Paracetamol

Paracetamol (N-Acetyl-p-aminophenol, Acetaminophen) ist ein Medikament zur Schmerzlinderung und Fiebersenkung. Es leitet sich strukturell von Phenacetin ab.


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Das Wichtigste verständlich

Kurzgefasst
Paracetamol ist ein Arzneimittel zur Behandlung eher leichter Schmerzen und von Fieber, z. B. bei Erkältungskrankheiten.

Im Gegensatz zu ASS und NSAR wie Indomethacin oder Ibuprofen, die ebenfalls zur Fiebersenkung und zur Bekämpfung von Schmerzen verwendet werden, fehlt ihm die Eigenschaft, auch Entzündungen zu hemmen. Dafür ist Paracetamol besser verträglich als die meisten NSAID, nicht jedoch als Ibuprofen oder Naproxen (siehe hier). Paracetamol hat weniger Nebenwirkungen auf den Magen als Ibuprofen und führt nicht zu einer Erhöhung der Blutungsbereitschaft. In hohen Dosen von über 6 g pro Tag steigt die Gefahr schwerer Leberschäden.

Die Wirkung von Blut verdünnenden Medikamenten kann unter Paracetamol verändert sein; die Gerinnungswerte sollten daher kontrolliert werden. Kindern vertragen Paracetamol meist sehr gut; es führt nicht zu einer Erhöhung des Risikos eines Reye-Syndroms, das bei ASS (Aspirin) besteht. Paracetamol soll bei Kindern das Risiko der Entstehung von Bronchialasthma erhöhen; dies gilt möglicherweise auch bereits bei vorgeburtlicher Exposition (wenn werdende Mütter Paracetamol einnehmen).

Indikationen

  • Senkung von Fieber z. B. bei Viruskrankheiten (z. B. bei Erkältungen) oder als im Rahmen von einer Arzneimittelnebenwirkung (z. B. unter Interferon-alpha),
  • Leichtere Schmerzen wie Kopfschmerzen z. B. im Rahmen von einem grippalen Infekt, Zahnschmerzen, Gelenkschmerzen durch Arthrose und Menstruationsbeschwerden.
  • Zusatzmedikation bei einer Behandlung schwererer Schmerzzustände, z. B. im Rahmen einer palliativen Tumortherapie

Wirkungen

Paracetamol hat fiebersenkende und schmerzlindernde Eigenschaften. Dagegen fehlen ihm eine entzündungshemmende Eigenschaft (dies wird durch neuere Untersuchungen in Frage gestellt, s. u.) und eine Funktionsstörung der Thrombozyten mit erhöhter Blutungsneigung, wie sie ASS und den nichtsteroidalen Antiphlogistika und Antirheumatika (NSAID bzw. NSAR) zukommen.

Die Wirkung tritt etwa 20 Minuten nach Verabreichung ein und dauert etwa 4 Stunden. Die Dosierung sollte im Bereich von 1 – 4 g/Tag bleiben; höhere Dosen sind wegen der Lebertoxizität riskant.

Überschätzte Wirkung

Paracetamol wird zur Erstlinien-Behandlung von akuten Kreuzschmerzen empfohlen. Eine Studie an 550 Patienten zeigt nun, dass es die Zeit zur Besserung gegenüber Placebo nicht verkürzt. (1)Lancet. 2014 Jul 23. pii: S0140-6736(14)60805-9

Nebenwirkungen

Paracetamol wird gut vertragen. In höheren Dosen verursacht es jedoch je nach individueller Empfindlichkeit Leberschäden mit Erhöhung der Transaminasen und kann in höheren Dosen (je nach Bedingung ab ca. 6 g) ein akutes Leberversagen herbeiführen (Antidot: N-Acetylcystein) und gilt als dessen häufigste Ursache.

Zu den eher seltenen weiteren Nebenwirkungen gehören gelegentliche Magendarmbeschwerden, Hautreaktionen, Atembeschwerden durch Bronchospasmus und Blutbildveränderungen.

Es bestehen epidemiologische Hinweise darauf, dass unter Paracetamol die Häufigkeit von Asthma erhöht ist (siehe hier). (2)Paediatr Respir Rev. 2013 Mar;14(1):9-15 Ob allerdings die Paracetamol-Einnahme der Mutter das Asthmarisiko des Kindes wie behauptet erhöht (3)Clin Epidemiol. 2012;4:33-40, ist umstritten.  (4)Pediatr Allergy Immunol. 2013 Feb;24(1):28-32

Bereits in der vorgeburtlichen Phase kann es bei chronischer Paracetamol-Einnahme durch die Mutter zu einem Leberschaden beim Kind kommen, so dass werdende Mütter auf Paracetamol verzichten sollten. (5)J Reprod Immunol. 2013 Mar;97(1):128-39 (6)J Med Toxicol. 2012 Jun;8(2):176-8

Paracetamol in der Schwangerschaft steht zudem im Verdacht, das Risiko der Entwicklung von Entwicklungsstörungen des Gehirns, so auch das eines Aufmerksamkeits-Hyperaktivitätssyndroms (ADHS) beim Kind zu erhöhen. Es sollte daher nur mit Vorsicht in der Schwangerschaft eingenommen werden (7)J Endod. 2015 May;41(5):588-93 (8)Can Fam Physician. 2014 Jul;60(7):642 (9)JAMA Pediatr. 2014 Apr;168(4):313-20, auch wenn einzelne Meinungen davon abweichen. (10)Dev Med Child Neurol. 2015 Aug;57(8):718-24

Kontraindikationen

Paracetamol sollte bei einer schweren Lebererkrankung (z. B. akute Hepatitis, Leberzirrhose) und Niereninsuffizienz nicht verabreicht werden.

Paracetamol verursacht einige Artzneimittelwechselwirkungen:

  • Vorsicht ist geboten bei der Komedikation mit Antikoagulanzien; ihre Wirkung kann verstärkt werden.
  • Vorsicht ist beim Meulengracht-Syndrom geboten, da es bereits bei geringeren Dosen zu einem toxischen Leberschaden kommen kann.

(Fachinformationen beachten!)

Vor- und Nachteile gegenüber NSAR

NSAR (NSAID)wie Ibuprofen oder Indomethacin wirken im Gegensatz zu Paracetamol nicht nur fiebersenkend und schmerzstillend sondern auch antientzündlich (antiphlogistisch). Sie sind daher bei entzündungsbedingten Schmerzen, z. B. bei einer entzündlichen Gelenkerkrankung (Beispiel rheumatoide Arthritis) oder bei Kopfschmerzen bei einer Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis) wirksamer.

Wenn es dagegen lediglich um eine Fiebersenkung z. B. bei einem Virusinfekt oder die Unterdrückung gelegentlicher Kopfschmerzen geht, die durch beide Substanzgruppen erreicht werden können, dann hat Paracetamol den Vorteil, besser magenverträglich zu sein als die meisten NSAID.

Kritische Reevaluation:
Paracetamol ein selektiver COX-2-Hemmer

Untersuchungen haben gezeigt, dass Paracetamol (Acetaminophen) wie ein selektiver COX-2-Hemmer wirkt, ohne wesentliche Magendarmtoxizität und ohne Hemmung der Funktion der Blutplättchen (Thrombozyten). Nach oraler Gabe hemmte es in ex-vivo-Experimenten (an Zellkulturen) die Cyclooxigenasen COX 1 zu 56% und COX 2 zu 83% (für eine antientzündliche Funktion vergleichbar mit der von NSAIDs sind >80% erforderlich).  Eine Hemmung von COX 1 von über 95%, wie sie für eine Unterdrückung der Plättchenfunktion erforderlich ist, wurde nicht erzielt. Diese Ergebnisse erklären die analgetische und auch antiinflammatorische Wirkung (die bisher unberücksichtigt war) und zudem die den NSAID deutlich überlegene Sicherheit, was Magendarmkomplikationen bertifft (11)FASEB J. 2008 Feb;22(2):383-90.

Verweise

 


Autor: Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (s. Impressum)

Literatur[+]