten könnten bei Jugendlichen als Einstiegsdroge ins Rauchen wirken. Nikotin kann durch Verschmierung verbreitet und bei Dritten, insbesondere bei kleinen Kindern und Schwangeren toxisch wirken.

Die Ergebnisse der bisherigen wissenschaftlichen Untersuchungen unterstützen punktuell beide Argumentationen und weisen auf die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regulierung zur Einschränkung eines Missbrauchs hin (s. u.) (1)Transl Behav Med. 2016 Sep;6(3):475-7 (2)N Engl J Med 371;16 (3)TBM 2016;6:475–477 doi:10.1007/s13142-016-0403-y.

Aufbau der E-Zigarette

E-Zigaretten bestehen aus einem Reservoir für nikotinhaltige Flüssigkeit (gelöst in einer Mischung von Glycerin und/oder Propylenglykol, versetzt mit Geruchsstoffen – und möglicherweise auch mit Sucht verstärkenden Substanzen), einer (kleinen, extrem leistungsfähigen) Batterie, einer Erhitzungskammer zur Aerosolbildung der vorbeiströmenden Flüssigkeit.

Auch wenn die Bezeichnung E-Zigarette eine Assoziation mit echten Zigaretten nahelegt, so gibt es entscheidende Unterschiede; vor allem, sie benötigt keinen Tabak, es wird nichts verbrannt, und es entsteht kein Rauch.

Die Mixturen zur Aerosolbildung enthalten eine Vielzahl von Additiva, unter denen auch toxische Schwermetalle, Formaldehyd und andere potenziell Krebs erregende Substanzen nachgewiesen wurden (4)Subst Abuse Rehabil. 2016 Aug 18;7:111-8.

Wirkungen der E-Zigaretten

Die Inhalation des Aerosols von E-Zigaretten führt zu einem Empfinden, das dem Rauchen einer echten Zigarette ähnelt, inklusive den körperlichen Auswirkungen. Zu den Wirkungen und Nebenwirkungen zählen die typischen Nikotineffekte, wie Blutdrucksenkung und wohliges Leichtigkeitsgefühl, Anregung der Darmtätigkeit (gewünscht bei Verstopfung; eine Abstinenz nach Gewöhnung fördert die Verstopfung) (dazu siehe hier). Berichtet wird gelegentlich von Schleimhautirritationen im Mund- und Rachenbereich, trockenem Husten, Schwindel und Benommenheit (5)BMC Public Health. 2015 Sep 30;15:991 (6)Subst Abuse Rehabil. 2016 Aug 18;7:111-8.

Nikotin und Krebs

Nikotin selbst hat im Tierversuch eine Krebs fördernde Potenz, die jedoch beim Menschen bisher nicht schlüssig bewiesen wurde. Sie wird den im Körper aus Nikotin entstehenden Nitrosaminen und auch einer direkte Wirkungen von Nikotin auf die DNA sowie auf nikotinerge Signalwege zugeschrieben (7)Front Oncol. 2015 Aug 31;5:196.. Es sind also nicht nur die Teerprodukte des Zigarettenrauchs, sondern auch Nikotin selbst, die als Krebsauslöser im Blick sind.

E-Zigaretten und Umweltverschmutzung

Nikotin der E-Zigaretten führt zu Umweltrisiken (8)TBM 2016;6:475–477 doi:10.1007/s13142-016-0403-y:

Nachfüllkartuschen können hochkonzentriertes Nikotin verbreiten; schon sehr geringe Mengen können neurotoxische Effekte bewirken (Nikotin ist ein Nervengift, es bindet an nikotinerge Acetylcholinrezeptoren). Die Hälfte der in einer Studie registrierten Nikotinvergiftungen betraf Kinder unter 6 Jahre.

Nikotin in der Ausatemluft von ENDS-Rauchern kann auf Oberflächen von Inneneinrichtungen und Wänden von Wohnungen persistieren und als ein Kontaktgift wirken, was besonders für kleine Kinder, Schwangere und Haustiere ein potenzielles und persistierendes Risiko darstellen soll.

Ruf nach Regulierung

In einer gemeinsamen Stellungnahme der American Association for Cancer Research (AACR) und die American Society of Clinical Oncology (ASCO) wird darauf hingewiesen, dass Tabakrauchen die Nummer 1 der vermeidbaren Krebsursachen ist. Sie sorgen sich wegen der potenziellen karzinogenen Auswirkung des Nikotins von E-Zigaretten und fordern, eine Forschung zu fördern, die die Auswirkung von ENDS-Rauchen auf die Gesundheit der Bevölkerung, das Rauchverhalten von Rauchern und bisherigen Nichtrauchern und die Motivation zum Abgewöhnen von Rauchen beinhaltet. Sie fordern zudem eine Beaufsichtigung der Hersteller von der Gesundheitsbehörde. Es sollten beispielsweise die Inhaltsstoffe (inkl. Sucht erzeugende Mittel) bekannt gegeben, Warnhinweise bezüglich Gefährdungsrisiken angebracht und Jugend-orientierte Werbung verboten werden (9)J Clin Oncol. 2015 Mar 10;33(8):952-63.

Auch die Society of Behavioral Medicine (SBM) in den USA hat eine solche Forderung veröffentlicht (10)TBM 2016;6:475–477 doi:10.1007/s13142-016-0403-y. Sie betont, dass besonders Jugendliche geschützt werden müssen, denn die Attraktion des Neuen der Rauchmethode, das auf Jugendliche zugeschnittene Aroma und die unregulierte Werbung (beispielsweise über soziale Netzwerke) verführen diese Gruppe in besonderer Weise. Es wird zudem auf die Notwendigkeit hingewiesen, Regulierungen hierzu in das Gesamtkonzept einer „Clean Air Policy“ einzubinden, so dass auch E-Zigaretten nicht in rauchfreien Zonen von Restaurants etc. geraucht werden dürfen.

Der Ruf nach Regulierung ist von der FDA in den USA inzwischen aufgegriffen worden (11)N Engl J Med 371;16 . Auch andere Staaten führen Regulierungen ein.

Rauchen mit E-Zigaretten abgewöhnen?

Ergebnisse von Studien

  • Eine Studie an 5717 jungen Erwachsenen in den USA zeigte, dass der Gebrauch von E-Zigaretten rasch zunimmt. Annähernd 10% der ENDS-Raucher (ENDS: electronic nicotine delivery systems) waren zuvor Nichtraucher. Es wird auf die Herausforderung der öffentlichen Gesundheitssysteme hingewiesen, mit Hilfe von ENDS das Rauchen echter Zigaretten einzuschränken, ohne den Nikotinkonsum bei Exrauchern, Nichtrauchern und besonders empfänglichen Personengruppen zu erhöhen (12)Int J Public Health. 2016 Mar;61(2):177-88.
  • Dieselbe US-Studie an Erwachsenen zeigte zudem, dass die zu E-Zigaretten gewechselten früheren Raucher („Switchers“) nur zu 15,8 % ENDS als weniger befriedigend als richtige Zigaretten bewerteten und doch bei ENDS blieben: ihr Argument war, dass ENDS weniger schädlich sei. Jedoch 77,3 % der weiterhin Zigaretten Rauchenden fanden sie nicht genügend befriedigend und beendeten das ENDS-Rauchen. Es wird darauf hingewiesen, dass ENDS-Rauchen dennoch ein Potenzial besitzt, diejenigen zu unterstützen, die aufhören wollen zu rauchen (13)Nicotine Tob Res. 2016 Oct;18(10):1989-97.
  • Eine Studie untersuchte den Kurzzeiteffekt des ENDS-Inhalierens auf den Drang zu rauchen und auf die freiwillige Reduktion des Nikotingehalts im Aerosol bei definierter ENDS- und Zigarettenmarke. Die Inhalation aus ENDS führte zu einer signifikanten Erhöhung der Nikotinkonzentration im Blutplasma innerhalb von 10 Minuten und einer Abnahme des Drangs zu rauchen nach 5 Minuten. Der Nikotingehalt des Bluts war nach Rauchen einer E-Zigarette (1,6 % und 2,4 % Nikotingehalt) niedriger als nach einer echten Zigarette, die Reduktion im Verlangen zu rauchen jedoch vergleichbar (14)BMC Public Health. 2015 Sep 30;15:991.
  • In einer Studie wurde bestätigt, dass das Verlangen nach einer Zigarette durch eine E-Zigarette ebenfalls nach 5 Minuten (zu 55 %) reduziert war. Raucher, die den Nikotinkonsum reduzieren wollten, hatten innerhalb einer Woche täglich einen fast um 40 % geringeren Zigarettenkonsum (15)Am J Health Behav. 2014 Mar;38(2):265-74.
  • Eine Studie, die den Effekt einer nikotinhaltigen mit dem einer placebohaltigen E-Zigarette bei jungen Erwachsenen verglich, die nicht vorhatten, mit Rauchen aufzuhören, kommt zu einem positiven Ergebnis für beide Aerosoltypen. Bei nikotinhaltigem Aerosol (4,5%) war der positive Effekt jedoch ausgeprägter als bei placebohaltigem. Die Rolle von E-Zigaretten bei dem Vorhaben, mit Rauchen aufzuhören, sollte weiter untersucht werden (16)Nicotine Tob Res. 2016 Oct;18(10):1937-43.
  • In einem Übersichtsartikel wird festgestellt, dass E-Zigaretten in Studien, die nur einen kurzen Beobachtungszeitraum auswerteten, in geringem Maße zur Abstinenz beitragen (17)Subst Abuse Rehabil. 2016 Aug 18;7:111-8. Das entspricht einer Cochrane-Auswertung 2012, die Gleiches für die bisherigen Replacement-Therapien (wie Pflaster und Nasenspray) gefunden hatten (18)Cochrane Database Syst Rev. 2012 Nov 14;11:CD000146. doi: 10.1002/14651858.CD000146.pub4..
  • Eine Cochrane-Auswertung 2016 von Studien zur Wirkung von E-Zigaretten erbringt ein gemischtes Bild. Zwei der bisher vorliegenden Langzeitstudien kommen zum Schluss, dass ENDS helfen kann, mit Rauchen aufzuhören. Allerdings wird die Evidenz dafür als gering eingestuft. Laut einer weiteren Studie soll der Effekt ähnlich der von Nikotinpflastern sein – ebenfalls mit nur beschränkter Evidenz. Wesentliche Nebenwirkungen werden von keiner Kurz- oder Langzeitstudie berichtet (19)Cochrane Database Syst Rev. 2016 Sep 14;9:CD010216..
  • Eine Studie zum Langzeiterfolg: E-Zigaretten wurden gegen Nikotin-Produkte (z. B. Pflaster) getestet, jeweils begleitet von Hilfen zur Verhaltensänderung. Die 1-Jahres-Abstinenzrate in der E-Zigaretten-Gruppe lag bei 18%, in der Nikotin-Gruppe bei 10%. Die E-Zigaretten-Nutzer waren bereitwilliger als die Vergleichsgruppe, das Produkt beizubehalten (80% vs. 9%). Nebenwirkungen der E-Zigarette betrafen hauptsächlich Reizungen von Rachen und Mund, die von Nikotin-Produkten Übelkeit. (20)N Engl J Med 2019; 380:629-637 DOI: 10.1056/NEJMoa1808779
  • Der Erfolg von E-Zigaretten zum Abgewöhnen des Rauchens ist laut einer Studie größer als der von Nikotinpflastern. (21)N Engl J Med. 2019 Feb 14;380(7):629-637. DOI: 10.1056/NEJMoa1808779.

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Verweise

Literatur[+]