Zika-Virus

Veröffentlicht von

Das Zika-Virus (ZIKV) ist Verursacher einer fieberhaften grippalen Erkrankung, die sich weltweit ausbreitet. Wegen der Gefahr von Fruchtschädigungen in früher Schwangerschaft wird seine Ausbreitung als globale Bedrohung angesehen (1)Lancet 2016; 387 p96, Editorial, DOI: http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(16)00014-3 (2)BMJ. 2016 Feb 2;352:i657. doi: 10.1136/bmj.i657. (3)N Engl J Med 2016; 374:1552-1563.


Über facebook informieren wir Sie über Neues auf unseren Seiten!


Virologie

Das Zika-Virus ist ein einzelsträngiges RNA-Virus und gehört zur Gruppe der Flaviviren, zu der auch das Dengue– und das Chikungunya-Virus gehören, die beide ebenfalls grippeartige Symptome hervorrufen, allerdings ohne embryopathisch zu sein.

Das Virus stammt offenbar aus Asien, wo es zunächst noch keine Mikrozephapie hervorgerufen hatte. Diese Eigenschaft erhielt es offenbar erst etwa 2013 in Französisch Polynesien und später Brasilien, wo es sich endemisch über Mücken ausbreitete. Der neuen Fähigkeit, Hirnzellen zu befallen und zu schädigen, liegt eine Einzelmutation im prM-Protein (Austausch von Serin zu Asparagin) zugrunde (4)Science  28 Sep 2017: eaam7120 DOI: 10.1126/science.aam7120.

Übertragungswege, Ausbreitung

Übertragung durch Tigermücken

Das Zika-Virus wurde 1947 erstmalig in einem Rhesusaffen der Zika-Wälder Ugandas nachgewiesen und wird über eine Aedes-Stechmücke (Tigermücke) übertragen, die auch für die Verbreitung von Dengue– und Chikungunya-Fieber, Mayaro- und Gelbfieber verantwortlich ist. Seit 1952 werden zunehmend menschliche Infektionen beobachtet.

Nun kommt es zu einer unerwartet explosionsartigen weltweiten Ausbreitung (5)Int J Infect Dis. 2016 Feb 4. pii: S1201-9712(16)00021-7. doi: 10.1016/j.ijid.2016.02.001. mit Fällen und Ausbrüchen in Afrika, Polynesien, Südamerika und Südostasien. Durch Reiserückkehrer werden auch in gemäßigten Klimazonen Zika-Infektionen und damit potenzielle Ausbreitungsherde (über transsexuelle Transmission, s. u.) nachgewiesen. Die Ausbreitung erreicht mit Italien auch den nördlichen Mittelmeerrraum (6)J Clin Virol. 2015 Feb;63:32-5 (7)Rev Soc Bras Med Trop. 2015 Dec 22. pii: S0037-86822015005003102 (8)Lancet. 2015 Jul 18;386(9990):243-4 und weiterhin die meisten Europäischen Länder.

Weitere Übertragungswege

Von Bedeutung ist nicht nur die Übertragung durch Tigermücken sondern auch über andere Wege, wie Muttermilch, Speichel oder Sexualkontakt.

Die alternativen Ausbreitungswege haben vermutlich erhebliche Bedeutung für die Ausbreitung der Zika-Krankheit, da sie nicht an warme Klimabedingungen, die für die Übertragung durch Aedes-Mücken erforderlich sind, gebunden sind.

Ein Problem besteht darin, dass Infizierte mit asymptomatischem Verlauf nicht erkannt werden, aber dennoch die Infektion über solche Wege ausbreiten können.

Mensch-zu Mensch-Übertragungen sind in verschiedenen Ländern dokumentiert worden, auch in Eurpa (z. B. Frankreich und Portugal) (9)http://www.who.int/emergencies/zika-virus/situation-report/21-april-2016/en/.

Sexuelle Übertragung

Eine sexuelle Transmission des Zikavirus ist schon früh wahrscheinlich gemacht worden (10)Emerg Infect Dis 2011 May;17(5):880-2 (11)Sex Transm Infect. 2015 Aug;91(5):359. doi: 10.1136/sextrans-2015-052189. Epub 2015 Jun 25.. So sind inzwischen z. B. in den USA (12)MMWR Morb Mortal Wkly Rep. 2016 Mar 4;65(8):215-6 und in Italien (13)Euro Surveill. 2016 Feb 25;21(8). doi: 10.2807/1560-7917.ES.2016.21.8.30148 Fälle dokumentiert, in denen Sexualkontakt zu Neuerkrankungen geführt hat.

Übertragung durch Muttermilch

Zikaviren wurden in Muttermilch nachgewiesen. Frisch erkrankte Mütter können über diesen Weg Säuglinge infizieren, ähnlich wie es auch für verwandte Arboviren (Dengue, West-Nil, Gelbfieber) nachgewiesen worden ist. Es wurde von einer Frau in Neukaledonien (Südpazifik) berichtet, die nach der Geburt für 2 Tage fiebrig war und eine makulopapulöse Hautrötung entwickelte; die Testung auf Zika, Dengue, Chikungunya war an Tag 3 im Blut und an Tag 4 in der Brustmilch für Zika-Virus positiv (14)Lancet 2016; 387: 1051. Dieser Übertragungsweg muss ersthaft berücksichtigt werden, da auch nach der Geburt die Gefahr einer Einbeziehung des Gehirns in die Infektion bestehen kann, und das Gehirn zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgereift ist.

Weitere mögliche Übertragungswege

Mückenarten: In verschiedenen Mückenarten wurden Zikaviren nachgewiesen, auch in welchen, die nicht zu Aedes gehören (15)PLoS One. 2014 Oct 13;9(10):e109442. Ob außer Aedes aber auch andere Mückenarten als Überträger in Betracht kommen, ist noch nicht sicher gekläert.

Speichel: Auch im Speichel Erkrankter wurde das Zika-Virus nachgewiesen (16)J Clin Virol 2015 Jul; 68:53-5.

Spenderblut: Zika-Viren können prinzipiell über Spenderblut verbreitet werden. Dies hat daher Bedeutung für die Transfusionsmedizin, da nun auch dieser Krankheitsvektor bei Untersuchungen auf ihre virale Unbedenklichkeit mitbedacht werden muss (17)Blood Transfus 2015; DOI: 10.2450/2015.0066-15.

Symptomatik

Etwa 80%der Zika-Virus-Infektionen verläuft asymptomatisch (18)N Engl J Med 2009;360:2536–43 (19)MMWR Morb Mortal Wkly Rep. 2016 Jan 22;65(2):30-3.

Die Symptomatik der Zika-Erkrankung entspricht meist in etwa der eines milden Dengue-Fiebers. Aber die Beschwerden können auch heftig ausfallen. Sie bestehen in

  • Fieber,
  • makulopapulösen Hauterscheinungen (häufig),
  • Schmerzen, die mittelstark bis stark empfunden werden und bis 1 Woche (20)http://www.who.int/features/qa/zika/en/, manchmal über 2 Wochen anhalten können, vor allem:
    • Kopfschmerzen,
    • retrobulbären Augenschmerzen (oft mit nichteitriger Konjuktivitits) und
    • Gliederschmerzen (Arthralgie) vor allem an kleinen und mittleren Gelenken (21)Mem Inst Oswaldo Cruz. 2015 Jun;110(4):569-72.

Neurologische Erscheinungsformen: Schon 2014 wurde auf die Möglichkeit eines Guillain-Barré-Syndrom (neurologische Verlaufsform mit Lähmungen) als Komplikation einer Zika-Virus-Infektion aufmerksam gemacht (22)Euro Surveill. 2014 Mar 6;19(9). pii: 20720. Inzwischen sind viele Fälle mit neurologischen Komplikationen inklusive dem Guillain-Barré-Syndrom berichtet worden (23)World Health Organization. Epidemiological alert: neurological syndrome, congenital malformations, … Continue reading (24)Sonja A. Rasmussen et al. N Engl J Med 2016; 374:1506-1509.

Zika-Virus als Ursache kongenitaler Fehlbildungen

Es wurde eine Assoziation von mütterlichen Zika-Virus-Infektionen und kindlichen Fehlbildungen, wie Mikrozephalie (Kleinköpfigkeit),  intrakraniellen Verkalkungsherden und neurologischen Anomalien, nachgewiesen (25)Lancet 2016; 387: p156-167 (26)NEJM April 13, 2016 DOI: 10.1056/NEJMsr1604338. Es ist bisher unbekannt, in welchem Prozentsatz embryonaler Infektionen solche zerebralen Anomalien auftreten. Daher ist es unsicher, alleine aus einem positiven Befund einer Amniozentese (Fruchtwasseruntersuchung) auf eine Fruchtschädigung zu schließen (27)MMWR Morb Mortal Wkly Rep. 2016 Jan 22;65(2):30-3.

Im Fall einer Zikavirusinfektion und dem Nachweis Mikrozephalie lässt sich das Zikavirus auch im Gehirn der Feten nachweisen. Solche Feten mit Mikrozephalie zeigen bereits in frühem Stadium eine Verminderung der Hirnwindungen, einen Hydrozephalus und multifokale Gewebsdegenerationen im Gehirn mit kleinen Verkalkungen (28)N Engl J Med 2016; 374:951-958.

Kongenitales Zika-Syndrom

Die Zikainfektion-assoziierten Fehlbildungen werden als “kongenitales Zika-Syndrom” zusammengefasst (29)Am J Public Health. 2016 Apr;106(4):598-600. Es besteht aus Mikrozephalie, Veränderung der Gesichtsproportionen, spastischer Veranlagung und Hyperreflexie und vermehrter Erregbarkeit. In der Bildgebung sind Verkalkungen im Gehirn und den Hirnhäuten, Vergrößerung  der Ventrikel und Lissenzephalie (verminderte Bildung der Gehirnwindungen) vorherrschend. Es können sensorische Defizite auftreten (Sehen, Hören).

Häufigkeit kindlicher Schädigung bei ZIKV-positiven Müttern

Nach einer Brasilianischen Untersuchung (30)N Engl J Med 2016; 375:2321-2334 hatten von 345 schwangeren Frauen, die ein Exanthem entwickelten, 53% eine ZIKV-Infektion. Sonstige Symptome umfassten Gelenkbeschwerden, Augenrötungen, Fieber und Kopfschmerzen. Unter den erfassten ZIKV-negativen Frauen waren 42% Chikungunya-positiv. Eine erhebliche kindliche Schädigung (klinisch bzw. durch bildgebende Verfahren des Gehirns erkennbar) wurde bei ZIKV-Positivität der (125 vollständig erfassten) Mütter in 46% (inklusive 4 von 117 Kindern mit Mikrozephalie), bei ZIKV-Negativität in 11% gefunden. Kindliche Schädigungen wurde in etwa gleicher Häufigkeit bei Müttern gefunden, die sich bei ihrer Infektion im ersten, zweiten oder dritten Schwangerschaftsdrittel (Trimenon) befanden (55, 52 und 29%).

Mikrozephalie nur durch Zika?

In einer Notiz in “Nature” wurde darauf hingewiesen, dass mit der Zika-Ausbreitung nicht in entsprechender Weise eine Ausbreitung von Zika-assoziierten Fällen von Mikrozephalie einher ging. Eine besonders hohe Raten an Mikrozephalie wird nur im Nordosten von Brasilien vermerkt. Dies lässt daran denken, dass zur Zika-Infektion andere Zusatzbedingungen (z. B. der dortigen Lebensbedingungen) hinzu kommen, um solche Entwicklungsanomalien zustande kommen zu lassen (31)Nature 2017; 540:499.

Allerdings zeigt der Vergleich einer genetischen Analyse des südamerikanischen Stamms und des “Originalstamms”, der 2010 in Asien isoliert worden war und noch keine Mikrozephalie hervor gerufen hatte, dass die Mutation an nur einer einzigen Stelle im Genom den entscheidenden Unterschied ausmacht. Nur Viren mit dieser Mutation, die offenbar erst 2013 auftrat, haben die Fähigkeit, sich in Hirnzellen besonders zu verbreiten und morphologische Defekte hervorzurufen (32)Science  28 Sep 2017: eaam7120 DOI: 10.1126/science.aam7120.

Diagnostik

Die Diagnose erfolgt durch den direkten Virusnachweis  (reverse transcription-polymerase chain reaction, RT-PCR). In Dengue-Endemiegebieten wird nach Ausschluss des sehr viel wahrscheinlicheren Dengue-Fiebers als Ursache der grippalen Symptome meist zunächst nach dem Chikungunya-Virus geforscht. Danach muss aber nun auch das Zika-Virus mit bedacht werden (33)Mem Inst Oswaldo Cruz. 2015 Jun;110(4):569-72! Ein Nachweis per IgM-Antikörper ist zwar möglich; er kann jedoch andere Flaviviren miterfassen und ist daher zu unspezifisch.

Ob der Fetus einer infizierten Mutter geschädigt ist, lässt sich bereits früh durch Ultraschalluntersuchung feststellen; typischerweise findet man eine Mikrozephalie und multiple kleine Verkalkungen im Hirngewebe und in der Plazenta (34)N Engl J Med 2016; 374:951-958.

Therapie

Eine antivirale Therapie gibt es nicht. Die Behandlung des Zika-Fiebers beschränkt sich auf Milderung der Symptome wie Fiebersenkung und Schmerzlinderung. Solange nicht sicher ist, dass die Symptomatik nicht von Dengue-Virren hervorgerufen wird, sollte auf NSAR und ASS als Fieber- Schmerzmittel verzichtet werden, da sie eine bei Dengue-Fieber bestehende petechiale Blutungsneigung verstärken können (35)MMWR Morb Mortal Wkly Rep. 2016 Jan 22;65(2):30-3.

Vorbeugung

Eine  wirksame Impfung steht nicht zur Verfügung. Daher beschränken sich prophylaktische Maßnahmen auf eine allgemeine Infektionsvorbeugung. Für schwangere Frauen sind die Empfehlungen vom CDC (Centers for Disease Control and Prevention der USA) kompakt zusammengefasst (36)MMWR Morb Mortal Wkly Rep. 2016 Jan 22;65(2):30-3. Die wichtigsten Maßnahmen sind laut WHO (37)http://www.who.int/emergencies/zika-virus/en die folgenden:

  • Mückenbekämpfung, wie sie in großem Stil in manchen Wohngebieten Brasiliens durchgeführt werden,
  • Vermeidung von Mückenstichen durch geschlossene Fenster (air-condition), Mücken-Repellentien wie DEET, Moskitonetze , lange Ärmel und Beinkleider,
  • für Frauen in gebärfähigem Alter: Antikonzeption oder wenn möglich Vermeidung einer Reise in Endemiegebiete. Länder, in denen Zika-Infektionen vorkommen, sind aufgelistet in (38)http://wwwnc.cdc.gov/travel/notices/.
  • Mütter von Brustmilchkindern: in gefährdeten Gebieten der Erde bei Fieber und Hautrötung auf Arboviren testen lassen (39)Lancet 2016; 387: 1051.

Einzelne Länder, wie Jamaika, empfehlen offiziell, eine Schwangerschaft zu vermeiden, solange das Zika-Virus sich ausbreitet (40)BMJ. 2016 Jan 21;352:i383. doi: 10.1136/bmj.i383.

Insbesondere die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro im August 2016 wurden als eine hochgefährliche Gelegenheit für eine Beschleunigung der weltweiten Ausbreitung angesehen, so dass vorbeugende Maßnahmen für dringend erforderlich gehalten wurden (41)Int J Infect Dis. 2016 Feb 4. pii: S1201-9712(16)00021-7. doi: 10.1016/j.ijid.2016.02.001..

Entwicklung Stand Ende Januar 2017

Am 18.11.2017 hat das Emergency Comitee der WHO festgestellt, dass die Zika-Virus-Infektion und die mit ihr verbundenen Konsequenzen weiterhin eine bedeutende Herausforderung für die öffentliche Gesundheit darstellt, die intensive Maßnahmen erfordert, dass sie aber nicht länger ein Notfall des öffentlichen Gesundheitswesens von internationaler Bedeutung darstellt (42)WHO-Statement vom 18.11.2017. In den letzten Zika-Sitationsberichten der WHO vom Januar 2017 wurden keine Fälle von Moskito-übertragener Zika-Infektion und keine von Zika-assoziierter Mikrozephalie oder Guillain-Barré Syndrom registriert (43)Zika sitation reports.

Verweise

Literatur[+]