Proktitis

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Proktitis bedeutet Entzündung des Enddarms (Rektum). Häufig ist der Darmausgang (Analkanal) einbezogen. Wenn zudem der S-Darm (Sigmoid) entzündet ist, liegt eine Proktosigmoiditis vor.

→ Zur Anatomie siehe hier.

Symptome

Bei einer Entzündung im Bereich des Enddarms und Darmausgangs sind folgende Symptome möglich:

  • Stuhldrang (oft schmerzhaft),
  • Gefühl der unvollständigen Entleerung,
  • Schleimabgang,
  • Stuhlschmieren,
  • Blutabgang (dem Stuhl aufgelagert)

Das erste und unangenehmste Zeichen einer Entzündung am Darmausgang ist das Gefühl eines ständigen Stuhldrangs, verbunden mit dem einer unvollständigen Entleerung.

Ursachen und Differenzialdiagnosen

Eine Proktitis kann durch folgende Ursachen ausgelöst werden:

  • lokale Irritationen: mechanisch, chemisch (Einläufe)
  • autoimmune Reaktion bei chronisch entzündlicher Darmkrankheit:
    • Proctitis ulcerosa als Manifestation einer Colitis ulcerosa oder
    • Proktitis im Rahmen eines Morbus Crohn; meist im Rahmen einer Crohn-Kolitis vor (1) 2015 Apr;127(3):266-72. doi: 10.1080/00325481.2015.1023160.
  • nach Bestrahlung z. B. im Rahmen einer Tumorbestrahlung (Strahlenproktitis, z. B. nach Bestrahlung eines Zervixkarzinoms des Uterus oder eines Prostatakarzinoms)
  • Reaktion auf Antibiotika: Antibiotika-assoziierte Proktitis (2) 2018 Jan;143(2):111-114. doi: 10.1055/s-0043-122032.
  • infektiös bei einer Enteritis
  • sexuell übertragene Infektion: Chlamydien, Gonorrhoe, Syphilis, Herpes simplex Typen 1 und 2, HIV, Mycoplasma genitalium (3) 2019 Feb 5:956462419825896. doi: 10.1177/0956462419825896 (4) 1992 Oct;166(4):939-40.

Diagnostik

Ausgangspunkt einer Diagnostik ist die Symptomatik von wechselnden und veränderten Stühlen. Eine Stuhlbakteriologie steht am Beginn, wenn die Symptomatik akut aufgetreten ist. Bei längerem Verlauf und negativer Bakteriologie oder bei Blutbeimengung zum Stuhl wird meistens gleich eine Spiegelung indiziert. Oft gibt die Angabe einer vermehrten Ausscheidung Schleim oder einer vermehrten Schleimbeimengung des ansonsten festen Stuhls einen Hinweis darauf, dass eine Entzündung oder Schleimhautreizung vorliegt, die auf den untersten Abschnitt des Darms, den Enddarmbereich, beschränkt ist.

Die Diagnose einer Proktitis wird durch eine Spiegelung (Endoskopie) mit Entnahme von Gewebeproben (Biopsie) aus der entzündeten Schleimhaut gestellt. In der Regel wird zur Abklärung der Stuhlgangunregelmäßigkeiten und der veränderten Stuhlbeschaffenheit zunächst eine vollständige Dickdarmspiegelung (Koloskopie) indiziert. Bei ihr wird die Proktitis entdeckt, die isoliert oder im Rahmen einer Kolitis vorliegen kann. Mit dem flexiblen Koloskop kann nicht nur die Schleimhaut des Enddarms, sondern (durch Inversion des Geräts im Rektum) auch der Darmausgang von innen beurteilt werden (siehe hier). Die Histologie bestätigt die Diagnose Proktitis und ermöglicht eine Klärung ihrer Ursache.

Wenn eine Spiegelung nur des Rektums erfolgen soll (Proktoskopie), so kann sie auch mit einem starren Gerät erfolgen.  Starre Geräte ermöglichen größere Gewebeproben mit Erfassung tieferer Schichten der Wandung. Dies kann beispielsweise bei der Klärung einer Amyloidose von Vorteil sein.

Therapie

Die Behandlung der Proktitis richtet sich nach ihrer Ursache.

IBD-Proktitis (IBD: inflammatory bowel disease): Eine nicht-infektiös bedingte Enddarmentzündung wird häufig durch einen abnormalen Immunmechanismus unterhalten und kann erstes oder einziges Zeichen einer chronisch entzündlichen Darmkrankheit (IBD) sein. Sie spricht oft gut auf lokale (topische) Applikation von antientzündlichen Mitteln an. (5)JGH Open. 2020 Apr 26;4(4):556-557. DOI: 10.1002/jgh3.12323. Infrage kommen Suppositorien, Einläufe oder Schäume mit Mesalazin (6)Digestion. 2018;97(1):59-63. DOI: 10.1159/000484224 oder Kortikosteroiden wie Budesonid (7)Clin Gastroenterol Hepatol. 2019 Jan;17(1):98-106.e4. doi: 10.1016/j.cgh.2018.04.027. Das organische Arsenderivat Acetarsol wurde zur Behandlung einer auf Mesalazin nicht ansprechenden Proctitis ulcerosa als effektiv und sicher vorgeschlagen. (8)Eur J Gastroenterol Hepatol. 2019 Feb;31(2):183-186. DOI: 10.1097/MEG.0000000000001326 Im Fall einer anhaltenden Therapieresistenz werden individuell Thiopurine, Calcineurininhibitoren und biologische Wirkstoffe eingesetzt, jeweils mit unterschiedlichem Erfolg. (9)Curr Res Pharmacol Drug Discov. 2021 Dec 11;3:100071. doi: 10.1016/j.crphar.2021.100071 Bei topischen Calcineurin-Inhibitoren, wie Tacrolimus oder Pimecrolimus ist in etwas über der Hälfte der Fälle ein Ansprechen erwartbar (10)J Investig Med. 2021 Feb 23:jim-2020-001699. doi: 10.1136/jim-2020-001699. Es besteht jedoch ein gering erhöhtes Risiko für Non-Hodgkin-Lymphome. (11)J Dtsch Dermatol Ges. 2021 Sep;19(9):1265-1269

Strahlenproktitis: Eine blutige Schleimhautentzündung (Mukositis) des Enddarms im Rahmen einer Bestrahlung (hämorrhagische Strahlenproktitis) ist häufig schwierig und langwierig zu behandeln. Endoskopisch lassen sich oberflächlich Angiodysplasien erkennen, die blutungsbereit sind. Infrage kommen eine Lasertherapie und eine Verödung mit 4 % Formalin oder mit Sklerosierungsmitteln. Oft sind mehrere Applikationen solcher Maßnahmen erforderlich. Eine Operation ist eine ultima ratio. (12)Dig Dis Sci. 2018 Sep;63(9):2180-2188. DOI: 10.1007/s10620-018-5163-8 Wasserspülungen und orale Antibiotika haben sich in einer asiatischen Studie als wirksamer als eine 4-prozentige Formalinbehandlung erwiesen. (13)Asian Pac J Cancer Prev. 2020 Oct 1;21(10):2927-2934. DOI: 10.31557/APJCP.2020.21.10.2927 Da häufig eine Besserung über die Zeit eintritt, wäre mit einer operativen Resektion (mit Anlage eines zweiten Darmausgangs) restriktiv umzugehen. (14)Int J Colorectal Dis. 2015 Oct;30(10):1293-303. DOI: 10.1007/s00384-015-2289-4


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Verweise

Zum Inhaltsverzeichnis

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