Wieviel körperliche Bewegung nötig ist

Artikel aktualisiert am 25. August 2023

Körperliche Aktivität schützt vor Krankheiten, hilft bei der Behandlung von Krankheiten, schützt vor Stress und wirkt sich positiv auf das Wohlbefinden und die geistige Leistungsfähigkeit aus. Wieviel körperliche Bewegung für die positiven Effekte erforderlich ist, wurde in einer großen Zahl von Studien untersucht. „Mehr Bewegung und weniger Sitzen nützt praktisch jedem. Personen, die am wenigsten körperlich aktiv sind, profitieren am meisten, selbst wenn sie ihre körperliche Aktivität nur geringfügig steigern. … Sowohl aerobes als auch muskelstärkendes Training sind nützlich.“ (1)JAMA. 2018 Nov 20;320(19):2020-2028. doi: 10.1001/jama.2018.14854


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Allgemeines


Physische Aktivität wirkt einer vorzeitigen Alterung und einem erhöhten Risiko verschiedener Krankheiten, vor allem von Erkrankungen des Herzkreislaufsystems entgegen. Inzwischen sind die Empfehlungen, die aus großen Metaanalysen vorliegender hochqualitativer Studien stammen, in Leitlinien zusammengefasst. Die WHO hat die Essenz dieser Leitlinien in einer differenzierten Leitlinienempfehlung zusammengefasst. Sie läuft darauf hinaus, dass sitzendes Verhalten reduziert und aktives körperliches Verhalten gefördert wird und zwar je nach individuellen Möglichkeiten. (2)Br J Sports Med. 2020 Dec;54(24):1451-1462. DOI: 10.1136/bjsports-2020-102955 Erhöhte körperliche Aktivität wirkt sich in praktisch allen vergleichbaren Studien positiv auf die körperliche Fitness, das Lebensgefühl, die soziale Kommunikation, depressive Stimmungen, geistige Fähigkeiten und Krankheitsanfälligkeit aus.

Körperliche Bewegung gesunder Erwachsener

Ziel der Empfehlungen ist die Gesundheitsvorsorge. Nach Amerikanischen Leitlinien (z. B. Amerikan Heart Association (AHA) 2007) wird für alle gesunden Erwachsenen eine moderate bis intensive aerobe körperliche Aktivität für mindestens 30 Minuten an 5 Tagen pro Woche oder eine intensive aerobe körperliche Aktivität für mindestens 20 Minuten an 3 Tagen pro Woche empfohlen. Trainingseinheiten sollten 10 Minuten umfassen. (3)Med Sci Sports Exerc 2007, 39:1423–1434 Diese Empfehlungen wurden immer wieder etwas modifiziert, aber im Kern nicht geändert.

Die Leitlinien für körperliche Aktivität für Amerikaner empfehlen: (4)JAMA. 2018 Nov 20;320(19):2020-2028. DOI: 10.1001/jama.2018.14854

  • „Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 17 Jahren sollten sich täglich mindestens 60 Minuten lang mäßig bis kräftig bewegen.
  • Erwachsene sollten mindestens 150 bis 300 Minuten pro Woche mäßig intensive oder 75 bis 150 Minuten pro Woche intensive aerobe körperliche Aktivität oder eine gleichwertige Kombination aus mäßig intensiver und intensiver aerober Aktivität ausüben. Außerdem sollten sie an 2 oder mehr Tagen pro Woche muskelstärkende Aktivitäten (Krafttraining) durchführen.
  • Älteren Erwachsenen wird ein Mehrkomponenten-Training empfohlen, das sowohl Gleichgewichtstraining als auch aerobe und muskelstärkende Aktivitäten umfasst.
  • Schwangere und Frauen nach der Geburt sollten sich mindestens 150 Minuten pro Woche mit mäßiger Intensität körperlich betätigen.“

Körperliche Bewegung bei sitzender Tätigkeit

Wer lange sitzt, hat ein erhöhtes Gesundheitsrisiko. Ein Maß für das Gesundheitsrisiko ist die Insulinresistenz. Unter Zugrundelegung des Insulinspiegels und der Blutfette wurde festgestellt, dass eine Stunde täglicher Bewegung nicht ausreicht, die negativen Effekte langen Sitzens zu kompensieren. Eine Erhöhung des Zeitaufwands für Stehen und Gehen ist in dieser Beziehung deutlich effektiver. (5)PLoS One. 2013;8(2):e55542. Daraus wäre die Empfehlung zu folgern, „sitzende“ Tätigkeiten häufig durch Aufstehen und Gehen zu unterbrechen. Daraus wäre die Empfehlung zu folgern, „sitzende“ Tätigkeiten häufig durch Aufstehen und Gehen zu unterbrechen.

Körperliche Bewegung älterer Menschen

Ältere Menschen mit Behinderungen und chronischen Krankheiten haben nur eingeschränkte Möglichkeiten der körperlichen Aktivität. Leitlinien übersetzen die Empfehlungen für eine körperliche Bewegung daher für sie in Schritte pro Tag. Es wird davon ausgegangen, dass gesunde Menschen etwa 5000 Schritte pro Tag machen. Bei einer Schrittfrequenz von etwa 100 Schritten pro Minute bedeuten ½ Stunde normales Gehen etwa 3000 Schritte. Eine Erhöhung der Anstrengung resultiert in einer Empfehlung von 7000 – 10000 Schritten pro Tag für ältere Menschen. (6)Int J Behav Nutr Phys Act. 2011 Jul 28;8:80. doi: 10.1186/1479-5868-8-80

Körperliche Bewegung bei Krebspatienten

Körperliche Bewegung ist generell günstig auch für Krebspatienten, und zwar so viel wie möglich. (7)CA Cancer J Clin. 2012 Jan-Feb;62(1):30-67 (8)CA Cancer J Clin. 2012 Jul-Aug;62(4):275-6 Sie verbessert nicht nur die Prognose sondern auch die Stimmung. Das Ziel wären mindestens 150 Minuten pro Woche unter Einbeziehung von Krafttraining mindestens 2x pro Woche. Dauer und Intensität sollten langsam begonnen und später je nach Verträglichkeit und Gewöhnung gesteigert werden. Die betreuenden Ärzte sollten individuell dazu beraten. So können beispielsweise während einer Chemotherapie oder Strahlentherapie und auch bei Knochenmetastasen oder einem Hand-Fuß-Syndrom können Einschränkungen erforderlich werden. Am Beispiel von Brustkrebs ist dies exemplifiziert worden: Eine mittlere bis starke körperliche Aktivität über 3 – 5 Tage pro Woche reduziert das Brustkrebsrisiko um 20 – 40%; das Risiko von Frauen mit nachgewiesenem Brustkrebs, an diesem Krebs zu sterben, ist um über 50% geringer als das von inaktiven Frauen. (9)Wien Klin Wochenschr. 2013 Jun;125(11-12):297-301. doi: 10.1007/s00508-013-0365-8

Körperliche Bewegung bei Übergewicht und erhöhtem Diabetesrisiko

Im Diabetes-Vorbeugungsprogramm der USA (Diabetes Prevention Program (DPP) ) zeigte sich, dass eine Änderung des Lebensstils mit einer gesunden fettarmen und kalorienreduzierten Diät plus einer moderaten körperlichen Aktivität von mindestens 150 Minuten zügigem Gehen pro Woche die DiabetesInzidenz gefährdeter Menschen mit Übergewicht (bei einer mittleren Beobachtungszeit von 2,8 Jahren) deutlicher senkte als Metformin (Inzidenz bei Placebo 11%, unter Metformin 7,8%, bai Änderung des Lebensstils 4,8%). (10)J Am Soc Nephrol. 2003 Jul;14(7 Suppl 2):S103-7 Dieses Ergebnis bestätigte sich nach einer 10-jährigen Beobachtungszeit: die kumulative Inzidenz von Diabetes blieb in der „Lifestyle“-Gruppe am geringsten. (11)Lancet. 2009 Nov 14;374(9702):1677-86

Körperliche Bewegung bei Diabetes mellitus

Menschen mit Diabetes mellitus, die mindestens 1 Meile (1,6 km) pro Tag gehen, halbieren ihr Risiko zu sterben (gleich aus welcher Ursache) um die Hälfte. Ihr Risiko, an einer kardiovaskulären Erkrankung außer einer koronaren Herzkrankheit (z. B. Schlaganfall, Folge einer Hypertonie, Folge einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit) zu sterben, reduziert sich sogar auf 1/5. (12)J Clin Epidemiol. 2007 Mar;60(3):309-17

Selbstbeurteilung der körperlichen Aktivität

Wie viel Bewegung im normalen Alltag und beim Sport anfällt (ohne Messung der tatsächlichen Aktivitäten), lässt sich grob abschätzen (z. B. durch online-Programme wie Vitawalker), wobei die Ergebnisse durchaus nicht der Wirklichkeit entsprechen müssen. Wie viel man sich am Tag tatsächlich bewegt und wie viele Kalorien man verbraucht hat, kann man heute durch Smartphone- oder Watch-Apps (wie Health, Runtastik oder Runkeeper, erhältlich in App-Stores) leicht nachverfolgen.

Verweise

 

 

Literatur[+]