Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
Gastritis bedeutet Magenschleimhautentzündung. Eine akute Entzündung verläuft mit Übelkeit, Brechreiz und Völlegefühl und mehr oder weniger ausgeprägten Magenschmerzen. Eine chronische Entzündung kann mit Unwohlsein in der Magengegend, dyspeptischen Beschwerden oder ohne besondere Symptome verlaufen.
Nach ihrem Verlauf und ihrer Auslösung wird die Gastritis in verschiedene Formen unterteilt:
- die akute und chronische Gastritis,
- die Typen A, B und C.
Die Unterscheidung erfolgt durch eine Magenspiegelung (Gastroskopie) und Untersuchung einer Gewebeprobe (Histologie) der Magenschleimhaut. Sie ist Voraussetzung für eine typengerechte Behandlung.
Die häufigste Form einer Gastritis ist die chronische Magenschleimhautentzündung durch den Magenkeim Helicobacter pylori.
Jede chronische Entzündung der Magenschleimhaut erhöht das Risiko für ein Magenkarzinom (s. u.).
Das Wichtigste verständlich
Kurzgefasst |
Gastritis bedeutet Magenschleimhautentzündung. Es werden die Typen A, B und C unterschieden. Die sicherste Diagnostik besteht in einer Magenspiegelung mit Entnahme von Gewebeproben für eine histologsiche Untersuchung unter dem Mikroskop.
Der Typ A ist eine chronische Entzündung des oberen Magenanteils. In ihm werden normalerweise die Magensäure und das Verdauungsenzym Pepsin gebildet. Auch wird hier ein Faktor (Intrinsicfaktor) produziert, der für die Aufnahme von Vitamin B12 erforderlich ist. Die Entzündung führt daher zu einer Einschränkung der Säure- und Pepsinproduktion und zu einem Mangel an Vitamin B12. Folgen sind unspezifische Magenbeschwerden und vor allem eine Blutarmut (makrozytäre Anämie). Die Typ-A-Gastritis kann nicht geheilt werden. Die Behandlung konzentriert sich auf Milderung der Folgen und Symptome. Der Typ B ist eine Entzündung, die i. d. R. durch den Magenkeim Helicobacter zustande kommt. Sie kann akute Beschwerden machen und in einen chronischen Verlauf übergehen. Sie stellt im chronischen Stadium ein erhöhtes Krebsrisiko dar. Die Behandlung besteht in einer Helicobacterbekämpfung (Eradikation). Der Typ C kommt durch Rückfluss von galligem Sekret aus dem Dünndarm in den Magen zustande und führt meist zu Magenschmerzen. Er kann durch Medikamente behandelt werden, welche die Magendarmbewegungen koordinieren (Prokinetika). Gelingt dies nicht, führt die Behandlung mit Urso oft zu einer Besserung. Auch Medikamente können eine Typ C-Gastritis auslösen, insbesondere die aus der Gruppe der Thrombozytenaggregationshemmer wie ASS. Schleimhautschutzmittel oder / und das Umsetzen der Medikation können die Symptome rasch mildern. → Gastritis in Bildern. |
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Klassifikation
Die Entdeckung der Bedeutung der Magenkeime Helicobacter pylori für die Entwicklung einer Magenschleimhautentzündung führte 1990 zu einer neuen Einteilung (Sydney-Klassifikation). Im Groben lässt sie sich unterteilen in
- akute Gastritis,
- chronische Gastritis und
- Sonderformen der Gastritis.
Formen und Ursachen
Akute Gastritis
Die akute Magenschleimhautentzündung wird ausgelöst durch folgende Faktoren:
- schädigende Stoffe (exogene Noxen), wie Medikamente (z. B. NSAR (nicht steroidale Antirheumatika), Zytostatika, Laugen- oder Säureeinwirkung etc.), Rauchen oder Alkohol,
- eine akute Infektion durch Helicobacter pylori, eine gastroenteritische Virusinfektion oder andere infektiöse Agenzien.
Chronische Gastritis
- Typ A: Die Entzündung betrifft den oberen Korpus und Fundus und führt zu einer dünnen, durchscheinenden Schleimhaut: autoimmunologischer Mechanismus, Autoimmungastritis mit Antikörpern gegen Parietalzellen (gegen H/K-ATPase) und/oder Intrinsic-Faktor.
- Typ B: Die Entzündung erfolgt vom Antrum zum Fundus aufsteigend: bakterielle Auslösung, meist bedingt durch Helicobacter pylori.
- Typ C: Bei ihm ist die Entzündung in Antrum und Korpus lokalisiert. Auslösung durch exogene Noxen, wie durch
- toxische Stoffe, z. B. auch durch gallehaltigen Magensaft bei duodenogastralen Reflux (Rückfluss von Galle aus dem Zwölffingerdarm in den Magen),
- Alkohol,
- Medikamente, besonders häufig durch bestimmte Fieber-und Schmerzmittel (nichtsteroidale Antiphlogistika, NSAR).
Sonderformen
Die Magenschleimhautentzündung erweist sich im histologischen Bild als variantenreich:
- Lymphozytäre Gastritis: ausgelöst durch Medikamente wie Ticlopidin, assoziiert manchmal mit der Sprue, selten bei Befall mit Helicobacter pylori.
- Eosinophile Gastritis: bei allergischer Diathese, meist unklare Ursache.
- Kollagene Gastritis: unklare Ursache, Vorkommen manchmal zusammen mit kollagener Kolitis (zur kollagenen Gastritis siehe hier).
- Granulomatöse Gastritis (Nachweis von Epitheloidzellgranulomen): bei spezifischen Infektionen wie Tuberkulose, selten beim Morbus Crohn, dem Morbus Boeck oder beim Morbus Whipple.
- Stressgastritis: Die Stress-induzierte Gastritis resultiert aus einer Fehlregulation von Mechanismen, die die Säureproduktion, die mukosalen Abwehrmechanismen und die Magenbewegungen regulieren. Sie kann zu einer hämorrhagischen oder erosiven Gastropathie führen. (1)StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2022 Jan–. PMID: 29763101 Die Stressgastritis ist mit dem (bekannteren) Stressulkus assoziiert. Antioxidativ wirkende Verbindungen (z. B. das Carotinoid Zeaxanthin) senken die Entzündungsmediatoren IL-1 und IL-6 und steigern das protektive PGE2 (2)Life Sci. 2021 May 15;273:119297. doi: 10.1016/j.lfs.2021.119297.
Histologie
Die histologische Beurteilung berücksichtigt
- die Infiltration der Magenschleimhaut
- mit neutrophilen Granulozyten als Grad für die Aktivität der Entzündung,
- mit Lymphozyten und Plasmazellen als Grad für die Chronizität der Entzündung die Atrophie des Drüsenkörpers der Schleimhaut,
- das Vorkommen intestinaler Metaplasien und
- die Besiedlung mit Helicobacter pylori.
Es wird der Schweregrad (Grad 0 – III) angegeben und beurteilt, ob eine spezifische oder unspezifische Form (auf eine Ursache hinweisend oder nicht) vorliegt.
Typen der Magenschleimhautentzündung
Typ A
Bei diesem Typ findet man eine besonders dünne, durchscheinende (atrophische) Schleimhaut im oberen Teil des Magens (Fundus). Die Diagnose wird meist zufällig im Rahmen der Diagnostik einer besonderen Form der Blutarmut gestellt. Ist die Anämie makrozytär und hyperchrom, wie es beim Morbus Biermer der Fall ist, oder liegen neurologische Zeichen einer funikulären Myelose (Erkrankung des Rückenmarks mit Störungen der Sensibilität und der Motorik) vor, so ist an eine Typ-A-Gastritis zu denken. Hin und wieder findet man auch eine Entzündung der Zunge assoziiert (Hunter´sche Glossitis: rote, etwas geschwollene Zunge ohne Belag).
Die Schleimhautatrophie im Fundus des Magens ist durch eine chronische Entzündung bedingt, die selbst mit dem Endoskop nicht erkannt werden kann und meist völlig ohne Symptome abläuft. Unterhalten wird sie durch Selbstangriff des eigenen Immunsystems auf die Schleimhaut. Der Untergang der Drüsenzellen der Magenschleimhaut hat jedoch Auswirkungen auf den Vitamin-B12-Spiegel des Bluts. Denn in diesem Bereich des Magens, dem oberen Corpus und Fundus, wird der für die Aufnahme von Vitamin B12 notwendige Intrinsic-Faktor gebildet (siehe hier). Bei der Typ-A-Gastritis kommt es zu einem Mangel an diesem Faktor und damit im Laufe der Zeit zu einem Vitamin-B12-Mangel.
Gleichzeitig wird in den oberen Magenanteilen Ghrelin gebildet, das ebenso wie der Intrinsic-Faktor vermindert gebildet wird. Ein Ghrelin-Mangel führt zu Appetitmangel und kann auf einen Mangel an Intrinsic-Faktor hinweisen (3)J Clin Endocrinol Metab. 2007 Nov;92(11):4346-51.
→ Perniziöse Anämie (Morbus Biermer)
→ Autoimmungastritis (Typ-A-Gastritis)
Typ B
Die Typ-B-Gastritis ist durch Helicobacter pylori bedingt und führt unbehandelt in der Regel zu einem chronischen Verlauf. (4)Scand J Gastroenterol. 2015 Jun;50(6):657-67. doi: 10.3109/00365521.2015.1019918. Die Diagnose wird meist anlässlich einer Gastroskopie wegen uncharakteristischer Oberbauchbeschwerden gestellt. Der Beginn kann akut sein und heftige Beschwerden hervorrufen.
Je nach Keim und bei guter Abwehrlage kann es zur Ausheilung kommen. Verläuft die Helicobacter-Infektion schleichend, bleibt die Gastritis asymptomatisch oder verursacht nur diskrete unspezifische Beschwerden.
Wird bei einer Gastroskopie aus anderer Ursache zufällig eine chronische Helicobacter-Gastritis festgestellt, erinnern sich die Betroffenen meist nicht an eine früher durchgemachte akute Bauchschmerzphase, die einer Erstinfektion zugeordnet werden könnte.
Eine chronische Hp-Gastritis bedeutet ein erhöhtes Risiko von Blutungen im Magen. Das Blutungsrisiko steigt bei zusätzlicher Applikation von NSAR (Fieber- und Schmerzmittel). (5)Aliment Pharmacol Ther. 2004 Feb;19 Suppl 1:9-16.
Eine chronische Helicobacter-Gastritis führt zu einer Schleimhautatrophie, die wiederum eine Präkanzerose darstellt und das Risiko für Magenkrebs erhöht. (6)N Engl J Med. 2001 Sep 13; 345(11):784-9.
Typ C
Die Beschwerden sind meist uncharakteristisch; gelegentlich wird über Übelkeit oder Völlegefühl geklagt, was auf eine Fehlregulation der Magendarmbewegungen (intestinale Dyskinesie) schließen lässt. Insbesondere wenn chronische Refluxbeschwerden oder gar galliges Aufstoßen vorliegen, muss an diese Diagnose gedacht werden.
Die Klärung der Typ-C-Gastritis erfolgt gastroskopisch über den Nachweis von Gallebeimischung zum Magensaft (galliger Reflux) und histologisch.
Findet sich kein galliger Reflux, aber das Bild einer erosiven Antrumgastritis, so sind häufig Medikamente die Ursache. Infrage kommen vor allem Thrombozytenaggregationshemmer, wie ASS (häufig die Ursache bei Herzpatienten), Fieber-, Rheuma– und Kopfschmerzmittel.
Kollagene Gastritis
Die kollagene Gastritis ist eine seltene Erkrankung, die analog zur kollagenen Colitis makroskopisch nicht unmittelbar erkennbar ist. Sie wird histologisch durch den Nachweis eines verdickten kollagenen Bandes unter der Schleimhaut gestellt. Die Erkrankung kann schon im Kindesalter auftreten. Die häufigste Auswirkung ist eine Eisenmangelanämie. (7)J Pediatr Gastroenterol Nutr. 2018 Sep;67(3):328-334. doi: 10.1097/MPG.0000000000001975.
Gastritis und Magenkrebs
Zwischen Gastritis und Krebs im oberen Magendarmtrakt bestehen statistische Verbindungen:
- Die Typ-A-Gastritis erhöht das Risiko für das Magenkarzinom im Fundus- und Cardiabereich.
- Typ-B- und Typ-C-Gastritis erhöhen das Risiko für Magenkrebs in Corpus und Antrum. (8)Nat Rev Cancer. 2010 Jun;10(6):403-14. doi: 10.1038/nrc2857.
- Der Helicobacter-assoziierte Typ B senkt das Risiko für das Barrett-Karzinom des unteren Ösophagus.
- Die systematische Therapie der Helicobacter-Infektion der Magenschleimhaut senkt die Inzidenz des Magenkarzinoms.
→ Zur Anatomie und Funktion des Magens siehe hier.
Diagnostik
Die Diagnose einer Gastritis beruht auf der Magenspiegelung (Gastroskopie) mit Entnahme einer Gewebeprobe für die Histologie. Die Spiegelung alleine kann in leichten Fällen falsch positive wie auch falsch negative Ergebnisse ergeben. In ausgeprägten Fällen ist das makroskopische Bild bereits eindeutig. Da entzündete Areale dicht neben unauffälligen liegen können, sollte möglichst mehr als eine Gewebeprobe (Biopsie) entnommen werden.
Beurteilt wird endoskopisch nicht nur der makroskopische Befund der Schleimhaut, sondern auch der Magensaft, speziell hinsichtlich einer galligen Beimengung. Gallige Beimengungen stammen von Reflux aus dem Zwölffingerdarm (Duodenum) und sind Hinweis auf eine Bewegungsstörung (Dyskinesie). Subjektiv ist dies oft mit Missempfindungen im Oberbauch und Übelkeit verbunden (dyspeptische Beschwerden).
Bei einer lang anhaltenden Reizung der Magenschleimhaut durch galliges Sekret kann sich die Schleimhaut umformen. Es kommt dann zu einer intestinalen Metaplasie im Antrum. Hierbei formt sich die Schleimhaut im unteren Teil des Magens (Antrum) in den Typ einer Dünndarmschleimhaut um. Werden solche Metaplasien gefunden, so kann man daraus auf einen chronischen Reflux aus dem Duodenum schließen.
Differenzialdiagnosen
Uncharakteristische Oberbauchbeschwerden, wie Druck in der Magengegend, Übelkeit und Völlegefühl, sind nicht alleine für eine Magenschleimhautentzündung typisch. Auch eine Reihe weiterer Erkrankungen kommen ursächlich in Betracht, beispielsweise folgende:
- Ulkuskrankheit: zur Diagnostik Gastroskopie und Histologie,
- Magenkarzinom: zur Diagnostik Gastroskopie und Histologie,
- Refluxkrankheit: zur Diagnostik Gastroskopie und Histologie,
- Pankreasaffektion: zur Diagnostik Laborwerte (Lipase), Sonographie, CT,
- funktionelle Dyspepsie: zur Diagnostik Laborwerte, Gastroskopie, Sonographie, ggf. CT,
- Reizdarm: zur Diagnostik Koloskopie, ggf. Stuhlbakteriologie, Sonographie, ggf. CT,
- Dyskinesie der Gallenwege und des Sphincter Oddi: zur Diagnostik Laborwerte, Gastroskopie, Sonographie, ggf. CT und MRCP.
Therapie
Typ-A-Gastritis
Bei einer ausgeprägten Typ-A-Gastritis ist eine lebenslange Vitamin-B12-Substitution erforderlich. Die autoimmunologisch bedingte Gastritis selbst wird nicht behandelt; es gibt keine erfolgversprechende Therapieoption.
Typ-B-Gastritis
Bei leichter Ausprägung der Entzündung ist eine spezielle Therapie nicht erforderlich – außer der Vermeidung von schädigenden Substanzen. Bei Nachweis von Helicobacter pylori wird eine Eradikation empfohlen. Sie sollte auch bei Beschwerdefreiheit zur Prophylaxe von Magenkrebs erfolgen. Dazu siehe hier.
Typ-C-Gastritis
Entscheidend ist die Vermeidung schädigender Substanzen (so auch von Alkohol und Nikotin). Symptomatisch können Prokinetika helfen.
Wenn die C-Gastritis durch galligen Reflux aus dem Duodenum unterhalten wird, können zusätzlich Gallensäure-bindende Substanzen wie Colestyramin und auch Antazida verwendet werden. Bei fehlendem Erfolg hilft oft eine Veränderung der Gallezusammensetzung durch Ursodesoxycholsäure.
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Verweise
- Gastritis in Bildern
- Erosive Gastritis
- Helicobacter-assoziierte Erkrankungen
- Ulkuskrankheit
- Magenschmerzen
- Refluxkrankheit
- Der Magen
Literatur