Aromatasehemmer

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Aromatasehemmer sind Medikamente zur Senkung der körpereigenen Produktion von Östrogenen in Organen und Geweben außer in den Eierstöcken. Sie kommen als adjuvante Therapie (zusätzlich zur Chemotherapie) beim metastasierten Mammakarzinom in Betracht, sofern der Tumor Östrogenrezeptoren trägt.

Aromatase

Die Aromatase ist ein Enzym, welches die Bildung von weiblichen aus männlichen Geschlechtshormonen (Östradiol aus Testosteron, Östron aus Androstendion) fördert. Bei Frauen nach der Menopause und bei Männern wirken die weiblichen Geschlechtshormone hauptsächlich als Stoffwechselregulatoren, insbesondere im Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel und Knochenstoffwechsel. Die Wirkungen werden parakrin und intrakrin vermittelt; die Bildungsorte entsprechen der Lokalisation der Aromatasehemmer im Gewebe. Außerhalb der Gonaden werden Aktivitäten der Aromatase in vielen Körperregionen gefunden, so auch in der Brustdrüse, im Knochen, in den Blutgefäßen und im Rückenmark (1)Endocrinology. 2001 Nov;142(11):4589-94. Im Rückenmark ist das Enzym in Astrozyten lokalisiert und spielt offenbar eine Rolle bei Tumorschmerzen (2)Neuroscience. 2015 Aug 20; 301: 235–245.. Eine Hemmung der Aromatase hat damit vielfältige Auswirkungen.

Anwendung von Aromatasehemmern

Mammakarzinom

Die adjuvante Therapie des fortgeschrittenen Mammakarzinoms umfasst bei Hormonrezeptor-positiven Fällen Östrogenrezeptorantagonisten (wie Tamoxifen oder Fulvestrant) und Aromatasehemmer (wie Letrozol,  Anastrozol und Exemestan).

Aromatasehemmer verbessern das Gesamtüberleben und das krankheitsfreie Überleben bei hormonsensiblem Brusttumoren etwas stärker als das besser verträgliche Tamoxifen, dessen Wirksamkeit bezüglich Krebshemmung nach etwa 5 Jahren nachlässt (3)J Natl Cancer Inst 1996;88:1529–42 (4) J Natl Cancer Inst 2001;93:684–90. Die HR (hazard ratio; Gefahrenquote) lag im Vergleich zu einer Antihormontherapie bei 0,89 (5)Cochrane Database Syst Rev. 2007 Jan 24;(1):CD003370..

Die Nebenwirkungen der Aromatasehemmer sind in der Hälfte der Fälle schwerwiegend und führen in etwa 20 % zum Therapieabbruch. Die Studien weisen unter der Aromatasehemmung (AI) Knochen-, Gelenk- und Muskelschmerzen sowie ein höheres Risiko für Knochenbrüche und unter Tamoxifen (TAM) ein höheres Risiko für Thromboembolien und ein Endometriumkarzinom auf; das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse scheint nicht wesentlich unterschiedlich zu sein. Eine alleinige Therapie mit AI verlängert das krankheitsfreie Überleben und das Gesamtüberleben etwas. Eine sequenzielle Therapie (zuerst TAM, dann AI oder umgekehrt) führt nicht zu einer Lebensverlängerung (6)Breast. 2016 Apr;26:106-14. .

Schmerzsenkung über Beeinflussung von Rückenmarks-Astrozyten

Östrogene reduzieren und Aromatasehemmer erhöhen das Schmerzempfinden bei zentralem Schmerzsyndrom (7)Endocrinology. 2014 Nov;155(11):4341-55. Andererseits erhöhen Östrogene bei bestimmten Tumoren die Schmerzempfindlichkeit (8)Neuroscience. 2016 Jun 2;324:344-54. Entsprechend haben Aromatasehemmer eine schmerzsenkende Wirkung bei einer Hyperalgesie im Rahmen eines Fibrosarkoms. Sie beruht offenbar auf einer Beeinflussung der Aromatase in spinalen Astrozyten (9)Neuroscience. 2015 Aug 20; 301: 235–245.. Die Untersuchungen sind noch im Fluss.

Aromatasehemmer bei Männern

Aromatasehemmer senken einen erhöhten Östrogenspiegel bei Männern und erhöhen den Testosteronspiegel.

Bei Kindern verzögern sie die Reifung der Epiphysen und fördern damit das Längenwachstum, was bei Kleinwüchsigen aufgrund einer vorzeitigen Gonadotropin-unabhängigen Pubertät eine Indikation für Aromatasehemmer sein könnte (10)Reprod Biol Endocrinol. 2011; 9: 93.  doi:  10.1186/1477-7827-9-93.

Brustkrebs bei Männern ist selten. Die meisten sind offenbar Hormonrezeptor positiv (in einer Studie 83 %). Die Behandlung inklusive einer adjuvanten Anwendung von Aromatasehemmern erfolgt meistens wie bei Frauen (11)Oncol Lett. 2016 Aug; 12(2): 1615–1619.

Aromatasehemmer im Doping

Aromatasehemmer führen indirekt zu einer Testosteronerhöhung, sodass sie in der Dopingszene beliebt geworden sind (12)Br J Pharmacol. 2008 Jun; 154(3): 598–605. (13)Subst Abuse Rehabil. 2014; 5: 95–105. . Zudem sind sie bei Dopern, die Testosteron benutzen um ihre Muskelmasse zu erhöhen, beliebt. Denn die Nebenwirkungen einer Testosteron-Behandlung sind “Männerbrüste” (Gynäkomastie), bedingt durch die Aromatase-geförderte Bildung von Östrogenen aus Testosteron. Um sie beim Testosteron-Doping zu unterdrücken, wird vielfach zu Aromatasehemmern gegriffen.

Da durch die Aromatasewirkung auch die bei Männern normale (physiologische) Östrogenbildung abnimmt, kommen als Nebenwirkungen (wie bei Frauen im Klimakterium) Hitzewallungen, Gefühlsschwankungen und Depressionen vor.

Entwicklungen

Die Beeinflussung von Schmerzen über Aromatasehemmer ist im Fluss (s. o.).

Es werden neue Aromataseinhibitoren gesucht, die weniger Nebenwirkungen aufweisen (14)J Med Chem. 2016 Jun 9;59(11):5131-48 (15)Expert Opin Drug Discov. 2019;14(10):1065-1076. doi:10.1080/17460441.2019.1646245


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Verweise

Literatur[+]